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Lateinamerika
Zika-Epidemie in drei Jahren vorüber

Die möglichen und schwerwiegenden Folgen einer Infektion mit dem Zika-Virus sind weltweit bekannt - schwere Fehlbildungen bei Föten können auftreten. Einige Behörden raten Frauen deshalb, Schwangerschaften möglichst zu verschieben. Britische Epidemiologen haben ausgerechnet, wie lange die Epidemie noch dauern wird.

Von Joachim Budde | 15.07.2016
    Zika-Virus unter dem Elektronenmikroskop. Es gehört zur Familie der Vlaviviridae. Die Virus-Partikel betragen 40 nm in Diameter mit einer äußeren Hülle und dem inneren Kern. Der Pfeil zeigt einen einzelnen Virus-Partikel. Das Zika-Virus wird durch Mückenstiche übertragen. Die bekanntesten Symptome sind Fieber, Ausschlag, Gelenkschmerzen und Bindehautentzündung (gerötete Augen). Das Virus steht im Verdacht, für Missbildungen bei Kindern verantwortlich zu sein. Foto: Cynthia Goldsmith / Center for Disease Control and Prevention/dpa
    Zika-Virus unter dem Elektronen-Mikroskop (picture alliance / dpa / Cynthia Goldsmith / Center for Disease Control and Prevention/dpa)
    Die Antwort auf die Frage lautet: Noch drei Jahre, dann dürfte auch im letzten Land Lateinamerikas der Zika-Ausbruch beendet sein. Das haben Epidemiologen um Professor Neil Ferguson vom Imperial College in London mit Modellrechnungen ermittelt.
    "Wir glauben: Die Zika-Epidemie ist zur Hälfte vorbei. Die Übertragungsraten werden noch etwa ein Jahr lang hoch bleiben, aber in vielen Ländern ist die Epidemie schon rückläufig. Das sieht man an den Fallzahlen."
    Die Forscher haben den Computer mit den wöchentlichen Zahlen neuer Zika-Fälle gefüttert und dem, was über die Übertragung des Virus bekannt ist. Das Programm hat aus diesen Daten hochgerechnet, wie die Infektionswelle weiterverlaufen wird.
    "Epidemien wie die mit dem Zika-Virus kommen von selbst zum Erliegen. Dem Virus gehen einfach die Leute aus, die es infizieren kann. Denn wer einmal mit Zika infiziert war, wird immun gegen das Virus. Irgendwann gibt es nicht mehr genügend Menschen, die infiziert werden können, um die Übertragung aufrechtzuerhalten."
    Empfehlung: Schwangerschaften verschieben
    Am schwersten betroffen von Zika sind Frauen in der Schwangerschaft, laufen sie doch Gefahr, dass ihre Kinder schwere Schäden davontragen, wenn sie sich während dieser Zeit anstecken. Fünf der betroffenen Länder empfehlen Frauen schon seit Anfang des Jahres, Schwangerschaften zu verschieben. Seit Juni hat sich die Weltgesundheitsorganisation WHO dieser Empfehlung für alle Frauen in Gebieten mit Zika angeschlossen.
    "Einer der wichtigsten Schlüsse aus meinem Modell ist, dass maßgeschneiderte Empfehlungen für die Familienplanung nötig sind. In Lateinamerika als Ganzem wird die Epidemie in drei Jahren vorbei sein, aber in den einzelnen Regionen geht das viel schneller. Lokal sind die Epidemien häufig schon nach sechs Monaten vorbei. Die Empfehlungen müssen auf der Basis der lokalen Fallzahlen maßgeschneidert sein, dann verringern sie das Risiko von Mikrozephalie. Und die Frauen können sie viel leichter befolgen."
    Eine Impfung würde natürlich viel effektiver schützen. Mehrere Impfstoffkandidaten sind in Arbeit. Doch für deren Entwicklung könnte die Infektionswelle zu kurz geraten. Denn die Entwicklung dauert noch mindestens 18 Monate, schätzt Neil Ferguson.
    "In 18 Monaten wird die Epidemie in Lateinamerika weitgehend vorbei sein. Das macht es schwer, die Impfstoffkandidaten zu testen. Das müssen Hersteller und Gesundheitsbehörden berücksichtigen. Die Arbeit zu überstürzen, ist keine Lösung, aber wir können die Tests vorbereiten, sodass wir sofort damit beginnen können, wenn der nächste Ausbruch losgeht."
    Auch dazu macht Neil Ferguson eine Prognose: In Südamerika werde die nächste Zika-Epidemie frühestens in zehn Jahren ausbrechen und zudem deutlich schwächer ausfallen. Ein schlechtes Zeugnis stellt der Wissenschaftler den Maßnahmen zur Eindämmung der Überträgermücken aus: Was momentan an Mitteln zur Verfügung stehe, sei lediglich dazu geeignet, die Verbreitung des Zika-Virus zu reduzieren, nicht aber sie zu stoppen.
    "Wenn wir die Verbreitung verlangsamen, verlängern wir tatsächlich die Dauer der Epidemie. Das hat negative Folgen, auch für die Familienplanung. Denn je länger die Epidemie dauert, umso schwieriger wird es für die Frauen, eine geplante Schwangerschaft zu verschieben."
    Damit wächst die Gefahr ausgerechnet für die Gruppe von Menschen, für die sie ohnehin am größten ist.