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Landwirtschaft auf kargen Böden

Tue Gutes und rede darüber, sagt der Volksmund, denn sonst erfährt ja keiner was davon. Und diesen Spruch hat sich in letzter Zeit vor allem die Forschung zu Herzen genommen, der in der Vergangenheit lange nachgesagt wurde, sie arbeite im Elfenbeinturm. Das Klostergut Deppoldshausen will sich dieses Image gar nicht erst anhängen lassen. Das Gut liegt im Norden Göttingens auf einem knapp 400 Meter hohem Berg - Berg zumindest aus niedersächsischer Sicht. Der Boden ist karg, der Wind bläst rau - und gerade wegen dieser unwirtlichen Bedingungen ist das Gut seit kurzem eine Versuchsanstalt der Universität Göttingen. Hier werden ein Drittel der Felder konventionell und zwei Drittel ökologisch bewirtschaftet und ausgewertet. Um über ihre Versuche zu informieren, hat die Universität nun einen agrarökologischen Lehrpfad angelegt.

Von Elke Drewes | 26.08.2002
    Der Pfad ist 2 km lang und windet sich den Berg hinauf und hinunter, mitten durch Ziegen- und Pferdeweiden sowie Raps und Roggenfelder. Dirk Augustin leitet das 180 ha große Versuchsgut Deppoldshausen.

    Hier sehen wir Roggen aus dem ökologischen Anbau, sehr dünn und in starker Konkurrenz zum Unkraut, die Disteln, und die sind ein großes Problem, da wir auf dem steinhaltigen tonigen Boden Schwierigkeiten haben, das Hacken zu vollziehen.

    Entweder ist der Boden zu nass und weich oder zu trocken und hart für die Hacke. Deshalb breiten sich zwischen den Roggenhalmen immer mehr lila Disteln aus. Verglichen mit dem fruchtbaren Boden der Leineaue bietet der Berg sehr harte Bedingungen. Doch für die Landwirte der Universität ist das optimal, denn sie wollen erkunden, wie sich die karge Landschaft auf den Anbau auswirkt.

    Wir haben einen hohen Tongehalt, der es nicht ermöglicht zu optimalen Zeitpunkten mit der Bestellung vorzugehen, wir haben einen sehr windigen Ort, einen Ort, der lange Schnee hat und Sauerstoff nicht an die Pflanzen ran lässt und sehr kalte Bedingungen.

    In dem rauhem Klima testen die Landwirte Ackerbohnen auf Winterhärte, d.h. auf Widerstandsfähigkeit bei Minusgraden. Die Ackerbohne ist nämlich empfindlich und mag keine Kälte. In Deppoldshausen soll sie auf Winterhärte gezüchtet werden.

    Eine Ackerbohne, die den Winter in Leinenaue überlebt, überlebt noch lange nicht hier, wo es 2 Grad kälter ist . Wenn 70 Prozent der Pflanzen sterben, dann haben wir noch 30 Prozent übrig, eine echte Selektion. Wir sind dann auf dem Weg zur einer winterharten Ackerbohne.

    Station Nummer 3 des Lehrpfades informiert über die besondere Fruchtfolge im ökologischen Landbau. Der kommt nämlich ohne Stickstoffdünger aus. Deshalb wechseln Roggen und Weizen im Jahresrhythmus mit Erbsen und Bohnen, das sind Pflanzen, die Stickstoff produzieren. Wie? Das erklärt Dirk Augustin.

    Die Säule des ökologischen Landbaus sind Leguminosen, Klee, Erbsen und Bohnen. Die haben Bakterien, die an den Wurzeln sitzen und aus der Luft Stickstoff binden und lagern bis ins nächste Jahr, wo ihn dann der Weizen nutzen kann.

    Trotz ausgeklügelter Fruchtfolge erreichen die Erträge auf dem hochgelegenen Gut nur ein Drittel der Erträge aus konventionellem Landbau. Damit sich der ökologische Anbau lohnt, muss er aber mindestens halb soviel Ertrag bringen wie der Konventionelle.

    Man kann sagen, dass wir im ökologischen Landbau die Hälfte der Erträge und den doppelten Preis erzielen, so dass wir unterm Strich wettbewerbsfähigen Landbau betreiben.

    Doch neben dem Vergleich der Erträge bietet das Versuchsgut Deppoldshausen noch mehr Möglichkeiten. Bei Station Nummer 9 haben die Landwirte eine 20 Meter breite Hecke gepflanzt, mitten auf den Bergrücken. Die Hecke ist nicht nur ein Windschutz, sie soll auch Schädlinge auf natürliche Weise bekämpfen.

    Viel spannender ist es, zu sehen, wie sich eine Hecke auf die Schädlinge auswirkt . Wir haben hier eine Hecke über 800 Metern lang, aus Stil- und Traubeneichen, Sommer- und Winterlinden, Buchen und Bergahorn, Weiden, der wollige Schneeball, Traubenhollunder, auch Brombeeren, Rosenarten, so dass wir mindestens 20 verschiedene Gehölzarten vorfinden.

    Im dichten Gehölz finden Spinnen und Insekten Unterschlupf, überwintern sogar. Im Optimalfall für den Landwirt fressen sie dann im Frühjahr Läuse die Läuse vom Acker.