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Länderfinanzausgleich
Geben und Nehmen

2019 wird ein Jahr der großen Veränderungen. Bund und Länder müssen ihre Finanzbeziehungen neu ordnen - heute wurde bei der Kanzlerin beraten. Besonders kompliziert: die Reform des Länderfinanzausgleichs. Hinter dem komplizierten Wort steckt ein einfaches Prinzip. Und viel Herzblut bei den Ministern.

11.12.2014
    Eine Ein-Euro-Münze und einige Stapel von verschiedenen anderen Münzen
    Streit ums Geld: der Länderfinanzausgleich sorgt für lebhafte Debatten (picture-alliance / dpa / Tobias Hase)
    Der Grundgedanke ist simpel: Die Lebensverhältnisse im föderalen Deutschland sollen einheitlich sein. Das ist im Grundgesetz festgeschrieben (etwa in Artikel 107). Dafür werden Steuern umverteilt, und das geschieht in drei Schritten - nachzulesen etwa beim Bundesfinanzministerium.
    Als erstes werden die Umsatzsteuereinnahmen zwischen den Ländern verteilt. Als zweites folgt der eigentliche Länderfinanzausgleich. Als drittes kommen Gelder des Bundes an die Länder hinzu, die "Ergänzungszuweisungen". Das ist schon alles - und viel Anlass für Streit.
    Bayern war viele Jahre lang Nehmerland
    Beim Länderfinanzausgleich unterscheidet man zwischen Geber- und Nehmerländern, also im Grunde zwischen reicheren und ärmeren Ländern. Bayern zum Beispiel ist heute eines der Geberländer - neben Hessen und Baden-Württemberg. Aber Bayern hat selbst viele Jahre lang als Nehmerland Gelder aus dem Ausgleich bekommen. Das lag daran, dass der Freistaat einst ein Agrarland war - und sich später erst mauserte.
    Heute gibt es drei Geber- und 13 Nehmerländer. Umverteilt zwischen ihnen wurden 2013 rund achteinhalb Milliarden Euro. Die größte Last trug Bayern mit gut der Hälfte dieser Summe. Größtes Nehmerland war auch 2013 wieder Berlin: Es bekam 3,3 Milliarden Euro aus dem Länderfinanzausgleich.
    Schicksalsjahr 2019
    2019 nun laufen die entscheidenden Gesetze aus, die den Ausgleich regeln. Und darum geht es in der aktuellen Debatte. So wollen die Geberländer gern ihre Finanzlast verringern. Bayern und Hessen haben deswegen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Die Nehmerländer wiederum würden das System gerne so lassen, wie es ist.
    Sonderfall Nordrhein-Westfalen: NRW möchte mehr Geld im eigenen Land behalten. Die Regierung stört sich daran, als "Nehmerland" gesehen zu werden. Denn, so wird Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nicht müde zu betonen: Wir mögen zwar im eigentlichen Länderfinanzausgleich 700 Millionen Euro bekommen. Aber in der Umsatzsteuerverteilung verlieren wir 2,4 Milliarden Euro. Bleibt unter dem Strich ein Minus von 1,7 Milliarden.
    "Vielen Dank an meine Sponsoren"
    Wie nun die Reform des Länderfinanzausgleichs aussehen wird, ist offen. Im Gespräch war sogar die Idee, Berlin als größtes Nehmerland und Bundeshauptstadt ganz aus dem Ausgleich herauszunehmen - aber wer soll die Kosten dann tragen? Der Bund?
    Sicher ist nur: Es wird einen Länderfinanzausgleich auch nach 2019 geben. Denn - und da schließt sich der Kreis - der Grundgedanke der gleichen Lebensverhältnisse ist im Grundgesetz festgeschrieben.
    Nur einer wird das nicht mehr an vorderster Front miterleben: Klaus Wowereit. Der frisch zurückgetretene Regierende Bürgermeister Berlins fand in der letzten Bundesratssitzung in seiner Funktion humorvolle Worte an die Geberländer: "Vielen Dank an meine Sponsoren, Herrn Seehofer, Herrn Bouffier, Herrn Kretschmann."
    (jcs/vic)