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Leere Sporthallen und hohe Schulden in Athen

Einen Tourismusschub und eine Modernisierung der Infrastruktur erhoffte man sich, als Griechenland 2004 die Olympischen Spiele ausrichten durfte. Heute ärgern sich viele Griechen darüber, dass viel Geld für die Olympischen Spiele verschwendet wurde und vielen Sportstätten nun der Verfall droht.

Von Jerry Sommer | 25.07.2012
    Vicky ist die Trainerin und hier gibt sie die Kommandos: "Arme auseinander, Augen geradeaus", ruft sie den kleinen Turnerinnen zu. Die Mädchen sind im Grundschulalter und trainieren rhythmische Sportgymnastik. Vicky ist froh, dass ihr Verein diese Halle nutzen kann:

    "Wir dürfen seit einem Jahr hier trainieren. Sonst sind wir in Schulen, aber hier ist es besser. Die Decken sind sehr hoch und die Kinder können Bälle oder Ringe deshalb gut in die Luft werfen."

    Dabei ist die Halle nur ein Nebenraum der riesigen Taekwondo-Anlage, die für die Olympischen Spiele gebaut worden war. Doch der Gebäudekomplex steht meist leer, so Hausmeister Sabas Xastzikabouris:

    "Ich arbeite seit einem Jahr hier. Da hat es nur einmal eine Sportveranstaltung gegeben: Jiu-Jitsu, mit insgesamt 2000 Menschen. Und nur einmal im Monat findet eine Musikveranstaltung statt."

    Die Taekwondo-Halle im Athener Stadtteil Faliron bietet über 3000 Zuschauern Platz. Sie gehört zu den 36 Sportstätten, die eigens für die Olympischen Spiele errichtet worden waren. Nur zwei davon - das Olympiastadion und die Basketballhalle werden von örtlichen Vereinen regelmäßig genutzt. Wegen der Krise fehlt sogar das Geld, um alle Sportstätten in Schuss zu halten. Das zeigt sich auch an den Flecken in den Fluren, die zur Taekwondo-Halle führen.

    "Das macht natürlich einen schlechten Eindruck. Es sieht aus, als wäre der Ort aufgegeben worden. Das müsste natürlich gestrichen werden. Aber dafür wurde bisher kein Geld bewilligt."

    Schon weit im Vorfeld der Olympischen Spiele hatten Kritiker gefordert, nicht allein feste Gebäude, sondern mehr provisorische Anlagen zu errichten. Denn Stadien für Hockey, Baseball, Softball oder zum Beispiel Regattastrecken brauche man ohnehin nicht. Tatsächlich hätte Griechenland so sehr viel Geld sparen können.
    Sofia Sakorafa war früher Olympiateilnehmerin im Speerwerfen, jetzt ist sie Abgeordnete des Linksbündisses SYRIZA. Sie vermutet, dass korrupte Politiker und Bauunternehmer an möglichst teuren Lösungen interessiert waren, um dabei höhere Profite zu machen:
    "Bis heute weiß man immer noch nicht, wie teuer die olympischen Spiele wirklich waren. Manche gehen davon aus, dass sie uns 14 Milliarden Euro gekostet haben."

    Dabei hätte die Gesamtsumme unter sechs Milliarden Euro liegen sollen. Der Anstieg der Baukosten hatte zum hohen Staatsdefizit Griechenlands beigetragen. Durch die große Wirtschaftskrise sind jetzt auch die Pläne der griechischen Regierung gefährdet, einige der Sportstätten zu verkaufen. Die Taekwondo-Halle zum Beispiel soll in ein Konferenzzentrum mit bis zu 5000 Plätzen umgewandelt werden. Hausmeister Sabas Xastzikabouris ist da skeptisch:

    "Jetzt hat doch niemand mehr Geld. Die Unternehmer nicht und der Staat auch nicht. Deshalb sind die Anlagen kaum noch zu verwerten. Ich glaube der Zug ist abgefahren."

    Vicky, die Turnlehrerin, sieht darin immerhin etwas Gutes. Wenn sich kein Investor für die Taekwondo-Halle findet, können die Mädchen weiterhin hier trainieren:

    "Das Gebäude wird zwar nicht viel benutzt. Aber ich hoffe, dass es nicht abgerissen wird", sagt sie.

    Wie viele Griechen ärgert sich auch die Trainerin darüber, dass soviel Geld für die Olympischen Spiele verschwendet worden war und vielen Sportstätten nun der Verfall droht. Dass sich Griechenland für die Austragung der Olympischen Spiele beworben hatte, hält sie aber immer noch für richtig:

    "Natürlich haben sich die Olympischen Spiele für Athen gelohnt. Nur müssen die Sportstätten sinnvoll genutzt werden."

    Immerhin: Athen hat eine neue Metro, neue Busse, und eine neue Straßenbahnstrecke bekommen. Die öffentlichen Verkehrsmittel erfreuen sich auch acht Jahre nach den Olympischen Spielen immer noch großer Beliebtheit. Allerdings ist die Krise selbst hier zu spüren: Die Zahl der Benutzer ist deutlich zurückgegangen. Denn jeder vierte Athener ist arbeitslos und muss nicht mehr zur Arbeit fahren oder kann sich nicht mehr leisten, regelmäßig Bus- und Metro-Fahrkarten zu kaufen.