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Lebenshaltungskosten
Frankfurt bangt um seine Feuerwehrmänner

Die Stadt Frankfurt schlägt Alarm: Wegen der hohen Mieten würden Feuerwehrleute die Stadt verlassen und zu anderen Arbeitgebern in günstigeren Lagen wechseln. In Frankfurt fragen nun manche: Wird die Stadt so teuer, dass kaum noch jemand löscht, wenn es brennt?

Von Ludger Fittkau | 07.06.2016
    Im ersten Licht des Tages spiegeln sich am 26.08.2015 die Lichter der Skyline von Frankfurt am Main (Hessen) zur morgentlichen blauen Stunde im Fluss.
    Zu teuer für viele Feuerwehrmänner und -frauen: Frankfurt am Main (Christoph Schmidt, dpa picture-alliance)
    Eine Kita-Gruppe streift fröhlich durch die Gänge der zentralen Feuerwache von Frankfurt am Main. Was sie insbesondere im top-modernen Trainingscenter zu sehen bekommen, ist europaweit einmalig, schwärmt Feuerwehrsprecher Rainer Heisterkamp:
    "Wir haben einerseits ein siebengeschossiges, gasbetriebenes Brandhaus. Wir können also in allen Etagen mit Echtfeuer üben. Wir haben eine Realbrandhalle, wir haben einen U-Bahn-Simulator. Eine überdachte Stadt - Klein-Frankfurt - wo wir wetterunabhängig üben können. Sehr vielfältige und sehr gute, sicherlich in Europa noch einmalige Trainings- und Übungsmöglichkeiten."
    Deshalb lassen sich Feuerwehrleute gerne hier ausbilden – und gehen dann aber auch gerne weg. Einfach, weil sie zu wenig Geld verdienen, um im teuren Rhein-Main-Gebiet eine Familie ernähren zu können. Das Einstiegsgehalt für eine Brandmeisterin oder einen Brandmeister liegt nach dem hessischen Besoldungsgesetz zurzeit bei 2052 Euro. Eine 50 Quadratmeter-Wohnung in Frankfurt am Main kostet gerne schon mal 1000 Euro. Das treibt die Brandmeisterinnen und Brandmeister aus der Stadt, so Thomas Jackel, Verwaltungsleiter der Feuerwehr. Denn bundesweit werden zur Zeit rund 3.000 Feuerwehrleute gesucht. Und vielerorts sind die Bedingungen einfach attraktiver:
    "Und insofern ist es so, wenn wir unter Personalmangel leiden, aus welchen Gründen auch immer, das ein Stück weit die Sicherheit der Stadt in Gefahr ist."
    Stadt Frankfurt zahlt jetzt freiwillig mehr
    Bereits 80 Feuerwehrleute haben in letzer Zeit Frankfurt am Main den Rücken gekehrt – abgewandert Richtung Rheinland-Pfalz, nach NRW oder Bayern. Ein Zehntel der gesamten Belegschaft ist weg. In den Nachbarländern bekommen die in der Mainmetropole ausgebildeten Feuerwehrleute teilweise höheren Beamtensold und haben überdies oft noch niedrigere Lebenshaltungskosten. Thomas Jackel:
    "Die Rahmenbedingungen sind insofern ein Stück weit bedauerlich. Wenn man lang genug in der Geschichte der Bundesrepublik zurückgeht, wird man an den Punkt stoßen, wo die Länder geschlossen zum Bund marschiert sind und gesagt haben: Bitte sei doch so lieb. Bund, mache eine einheitliche Besoldungsordnung. Denn diese unterschiedlichen Besoldungen, die gab es in den 60er-Jahren auch schon in der Bundesrepublik. Man hat dann bemerkt, dass dieser zusätzliche Konkurrenzkampf, gerade wenn auch die Konkurrenz auf einem florierenden freien Markt groß ist, zusätzlich kontraproduktiv ist."
    Doch die Stadt Frankfurt am Main will nicht darauf warten, dass der Bund oder das Land Hessen aktiv werden. Rund 350 Feuerwehrleute bekommen künftig mehr Geld aus dem Stadtsäckel. Das kostet die Stadt gut drei Millionen Euro. Die Gegen-Rechnung, die man im Rathaus aufstellt, um diese zusätzlichen Kosten zu rechtfertigen, lautet: Die Ausbildung eines Feuerwehrmannes oder einer Feuerwehrfrau kostet etwa 160.000 Euro. Wenn jährlich nur 20 Brandmeisterinnen und Brandmeister außerplanmäßig abwandern, sei das also ein jährlicher Verlust von 3,2 Millionen Euro.
    Feuerwehr-Verwaltungsleiter Thomas Jackel betont überdies die besonderen Qualifikationen, die viele Feuerwehrleute mitbringen, weil sie gleichzeitig auch eine Ausbildung als Rettungssanitäter haben:
    "Wir haben ja nicht nur gesagt, so ganz plump in Richtung der Politik: So, jetzt gebt mal unseren Kolleginnen und Kollegen mehr Geld. Um zumindest den Versuch zu starten, die Abwanderung ein Stück weit zu stoppen. Das ist ja nur das eine, es kommt ja auch ein Stückweit Benefit mit rein."
    Denn gerade bei möglichen Großeinsätzen in der Mainmetropole sei die große Zahl der Rettungssanitäter bei der Feuerwehr Frankfurt am Main ein Sicherheitsgewinn für die Stadt.
    Ob allerdings die 200 Euro, die die Feuerwehrleute am Main künftig mehr bekommen sollen, die Abwanderung wirklich stoppen werden? Thomas Jackel hofft das zwar. Aber:
    "Ein gewisser Aderlass wird immer zu verzeichnen sein. Das gab es schon immer und das wird es auch in Zukunft geben. Wer jetzt glaubt, nur weil wir die Struktur verändert haben, wird keiner mehr von Frankfurt weggehen, der ist ein bisschen blauäugig."