Samstag, 20. April 2024

Archiv

Lebensmittel
Ein lokales Siegel für stärkeres Vertrauen

Wo kommen meine Nahrungsmittel her und womit wurden sie behandelt? Für Verbraucher wird die Transparenz beim Lebensmittelkauf zunehmend wichtiger. Deshalb soll bundesweit ein "Regionalfenster"-Siegel Auskunft geben. Doch in einigen Regionen haben Kleinproduzenten ihre eigene Marke kreiert - zum Beispiel im Hunsrück.

Von Anke Ulke | 20.01.2014
    Frisch geerntete Cocktailtomaten und junge Möhren als Bio-Erzeugnis
    Kleinproduzenten wollen sich mit ihren Biowaren stärker profilieren (picture alliance / dpa / Wolfram Steinberg)
    Es duftet verführerisch in der Bäckerei von Bäckermeister Ralf Andrea in Waldböckelheim. In den Auslagen liegen zum Beispiel das Kirner Landbierbrot, mit Bier aus Kirn gebacken oder Disibodenberger Landbrot, mit Dinkel aus der Region. Dinkel, Roggen und Weizen für das Mehl, das Ralf Andrea ausschließlich verwendet, stammen von hier aus dem Umkreis Bad Kreuznach, Rhein-Hunsrück und Birkenfeld. Und das Mehl hat eine kleine Mühle in der Nähe gemahlen. Eine Voraussetzung für das SooNahe-Siegel, das die Produkte kennzeichnet.
    "Der Einkauf über den Großhandel ist garantiert günstiger, aber für uns ist es eine Frage, wie wir uns mit der Region identifizieren, wir fördern damit ja auch die Kulturlandschaft hier in der Region und für uns ist es eine Imagefrage – wir heben uns damit von unseren gesamten Mitbewerbern hier in der Region ab."
    Garantierte Gentechnikfreiheit
    Hier erzeugt und - nach kurzen Wegen - hier verzehrt oder verbraucht ist die Philosophie des Bündnisses, das für alle Produkte, die das SooNahe-Siegel tragen wollen, Kriterien erstellt hat, die in den Pflichtenheften für jede Produktkategorie festgeschrieben sind. Nicht nur Lebensmittel wie Eier, Nudeln, Fleisch und Gemüse tragen das Siegel, auch Wein, Säfte, Marmeladen und sogar manche Kosmetika. Neben der regionalen Herkunft der Zutaten und der ortsnahen Verarbeitung ist vor allem garantierte Gentechnikfreiheit, wie im Biolandbau, ein weiteres Kriterium. Das ist Helmut Hehner vom Hunsrück-Marketing besonders wichtig, da es nach wie vor keine Sicherheiten zu gentechnisch veränderten Organismen gebe.
    "Es ist kein Zwang da, es zu verwenden. Natürlich gibt es wirtschaftliche Zwänge, wo man Spritzungen einspart, wo man das anders bearbeitet, wo man das anders macht, nur – wir haben es nicht nötig. Der Kunde möchte es nicht und wir wollen es dokumentieren, dass wir es nicht tun und der Kunde muss natürlich preislich es bezahlen."
    Das Futter für die Hühner, deren Fleisch Sandra Nied in ihrem Hofladen in Biebern verkauft, muss aus eigener Produktion stammen –bis auf den Soja-Anteil, der aus Brasilien stammt. Die Hühner leben ganz anders als ihre Artgenossinnen in Großbetrieben.
    "Morgens machen wir um 9 Uhr die Klappe auf, aus dem einfachen Grund – die sollen zuerst in die Nester gehen mit ihren Eiern und die nicht überall hintragen. Und abends gehen die um 6 rein und draußen im Wintergarten geht das Licht aus und bis auf 3,4 schaffen sie es echt alle und gehen dann hier rein."
    Preise deutlich höher als bei konventionellen Waren
    Wildspezialitäten wie Wildgulasch oder Salami vom Soonwaldhirsch gibt es bei Fleischer Christian Beisiegel in Bad Kreuznach. Die Bündnisregeln gelten auch für die Wildbret Lieferanten, die Jäger oder die Züchter von Damwild. SooNahe-Fleisch ist deutlich teurer als konventionell erzeugtes, die Anbieter halten dies auch wegen des besseren Geschmacks für gerechtfertigt. Das Bündnis ist für Christian Beisiegel ein echtes Plus für die strukturschwache Region.
    "Das ist unser Verständnis einfach auch, hier als Unternehmen in der Region zu sein, Arbeitsplätze zu schaffen, wir haben ja auch ne gewisse soziale Verantwortung, es ist n Familienbetrieb, unsere
    Mitarbeiter sind uns alle bekannt, die Familien sind uns alle bekannt, und das möchten wir, dass es so bleibt."
    Produkte mit dem grün-weiß-blauen SooNahe Siegel bekommt man im ganzen Umkreis – inzwischen sogar in den großen Supermärkten in der Region. Und trotz der etwas höheren Preise, 10 mittelgroße Eier zum Beispiel gibt es für 2,30 Euro, oder 500 g Dinkelnudeln für 2,70 Euro, steigt die Nachfrage – so stark, dass seit Januar ein eigener Geschäftsführer für das Bündnis verantwortlich ist. Ehrenamtlich – wie bisher – ist die viele Arbeit nicht mehr zu bewältigen.