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Landwirtschaft ohne Land

Agrarwissenschaften. - Findige Tüftler in Israel haben eine ungewöhnliche Vision für den Landbau der Zukunft entwickelt. Statt auf dem Acker wollen sie Pflanzen in Containern anbauen. Das Gemüse wächst dabei in einer Nährlösung, gehegt und gepflegt von Roboterhand.

Von Peter Podjavorsek | 06.07.2005
    Geht es nach den Vorstellungen von Lior Hessel, Chef der Firma OrganiTech, braucht die Welt künftig weniger Gärtner und ist der Anbau von Gemüse und Kräutern an fast jedem erdenklichen Ort auf der Welt, an 365 Tagen im Jahr möglich: in Aluminium-Containern - zwölf Meter lang, zweieinhalb Meter breit.

    " Mit unserem System kann man überall Gemüse anbauen, von der Sahara bis nach Alaska. Wir werden dorthin gehen, wo die Leute Gemüse anbauen wollen und den Import ersetzen."

    Lior Hessel und seine Mitarbeiter haben in die GrowTech genannten Container ein vollautomatisches Robotersystem eingebaut. Es ersetzt nicht nur jegliche Handarbeit, sondern auch gärtnerische Expertise. Je nach Pflanze - ob Kopfsalat, Knoblauch oder Basilikum - muss der Betreiber nur den Bordrechner mit den entsprechenden Daten füttern. Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Beleuchtung werden dann selbständig gesteuert. Erde ist bei dem System überflüssig. Die Pflanzen schwimmen, eingebettet in Styroporbehälter, in einer Nährstofflösung. Eng an eng wachsen sie so in mehreren Ebenen.

    Immer wenn die Pflanzen ein bestimmtes Wachstumsstadium erreicht haben, topft sie der Roboterarm eine Etage tiefer. Sind Gemüse und Kräuter schließlich erntereif, werden sie durch eine Klappe in der Containerwand nach außen befördert. Der Betreiber muss nur noch Kisten darunter stellen und seine Ernte abtransportieren.

    So viel Technik hat ihren Preis: Über 200.000 Euro kostet ein GrowTech-Container. Dafür entspricht der Ertrag aber dem vom 6500 Quadratmetern Freiland-Anbau.

    " Der Markt will frisches Gemüse zwölf Monate im Jahr. Wenn lokale Landwirte das nicht liefern können, haben sie ein Problem. Entweder sie nutzen also die neue Technologie oder sie müssen im Winter importieren. Und das ist sehr aufwändig und teuer. Mit diesem System können sie nun bis zu 80 Prozent der Arbeits- und 90 Prozent der Energiekosten einsparen."

    Landwirten scheint diese ungewöhnliche Anbaumethode allerdings noch suspekt zu sein. Bislang interessieren sich vor allem Genforscher und die Pharmaindustrie für Lior Hessels Container. Denn da es sich um ein geschlossenes System handelt, können genveränderte Pflanzen ohne das Risiko des Samenaustrags angebaut werden.

    Lior Hessel hat deshalb noch ein weiteres System entwickelt. Es wird in Gewächshäuser installiert und eignet sich vor allem für Gegenden, in denen es genug Sonne gibt. Auch bei dieser Anlage wachsen die Pflanzen in einer Nährstofflösung, werden Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt vollautomatisch gesteuert. Im Unterschied zu den Containern schwimmen die Pflanzen allerdings nur auf einer Ebene in Tischhöhe.

    Mehrere Gärtner in Irland und Israel haben inzwischen ein solches System installiert. Und sie sind nicht nur von der Qualität des Gemüses angetan. Yoav Livneh, Verantwortlicher für den Gartenbau in einem nordisraelischen Kibbuz.

    " Nun, es bringt uns zwei Vorteile. Zum einen verspricht es höhere Profite. Und dann es ist es auch interessanter. Die Leute hier haben einfach keine Lust, stupide landwirtschaftliche Tätigkeiten zu machen. Die Arbeit muss interessant sein, zum Beispiel durch High-tech."