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Kuwait
Parlamentswahl unter dem Eindruck sinkenden Wohlstands

Kuwait gehört zu den reichsten Ländern der Welt, aber der niedrige Ölpreis macht dem Golf-Emirat zu schaffen. Bei der der Parlamentswahl könnten Weichen für dringend erforderliche Reformen gestellt werden. Widerstand gegen Sparmaßnahmen und die Abschaffung von Privilegien ist aber sicher.

Von Anne Allmeling | 26.11.2016
    Blick über Kuwait-Stadt mit Wolkenkratzern.
    Blick über Kuwait-Stadt mit Wolkenkratzern. Hinter den glänzenden Fassaden kriselt es. (AFP / Yasser Al-Zayyat )
    Im Basar-Viertel mitten in Kuwait-Stadt drängen sich die Großfamilien. Auch Hind ist mit ihren Freundinnen unterwegs, bahnt sich einen Weg durch die überdachten Passagen. Die junge Frau will ein Schnäppchen machen – gerade jetzt, da die Zeichen auf "Sparen" stehen. Erst vor Kurzem hat die Regierung in dem kleinen Golfstaat die Subventionen für Benzin gekürzt. Ein Ärgernis für die Kuwaitis – und Anlass für Hind, sich über die Delegierten im Parlament zu beschweren.
    "Das alte Parlament hat für höhere Benzinpreise und Steuern gestimmt. Das sind Entscheidungen, die der Bevölkerung schaden – uns und unseren Kindern."
    Die Sparmaßnahmen der Regierung sind das große Thema in dem kleinen Emirat. Denn im vergangenen Jahr hat Kuwait ein Haushaltsdefizit verzeichnet – das erste Mal seit 16 Jahren. Wegen des niedrigen Ölpreises sind die Staatseinnahmen stark gesunken. Die Ausgaben sind aber weiterhin enorm hoch, weil die Kuwaitis umfangreiche Privilegien genießen: kostenlose Bildung, freien Zugang zu Krankenhäusern, eine Jobgarantie und das Anrecht auf eine eigene Wohnung. Dafür verzichten sie in vielen Bereichen auf politische Mitbestimmung. Doch diese Formel funktioniere bald nicht mehr, sagt Mohamad Rumaihi, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Kuwait.
    "Sich auf das Öl zu verlassen, ist ein großes Risiko"
    "Wenn die Leute zahlen müssen, wollen sie auch mitbestimmen. Das sehe ich kommen. Wir beobachten das Ende des Wohlfahrtsstaates und der fünf goldenen Jahrzehnte."
    Kuwait verfügt zwar über riesige Ölreserven – die sechstgrößten weltweit. Aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich der Staat darauf ausgeruht und kaum noch im eigenen Land investiert. Die Wirtschaft basiert immer noch fast ausschließlich auf der Förderung von Erdöl. Das bereitet vor allen vielen jungen Kuwaitis Sorge – so wie Ahmad:
    "Es gibt keinen Zweifel: Eines Tages werden wir kein Öl mehr haben. Oder es sind nur noch andere Energiequellen gefragt. Was machen wir also in Zukunft? Sich auf das Öl zu verlassen, ist ein großes Risiko.”
    Die Sparmaßnahmen und Reformvorschläge der Regierung kommen aber längst nicht überall gut an. Knapp eine halbe Million Wahlberechtigte dürfen nun bei der Parlamentswahl darüber abstimmen, wer sie künftig im Abgeordnetenhaus vertritt. Die Parlamentarier in Kuwait haben zwar nicht so viel Einfluss auf die Gesetzgebung wie Abgeordnete in Europa, aber deutlich mehr als in anderen Golf-Monarchien. So können sie zum Beispiel Gesetze auch gegen den Willen des Emirs durchdrücken – oder unpopuläre Reformen blockieren. Für die Zukunft von Kuwait könnte die kommende Legislaturperiode entscheidend sein.