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Kricket-Skandal in Australien
Ballmanipulation mit Folgen

Sperren, Millionenverluste, Trainerwechsel und Australien in Aufruhr: Drei australische Kricket-Nationalspieler haben ihren Sport mit einem Manipulationsversuch in eine schwere Krise gestürzt. Nun soll eine Kommission neue Maßnahmen und Sanktionen entwickeln, um Manipulationen in Zukunft zu vermeiden.

Von Leonie von Hammerstein | 31.03.2018
    Kapitän Steve Smith (li.) und Vize David Warner
    Kapitän Steve Smith (li.) und Vize David Warner (AFP/Marco Longari)
    "Kricket ist der beste Sport der Welt. Cricket war mein Leben und ich hoffe es wird es wieder sein könnt. Es tut mir so leid. Ich bin am Boden zerstört."
    Unter Tränen bittet Kapitän Steve Smith am Donnerstag bei einer Pressekonferenz um Entschuldigung.
    Es ist der traurige Höhepunkt eines Skandals, der in Kapstadt letztes Wochenende begann und immer weitere Kreise zieht. Was war passiert? Die australische Kricket-Nationalmannschaft hatte am vergangenen Samstag einen Manipulationsversuch bei einem Testspiel gegen Südafrika zugegeben. Von Kapitän Smith und Vize David Warner angestiftet, hatte der australische Schlagmann Cameron Bancroft den roten Kricketlederball mit Schmirgelpapier bearbeitet und hatte das dann in seiner Hose verstecken wollen - dabei war er aber von Fernsehkameras erwischt worden. Das "Ball-Tampering" ist im Kricket strengstens verboten. Durch das Aufrauen des Balles werden die Flugeigenschaften zugunsten des Werfers verändert.
    Harte Strafen für australische Spieler
    Schon am Mittwoch sperrte der australische Kricketverband Smith und Warner für 12 Monate. Warner soll die anderen Spieler angestiftet haben und darf daher nie wieder eine Führungsposition ausüben. Smith für mindestens zwei Jahre. Neun Monate Sperre hat Schlagmann Cameron Bancroft bekommen.
    "Die Leute wissen, dass ich sehr hart gearbeitet habe, um an diesen Punkt in meiner Karriere zu kommen, und zu wissen, dass ich gerade jemand anderem eine Chance gegeben habe, einfach so, ist ein verheerendes Gefühl."
    Neben der Sperre im Nationalteam sollen die Spieler hundert Tage Sozialarbeit absolvieren, um der Kricket-Welt und Australien zu beweisen, dass sie es ernst meinen mit ihren Reuebekundungen. Die sportlichen Konsequenzen sind hart. Auch Smiths und Warners Vereine in der Indischen Premier League und Bancrofts Verein in England haben die Spieler für dieses Jahr ausgeschlossen.
    Offenbar ein finanzieller Verlust in Millionenhöhe. Dazu kommt: Auch die Sponsorenwelt reagierte sofort. So beendete beispielsweise der Sportartikel-Hersteller ASICS die Zusammenarbeit mit Warner und Bancroft. Smith verlor unter anderem seinen Deal mit der Commonwealth Bank.
    Sponsoren ziehen sich zurück
    "Der Vorfall hat dem Kricketsport als Ganzes und natürlich dem australischen Kricket eine Menge Schaden zugefügt. Er hat das Selbstvertrauen und den Glauben der Fans in den Sport zerrüttet und es ist unsere Verantwortung – die der Spieler, der Funktionäre, der Trainer, diesen Glaube und dieses Vertrauen wieder herzustellen", sagt James Sutherland, Chef des australischen Kricket-Verbandes. Auch für den wird die Ballmanipulation teuer: Am Donnerstag beendete einer der größten Sponsoren des Sports, der Finanzdienstleister Magellan, die Zusammenarbeit. Es wird mit Millionenverlusten gerechnet. Schaden nimmt aber vor allem die Glaubwürdigkeit. Die Nationalspieler sind in Australien Stars. Und nun ist das "Spiel der Gentlemen", das seine Spiele nachmittags zum Tee unterbricht, in Verruf geraten. Smith, der als einer der besten Schlagmänner der Geschichte des Krickets gilt, wird als Vorbild in Frage gestellt. Auf der Pressekonferenz richtete er deshalb seine Worte reumütig auch an Kinder:
    "Bevor ihr eine fragwürdige Entscheidung trefft, denkt darüber nach, wen ihr damit verletzen könnt. Eure Eltern zum Beispiel. Zu sehen, wie sehr mein Vater und meine Mutter leiden… das tut weh."
    Zuletzt habe es viele Fälle von schlechtem Benehmen gegeben, bemängelte der Chef des Kricket-Weltverbandes ICC, David Richardson. Nun soll eine Kommission von ehemaligen internationalen Profis klarstellen, welches Verhalten von den Spielern erwartet wird und neue Maßnahmen und Sanktionen im Hinblick auf Manipulationen entwickeln.
    Nationalcoach warnt vor Hexenjagd auf Spieler
    Am Donnerstag erklärte auch Nationalcoach Darren Lehmann überraschend seinen Rücktritt. Er war zuvor von jeder aktiven Beteiligung an der Manipulation freigesprochen worden. Er wolle nach der laufenden Serie von Tests gegen Südafrika seinen Posten räumen, damit Australiens Kricket sich weiterentwickeln könne.
    Eine Botschaft ist Lehmann wichtig: Bei all der Enttäuschung dürfe es keine Hexenjagd auf die Spieler geben. Denn:
    "Es gibt auch eine menschliche Dimension der Geschichte. Sie haben einen Fehler gemacht, das hat jeder von uns schon mal. Aber das sind junge Männer und ich hoffe, Leute werden ihnen noch eine zweite Chance geben."
    Sperren, Millionenverluste, Trainerwechsel und Australien in Aufruhr. Und all das ausgelöst von einem kleinen Stück Schmirgelpapier.