Schwarzarbeit

Warum so viele ihre Putzhilfe nicht anmelden wollen

04:47 Minuten
Ein roter Putzeimer steht auf einem Parkettboden, daneben ein Schrubber.
Durch "moralische Lizenzierung" befreien sich Menschen von der Verpflichtung, ihre Putzhilfe anzumelden, sagt Christoph Lütge. © imago / photothek / Ute Grabowsky
Christoph Lütge im Gespräch mit Ute Welty · 08.07.2021
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Viele Putzhilfen in Privathaushalten sind unangemeldet beschäftigt. Die Menschen seien der Meinung, schon ausreichend Steuern und Abgaben zu zahlen, vermutet der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge. Dabei sei die Anmeldung einfach und koste nicht viel.
Drei von vier Putzhilfen arbeiten in Deutschland ohne Anmeldung. Arbeitgeber und -nehmer zahlen also weder Steuern noch Sozialabgaben. Das ist das Ergebnis einer Studie der OECD. Andere Experten denken, es sind weit mehr. Damit liegt Deutschland weit über dem europäischen Durchschnitt. Christoph Lütge, Professor für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität in München, findet das erstaunlich.

Anmelden ist einfach und nicht teuer

Das sei auch schon seit Jahrzehnten so, sagt Lütge, "obwohl doch die Bedingungen dafür, so was zu legalisieren, mittlerweile recht einfach sind und es auch nicht besonders teuer ist."
Ohne Anmeldung sind die Beschäftigten nicht geschützt bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und für das Alter.
Wahrscheinlich seien die meisten Menschen der Meinung, schon genug Abgaben zu zahlen: "Das ist auch richtig. Deutschland hat weltweit die höchste Steuer und Abgabenquote", sagt Lütge. Das Gefühl, bereits ausreichend zu zahlen, führe zur sogenannten "moralischen Lizenzierung".
"Dass man, wenn man hohe Steuern zahlt, sich moralisch besser fühlt und meint, ich habe das Recht, hier meins zu nehmen oder mein Teil nicht hier auch noch zu zahlen." Die böse Tat wird durch die gute Tat gerechtfertigt.

Falsche Tonne, keine Moral

Wir würden in Deutschland dazu neigen, Fragen moralisch zu überhöhen, so Lütge. Das sei auch beim Recycling zu beobachten: "Jemand, der seinen Müll nicht in die richtige Tonne tut, der ist moralisch schlecht. Und das ist in Deutschland stärker vertreten als in anderen Ländern."
Damit mehr Menschen ihre Putzhilfen legalisieren, müsse die Politik den Bürgern klar machen, dass die Anmeldung unkompliziert sei und nicht viel koste. Aber auch einen anderen Vorschlag hat der Wirtschaftsethiker:
"Wir haben in Deutschland in den letzten Jahrzehnten immer nur draufgepackt in Sachen Steuern und Abgaben. Wir haben nie eine Erleichterung gebracht. Man müsste mal die Message vermitteln, vonseiten des Staates, es gibt Erleichterung. Aber dafür gibt es auch gewisse Abgaben, die man zahlt, damit das alles legal wird.
(beb)
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