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Lehramtsstudium
Eltern als Bildungspartner für Studierende

Wie sollen Lehrer mit Eltern umgehen, die sich in der Schule engagieren möchten? An der Universität Duisburg-Essen will man mit dem studY-Modellprogramm bereits Studenten in den ersten Semester mit Schülern und Eltern in den Dialog bringen. So soll frühzeitig reale Schulerfahrungen in das Studium eingebunden werden.

Von Kai Rüsberg | 09.06.2016
    Eine Studentin der Schulpädagogik schreibt am 17.10.2012 während einer Vorlesung in einem vollen Hörsaal in der Universität in Tübingen (Baden-Württemberg) mit.
    Bereits im Studium Kontakt mit Eltern zukommen, wird in einem Modellprojekt erprobt. (picture alliance / dpa - Jan-Philipp Strobel)
    "Zu meiner Schulzeit haben Eltern weniger eine Rolle gespielt. Meine Eltern waren höchstens zu Elternsprechtagen da."
    Was Lehramtsstudent Stanley Walkenbach in seiner Schulzeit erlebt hat, gilt heutzutage nicht mehr. An den weiterführenden Schulen gibt es immer mehr engagierte Eltern, die sich in den Schulalltag einbringen wollen. Karina Schuhmacher begleitet aktiv die Schullaufbahn ihres 13-jährigen Sohnes an einem Bochumer Gymnasium. Doch nicht allen Lehrern sei das recht.
    "Man sagt, alte Lehrer wären nicht mehr interessiert an ihren Schülern, das habe ich aber auch bei jungen Lehrern erfahren und bei alten eben nicht."
    Das Engagement der Eltern ist allerdings sehr unterschiedlich. Während einige Eltern sich vor allem dann melden, wenn sie mit den Schulleistungen unzufrieden sind, engagieren sich andere Eltern fortlaufend und gestalten vor allem das soziale Umfeld aktiv mit. Meist bildet sich eine kleine Gruppe von aktiven Eltern, die das Schulleben mit beeinflusst.
    "Ich finde wir müssen eine Kooperation bilden. So viel Zeit, wie sie hier in der Schule verbringen. Da müssen wir zusammenarbeiten. Die mit beiden Beinen im Leben und Beruf stehen, die nehmen sich Zeit dafür. Aber das ist ein ganz geringer Teil. Bei uns sind das von 29 Kindern drei Elternpaare."
    Vorbereitung auf den späteren Arbeitsalltag
    Doch wie sollen Lehrer mit diesen Eltern umgehen, die sich im System Schule einbringen wollen? An der Universität Duisburg-Essen will man mit dem studY-Modellprogramm bereits die Studenten in den ersten Semestern in einen Dialog mit Schülern und Eltern bringen. So sollen sie bereits während des Studiums auf den späteren Arbeitsalltag vorbereitet werden, erklärt Sandra Lohrscheider, von der Arbeitsgruppe pädagogische Professionsforschung.
    "Was wir erleben ist, dass es bei den Studierenden Ängste gibt. Zumindest Bedenken im Umgang mit den Eltern später. Das kommt aus Erzählungen. Und dass es da wichtig ist, den Studierenden nicht erst in einer späten Phase den Kontakt zu ermöglichen, zu sehen, Eltern sind auch Menschen."
    Den zukünftigen Lehrern ist die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Eltern bewusst, weil viele soziale Aufgaben an den Schulen sonst gar nicht erledigt werden könnten, meint Miriam Singh, Lehramtsstudentin für Biologie und Englisch.
    "Allein schon wenn Feste stattfinden. Ohne die Eltern wäre es gar nicht möglich, die zu stemmen. Jetzt auch in der Flüchtlingsarbeit. Da geben Eltern Deutschkurse."
    Während es an Schulen die zum Abitur führen meist viele aktive Eltern gibt, ist es an anderen Schulformen eher eine Herausforderung, zur Mitarbeit und Anteilnahme am Schulleben zu animieren.
    "Ich war an einer Hauptschule und da ist auffällig, dass viel weniger Eltern zu Sprechtagen kommen."
    Miriam Singh ist selbst Kind von Zuwanderern. Oftmals seien es Eltern mit Migrationsgeschichte, die sich nur schwer für eine Zusammenarbeit oder auch nur zum Gedankenaustausch an die Schule locken lassen, sagt sie - auch wenn man das nicht verallgemeinern könne:
    "Kinder mit Migrationshintergrund, dass Eltern da oft nicht so viel Interesse gezeigt haben. Das kann aber auch sein, dass die oft nicht so gut verstehen."
    Mehr Praxis in der Ausbildung zum Lehrer
    Das studY-Modellprogramm wird vom Düsseldorfer Verein Buddy - Forum Neue Lernkultur organisiert. Zusammen mit ausgewählten, engagierten Schulen soll erprobt werden, wie die Ausbildung von Lehrern praxisnäher und damit besser gestaltet werden kann. Katrin Stenzel von Buddy sieht den Austausch mit den Eltern als Erfolg.
    "Es zeigt sich oft, dass die Erwartungshaltung, die Eltern an Lehrer haben, etwas ist, was Studierende gar nicht erleben. Das ist eine Chance, mit Forderungen konfrontiert zu sein, die Eltern an Lehrer haben. Und dann mal über die eigene Rolle nachzudenken."
    Das studY-Modellprogramm ist vor einem Jahr gestartet geht nun in die dritte Runde. Ziel des Modellprojekts ist, die frühzeitige Einbindung der realen Schulerfahrung künftig in das Regelstudium zu integrieren.