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Laubenbekenntnisse
Meditation über dem Gartenschlauch

Im Sommer bei Temperaturen um die 30 Grad müssen die Pflanzen im Garten täglich gewässert werden. Das kann dauern: Zeit für eine Meditation über dem Gartenschlauch.

Von Julia Eikmann | 31.07.2016
    Zu sehen sind mehrere Reihen Salatpflanzen in einem Beet im Kleingarten.
    Gedanken, die beim Wässern des Gartens entstehen können. (dps / Bernd Wüstneck)
    Es ist mir absolut schleierhaft, wie die Natur es ohne mich schafft. Da draußen. In freier Wildbahn. Hier drinnen, in meinem kleinen Paradies, bin ich unentbehrlich: als Serviererin erfrischender Kaltgetränke. Und ich serviere gerne! Bei Temperaturen um die 30 Grad täglich. Dann stehe ich hier, mit den nackten Füßen im Gras und dem Gartenschlauch in der Hand, und kühle abwechselnd mich und das Wurzelwerk meiner Schützlinge. Das kann schon mal dauern. Zeit, für eine Meditation über dem Gartenschlauch.
    Zeit, den erschöpften Pflanzen zuzuhören, wie sie wohlig seufzend das Wasser empfangen. Zeit, den einzigartigen Duft zu genießen, den es beim Einsickern in die warme Erde auslöst. Zeit, sich jeder einzelnen Pflanze zuzuwenden. Zu sehen, ob sie zufrieden ist oder ob ich ihr etwas Gutes tun kann. Stunden gehen so ins Land. Stunden, an denen ich diesen Leben-spendenden Schlauch nicht loslassen kann und will.
    Das Nicht-loslassen-können ist natürlich immer ungünstig. An den wenigen Tagen Sommerurlaub mit Wegfahren, die ich der Familie zugestehe, vergeht keiner, an dem ich nicht an den zurückgelassenen Garten denke. Natürlich ist die wichtige Aufgabe der Bewässerung in zuverlässige Hände delegiert. Trotzdem.
    Am Schlimmsten ist aber, wenn Kinder zu Besuch sind und auch mal gießen wollen. Das ist doch eine tolle Idee, sagen ihre Eltern. Kind und Natur in Einklang, Verantwortung und Beschäftigung in Einem, eine Win-win-Situation!, denken sie. Auf keinen Fall!, sage ich, und schäme mich für den hysterischen Unterton in meiner Stimme.
    Aber die Kleinen wollen einfach nicht verstehen, dass die Pflanzen mit den Füßen trinken, nicht mit dem Kopf. Entsprechend hängt der nach der kräftigen Dusche traurig zu Boden. Als Nächstes zwingt sie der Mehltau in die Knie, der sich - dankbar über die nassen Blätter - rasend verbreitet. Und die Geduld geht den Kindern auch ab. Sie gießen im besten Falle so lange, bis die Erde schwarz also angefeuchtet ist. Mit feinem Strahl die Erde tränken, bis die Wurzeln auch wirklich an das ersehnte Nass kommen, dazu fehlt ihnen die Ausdauer.
    Ich halte es jetzt so: Die Kinder bekommen den Rasensprenger, unter dem sie quietschvergnügt drunter durch laufen. Und ich darf mich derweil im hinteren Teil des Gartens über den zweiten Wasseranschluss freuen. Wenn ich dann das Gemüse zufrieden gluckern höre, weiß ich: Das ist eine Win-win-win-Situation!
    Es schmeißt noch eine Runde,
    Deine Petunia Pieper