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Ländlicher Raum
Ein Dorf mit Zukunft

Lünne im Emsland hat knapp 2000 Einwohner, fast 40 Vereine und jetzt auch einen ersten Preis im Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft". Den gab es vor allem für den Dorfdialog, den die Bewohner von Lünne angestoßen haben, und für ihr ehrenamtliches Engagement. Einblicke in eine heile Welt.

Von Almuth Knigge | 22.11.2017
    Eine Wiese nahe dem dem emsländischen Rhede (Niedersachsen) steht nach schweren Regenschauern weitläufig unter Wasser. Ein großer Anteil von landwirtschaftlichen Nutzflächen ist zur Zeit im Emsland durchnässt und aufgeweicht.
    Im Emsland gibt es viel grün und wenig Menschen (picture alliance/dpa/Ingo Wagner)
    Das Emsland - viel Platz für wenig Menschen. Nur 319.000 leben hier im ländlichen Raum. Das Emsland hat keine Großstadt.
    Kürzlich hat eine Studie dem Emsland bescheinigt, unter den dünn besiedelten Landkreisen der Beste zu sein. Höchstes Bruttosozialprodukt, hohe Geburtenrate. Wenig Wegzug. Während sich andernorts die Dörfer leeren, erlebt das Emsland eine Blütezeit. Anstatt in die Stadt zu ziehen, gründen die Menschen im Emsland Familien und bauen Häuser. Auch Rückzug ist keine Seltenheit. Das ist auch die Erfahrung von Mechthild Giesken.
    "Ich finde das immer wieder schön und bemerkenswert, wie viele junge Menschen in Lünne bleiben möchten. Ich habe selbst vier Kinder und alle gehen zum Studium, aber immer mit dem Hintergedanken, wir kommen zurück nach Lünne."
    Lünne, ein 1998-Seelen-Dorf bei Lingen: Sieger des diesjährigen Dorfwettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft"[*] im Emsland. Quasi der Dorfoskar unter den Preisen. Lünne hat den ersten Platz gewonnen, weil die Gemeinde einen Dorfdialog ins Leben gerufen hat. Gemeinsam Ideen gesammelt, wie man sich für die Zukunft aufstellen will. Visionen entwickelt, sagt die Bürgermeisterin, Magdalena Wilmes. Seit kurzer Zeit gibt es wieder einen kleinen Supermarkt im Dorf, Treffpunkte für Jugendliche und Senioren.
    Die Rolle der Vereine
    "Und dann ist man da von den jungen Leuten auf die Idee gekommen, eine eigene Gemeindeapp zu machen. Das sind so Dinge, die dann auch aus dem Dorfdialog entstanden sind."
    Die ganzen Termine müssen schließlich koordiniert werden. In Lünne gibt es unzähligen Ehrenamtliche, die sich sozial engagieren und die 40 Vereine im Dorf am Leben halten. 40 Vereine für 1998 Menschen. Das Engagement und der Zusammenhalt in den Vereinen sind der Schlüssel zu der Antwort, auf die Frage, warum das Emsland wächst, das hat eine Studie des Berlin-Instituts ergeben. Die Seniorengruppe "Gut auf dem Damm" ist ein Beispiel dafür.
    "Wir sind in erster Linie dazu da, das Umfeld Haus Schmeing sowie den Bürgerpark zu pflegen, in Stand zu halten. Dann haben wir eine Insektenhotel gebaut, für die Zukunft wollen wir noch eine Naturblumenwiese anlegen hier im Ort"
    Vereine schaffen Nähe, Bindung und Heimatverbundenheit. Vereine beeinflussen die Bereitschaft dazubleiben, aber ob man es auch wirklich tut, hängt von der wirtschaftlichen Lage ab, hat die Studie auch ergeben - der persönlichen und natürlich der der Kommune.
    Rinderbraten mit Zwiebelsoße und Kartoffeln
    "Also, die Gemeinde Lünne ist 14 Jahre schuldenfrei gewesen, und durch den Dialogprozess viele Ideen entstanden sind, haben wir natürlich im nächsten Jahr eine Verschuldung, weil wir gesagt haben, es sind gewissen Projekte. Und wenn Ideen da sind, und die gehen in die Schublade, jahrelang, dann war das alles umsonst."
    "Da kommt wieder das zupacken, das habe ich beim Dorfdialog auch so empfunden. Alle warteten drauf, wie wird es denn jetzt konkret? Und wenn es bei reinen Planungen bleibt, ist es oft sehr unbefriedigend."
    Mechthild Giesken ist im Vorstand des katholischen Frauenverbandes. Ein Projekt, das sie mit angeschoben hat, ist nun endlich umgesetzt worden. Ein Mittagstisch für Senioren. Gegen ein kleines Entgelt, gegen die Einsamkeit. Der Plan geht auf. Der Saal ist voll.
    Wie lebt es sich in Lünne? "Oh, gut. Wir sind hier ganz glücklich." - "Wir sind hier zufrieden, ist schön in Lünne."
    Es gibt Rinderbraten mit Zwiebelsoße und Kartoffeln, eine emsländische Spezialität. Genauso wie zu Hause.
    "Besser, dies ist besser. Wenn ich für mich koche, dann koche ich nicht so schön."
    Auch Bürgermeisterin Wilmes sitzt mit am Tisch und strahlt zufrieden.
    "Wir sind so eine moderne und innovative Region mit tollen Arbeitsplätzen. Wir haben tolle Schulen. Also wir haben eine wunderbare Infrastruktur hier."
    Aber offensichtlich macht der Emsländer nicht so wirklich Eigenwerbung für sich.
    "Da arbeiten wir dran", sagt sie und lacht - ein Gewinnerlachen.

    [*] Anmerkung der Redaktion: Gegenüber der Sendefassung wurde an dieser Stelle im Text der Name des Wettbewerbs korrigiert.