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Led Zeppelin und ein Unbekannter aus L.A.

Frank Oceans Gesang kommt nie auftrumpfend-selbstgewiss daher, sondern eher nachdenklich-zurückhaltend – und vielleicht gerade deshalb umso intensiver. Für unseren Kritiker DIE Entdeckung des Jahres.

Von Günther Janssen | 15.12.2012
    Mein Album des Jahres – ich hatte schon eine Reihe möglicher Kandidaten im Kopf, und dann kam plötzlich noch das:

    LED ZEPPELIN - "Good Times Bad Times"

    Mit "Good Times Bad Times” begann das Led-Zeppelin-Konzert vor fünf Jahren in London, nun liegt es in Albumform vor: 2 CDs plus DVD. Vor einigen Wochen hat mich "Celebration Day" – unter diesem Titel wurde das ganze veröffentlicht – einen halben Arbeitstag gekostet, denn nach dem ersten Hören vom Nebenzimmer bei gleichzeitiger Erledigung von E-Mails und allerlei Kram wurde ich immer weiter hineingezogen in den Auftritt der Herren Page, Plant und Jones von der Originalbesetzung sowie dem Bonham-Sohn Jason am Schlagzeug.

    Wie die Vier auf der großen Bühne der O2-Arena so spielten wie in einem kleinen Club, meist eng beieinander, immer aufmerksam, was der andere gerade macht, bei aller Struktur der Led Zeppelin-Stücke frei drauflosspielten, nie auf Sicherheit. Ich verbuche "Celebration Day" mal in der Rubrik 'außer Konkurrenz', denn immerhin ist es ja ein Live-Mitschnitt von 2005, der zufällig gerade jetzt erschienen ist – deshalb beginnt mein ‚eigentliches’ Album des Jahres so:

    FRANK OCEAN - "Start"

    Die ersten Sekunden aus "Channel Orange", dem ersten richtigen Album von Frank Ocean – vor zwei Jahren gab es schon mal ein Download-Album von ihm. Ich kannte es nicht und hatte vor "Channel Orange" auch noch nichts von Frank Ocean gehört, seinen Arbeiten für andere beziehungsweise mit anderen als Stückeschreiber, Produzent oder Teil eines HipHop-Kollektivs in Los Angeles.

    "Channel Orange" steht für mich in der Tradition etwa von Stevie Wonder-Alben der 70er-Jahre und solchen von Prince aus den 80ern: Auch sie erweiterten Soul und R’nB um alles mögliche, was sonst noch in den musikalischen Köpfen der Alleinaufnehmer und Alleskönner steckte.

    Und was mir bei aller Sound-Raffinesse besonders gut gefällt: Frank Oceans Gesang kommt nie auftrumpfend-selbstgewiss daher, sondern eher nachdenklich-zurückhaltend – und vielleicht gerade deshalb umso intensiver.