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Landesparteitag in Hannover
Niedersachsens AfD vor der Zerreißprobe

Monatelange Streitereien, parteiinterne Machtkämpfe, persönliche Angriffe, Rücktritte und Austritte enttäuschter Parteimitglieder – die AfD in Niedersachsen kommt nicht zur Ruhe. Dem von Armin Paul Hampel geführten Landesverband steht an diesem Wochenende ein unruhiger Landesparteitag bevor.

Von Dietrich Mohaupt | 24.03.2017
    Armin-Paul Hampel (AfD), Landesvorsitzender der AfD in Niedersachsen.
    Armin Paul Hampel ist Spitzenkandidat der AfD in Niedersachsen. (imago / IPON)
    Mitgliederversammlung der AfD Niedersachsen Mitte Februar in Hannover – gut 400 Teilnehmer wollen die Kandidaten für die Landesliste der Partei zur Bundestagswahl im September wählen. Gerade ist der erste Wahlgang für Listenplatz eins beendet – mit einem mehr als deutlichen Ergebnis.
    "Auf Herrn Perschel entfielen 15 Stimmen – auf Herrn Sperling entfielen 24 Stimmen – auf Herrn Hampel entfielen 346 Stimmen!"
    Armin Paul Hampel ist damit Spitzenkandidat der AfD in Niedersachsen. Der Landeschef der Partei – durch und durch konservativ – präsentiert sich in der Öffentlichkeit gerne gepflegt bürgerlich. Sein Outfit – Tweed-Sakko, Krawatte, Cordhose, edel wirkende Schuhe – wirkt ein bisschen wie Typ "englischer Landadel". Als Reserveoffizier ist er ein Freund militärischer Floskeln. "Geführt wird von vorne!" ist zum Beispiel eine von ihm immer wieder verwendete Redewendung. Für AfD-Mitglied Christopher Jahn aus Osnabrück sind das nur leere Worte.
    "Formal sieht man ihn vorne, das stimmt. Aber leider hat man manchmal das Gefühl, dass der Satz – zumindest im Hintergrund – heißt: Geführt wird hinten herum!"
    Vorwurf eines autoritären Führungsstils
    Christopher Jahn war zwei Jahre Vorsitzender des inzwischen aufgelösten AfD-Kreisverbandes Osnabrück Stadt. Der 30-Jährige gehört zu einer wachsenden Schar von parteiinternen Hampel-Kritikern. Viele werfen dem Parteichef einen autoritären, sogar diktatorischen Führungsstil vor. Ganz so drastisch will Christopher Jahn es nicht formulieren…
    "… aber ich rede ganz gerne zum Beispiel von einem Fürstengehabe. Ich finde es in einer Partei außerordentlich wichtig, dass man kooperativ zusammen arbeitet. Und wo das nicht gegeben ist, sehe ich eben einen Stil, den kann man monarchisch nennen – er ist sicherlich nicht der Beste für eine Partei, die sich mit Basisdemokratie schmückt."
    Christopher Jahn hat inzwischen frustriert und resigniert alle Ämter in der AfD niedergelegt – außer ihm haben das noch diverse andere Kreisvorsitzende getan. Abgeordnete in verschiedenen Kommunalparlamenten haben ihre Mandate zurückgegeben, einige sind sogar aus der Partei ausgetreten – als Grund wird immer wieder der Führungsstil Hampels genannt. Der solcherart gescholtene reagiert auf die Vorwürfe inzwischen genervt. Gegen konstruktive Kritik habe er ja nichts, meint Armin Paul Hampel.
    "Es gibt aber auch eine zerstörerische Kritik, wo alles, was Sie machen infrage gestellt wird. Wer etwas macht, macht auch Fehler – das muss ich mir auch anziehen, aber ich bin lieber jemand, der macht und sagt, ja, für die Fehler stehe ich dann auch gerne gerade."
    Kandidaten in Rundmails verunglimpft
    Genau das verlangen Hampels Kritiker auch von ihm – und sie werfen ihm jede Menge Fehler vor. Im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Kandidatenkür für die Bundestagswahl habe Hampel zum Beispiel mehrere Kreisverbände und Einzelpersonen, die ihn zuvor kritisiert hatten, in Rundmails gezielt verunglimpft. Direkt nach der Wahlveranstaltung wurde in weiteren Mails zu einer "Trappenjagd" gegen einen Hampel-Kritiker aufgerufen, da sei ein "Karnickel-Fangschlag" erforderlich, hieß es. Öffentlich distanziert Hampel sich zwar von solchen Mails – gleichzeitig unterstellt er seinen Gegner aber, offen gegen die Interessen der Partei zu handeln.
    "Ich bin fest davon überzeugt, dass es bei uns Kräfte gibt, die ganz bewusst von den etablierten Parteien in die AfD hineingeschleust worden sind, um die Partei von innen aufzurollen."
    Dagegen werde er sich wehren, so Hampel weiter. Mit durchaus drastischen Worten verordnet er seiner Partei einen Reinigungsprozess – es ist nicht schwer, das als versteckte Drohung gegen seine Widersacher zu verstehen.
    "Ich sage immer, das ist wie eine Kläranlage. Wenn eine Kläranlage in Deutschland vier Klärstufen hat, dann sind wir vielleicht gerade in Klärstufe zwei. Wir müssen vor allem den innerparteilichen Zusammenhalt leben und nach außen hin erkennbar leben, dann kommt vielleicht auch die Erkenntnis, dass man mit innerparteilichen Angriffen über die Medien eben nicht reüssiert – es schadet dem ganzen Landesverband."
    Wütende Angriffe eines angeschlagen wirkenden Landesvorsitzenden gegen seine Kontrahenten. Sogar Mitglieder seines eigenen Landesvorstands haben die Aufstellung der Kandidatenliste für die Bundestagswahl beim Landesschiedsgericht der Partei angefochten. Und – als Mitglied des AfD-Bundesvorstands hat einer seiner Widersacher außerdem dafür gesorgt, dass die Parteispitze eine Untersuchungskommission eingesetzt hat, die den Ärger um Hampel, ebenfalls Mitglied des Bundesvorstands, genau unter die Lupe nehmen soll. Vor diesem Hintergrund wagt Christopher Jahn keine Prognose zum Ausgang des Landesparteitags am kommenden Wochenende in Hannover.
    "Die Aufstellungsversammlungen haben gezeigt, dass Herr Hampel natürlich in Hannover eine starke Basis hat – also, es kann durchaus so ausgehen, dass er sehr großen Rückhalt findet und die Kritik sehr schnell vom Tisch ist. Es kann aber auch sein, dass die Kritik manchen zum Nachdenken bringt, ob wir nicht in Niedersachsen gewisse Verbesserungen an der Führung des Landesverbandes vornehmen müssen – zugunsten der Partei und ihrer Zukunft."

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