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Landverkauf
Werden US-Naturschutzgebiete bald versteigert?

Der US-Kongress wird demnächst über die Zukunft von Land im Bundesbesitz entscheiden. Viele Republikaner wollen den Boden privatisieren oder an die einzelnen Bundesstaaten übergeben. Kritiker befürchten, dass es dabei vor allem um die Gewinnmaximierung geht.

Von Heike Wipperfürth | 27.01.2017
    Der filigrane Landscape Arch im Arches-Nationalpark (Utah) nähert sich wohl dem Ende seiner "Lebenszeit"
    Der Arches-Nationalpark in Utah. (Jeffrey Moore, University of Utah)
    Viele US-Amerikaner lieben die freie Natur, das macht sich auch in den Umsatzzahlen der Outdoor-Branche bemerkbar. 680 Milliarden Dollar setzt der Wirtschaftszweig im Jahr um. Doch nun zeigen sich hundert Chefs führender Unternehmen dieser Branche tief besorgt über die Haltung, die die Trump-Regierung gegenüber den öffentlichen Naturparks und Wildnisgebieten einnimmt.
    Deutlich machten die Unternehmer ihre Ängste in einem öffentlichen Brief an US-Präsident Donald Trump und den US-Kongress. Dieser wird demnächst über die Zukunft von Flächen in Bundeshand entscheiden. Viele Republikaner wollen den Boden privatisieren oder an die einzelnen US-Bundesstaaten übergeben. Sie möchten diesen und den Gemeinden damit mehr Spielräume einräumen, die Flächen nach eigenen Wünschen zu nutzen. Kritiker befürchten jedoch, dass vor allem das Ziel der Gewinnmaximierung zählen wird. Unter anderem, indem der bislang öffentliche Boden höchstbietend für Ölbohrungen oder zur Bebauung versteigert wird.
    Das US-Repräsentantenhaus nutzte einen Buchhaltungstrick
    Das sei nicht nur falsch für ganz Amerika, sondern auch "schlecht für die Gemeinden, die dort oder in der Nähe leben und bisher einen höheren Lebensstandard als in anderen Gegenden genießen", sagte Peter Metcalf, der Gründer von Black Diamond Equipment, einem Sportbekleidungsunternehmen in Utah, einem US Bundesstaat mit vielen Naturparks. Hier gehören 60 Prozent des Bodens bisher der Bundesregierung. Und hier findet jedes Jahr eine führende Messe der Outdoor-Branche statt, hier fürchten die Outdoor-Unternehmen besonders die angekündigte Privatisierung. Die Branche solle sich demnächst lieber einen anderen Messe-Standort suchen, schimpft Metcalf. Dass Politiker die Naturschutzgebiete zugunsten von Öl- und Gasbohrungen opfern wollen, versteht er nicht.
    "Wir brauchen solide finanzierte und gut geschützte Naturschutzgebiete. Wir können unsere Waren nicht an einem Ort ausstellen, der unsere Ideale mit Füssen tritt." Die Branche betonte in ihrem Brief an den US- Kongress auch das Recht der Amerikaner, die Nationalparks des Landes zu durchstreifen.
    Mit einem Buchhaltungstrick hat das US-Repräsentantenhaus den möglichen geplanten Verkauf der zwei Millionen Quadratkilometer Land in Bundesbesitz an die Einzelstaaten wesentlich vereinfacht. Alan Rowsome, Mitarbeiter bei der Wilderness Society, eine Umweltschutzorganisation in Washington, kritisiert: "Es war eine ziemlich hinterhältige Sache, die in der letzten Minute passierte. Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete einen Beschluss, der sagt, dass unser öffentliches Land wertlos ist. So kann die Bundesregierung den Boden leichter an die US Bundesstaaten abtreten."
    Beunruhigt diskutieren Gegner der Privatisierung auch die hohen Kosten
    Durch den Trick muss die US-Regierung die Einnahmen durch die Naturparks nicht mehr im Bundeshaushalt aufführen. Mithin gibt es auch keine Einnahmeausfälle zu bilanzieren, wenn der Boden in das Eigentum der Bundesstaaten übergeht, bevor er privatisiert wird. Beunruhigt diskutieren Gegner der Privatisierung auch die hohen Kosten. Das Löschen der Flächenbrände belief sich im letzten Sommer auf 240 Millionen Dollar - pro Woche! Unerschwinglich für die meisten US-Bundesstaaten, sagt Alan Rowsome.
    "Viele US Bundesstaaten sind hoch verschuldet, haben finanzielle Probleme. Sie können sich Ausgaben dieser Art nicht leisten. Deshalb werden sie einen Teil des Landes absehbar privatisieren müssen. Doch dann haben weniger Menschen Zugang zu den Naturschutzgebieten. Und je nach Nutzung wachsen die Umweltbelastungen."
    US-Präsident Trump hat seinerseits klargemacht: Er will Öl und Gas aus dem Boden holen lassen - egal wie.
    "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Gegenden wie das arktische Naturschutzgebiet "Arctic National Wildlife Refuge" nicht privatisiert werden. Aber Trump und die Abgeordneten von Alaska werden sich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass in dieser Wildnis nach Öl gebohrt werden darf. Wir bereiten uns auf einen großen Kampf vor, und zwar nicht nur in Alaska."
    Rawsome hat noch eine Hoffnung: dass sich die Investitionen in neue Bohrungen in den nächsten vier Jahren wegen niedriger Öl- und Gaspreise nicht lohnen.