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Lehrer zu Teamplayern

Die Zeiten, in denen Lehrer in ihrer Ausbildung ausschließlich mit Fachwissen gefüttert wurden, sollen bald vorbei sein. Praxis und Teamarbeit werden an den Unis immer wichtiger.

Von Sandra Pfister | 05.10.2012
    "Einen wunderschönen guten Morgen!" "Guten Morgen, Herr Loewenich!"

    Arne Loewenich hat in Köln studiert. Nun unterrichtet er seit November 2011 selbst Geschichte und Katholische Theologie am Gymnasium in Frechen. Nach einem halben Jahr "Mitlaufen" wird der Referendar nun eigenverantwortlich auf Klassen "losgelassen", wie er sagt. Heute steht eine Fachprüfung in Geschichte an; zwei Prüferinnen und sein Kernseminarleiter sind angerückt, um seine Unterrichtsführung zu beurteilen. Arne Loewenich lässt die Achtklässler in Geschichte die 1848er-Revolution nachspielen:

    Die Schüler sollen sich vorstellen, sie seien Abgeordnete des 1848-Parlaments. Vor der Tafel stehen sie erst in wirren Grüppchen herum, dann bilden sich Fraktionen; deren Wortführer diskutieren darüber, warum Frauen eigentlich nicht mitwählen dürfen. Der Junglehrer hat die Klasse mit Sitzkärtchen präpariert, auf denen steht, wer gleich welchen Abgeordneten mimen soll. Er hat sich viele didaktische Finessen überlegt. Loewenich lässt die Schüler an der langen Leine, sie müssen sich viel selbst erarbeiten. Einige 13- und 14-Jährige halten sich auffallend zurück, das scheint zu kompliziert für sie, aber die Fachdidaktiker loben Loewenichs Arbeit – und die meisten Schüler sind begeistert.

    "Die alten Lehrer machen eben viel übers Schriftliche, stellen einfach immer weiter Fragen und erklären einfach nur, und die jungen Lehrer machen eben heute so was wie eben in der Stunde."

    "Als wir zuerst auf diese Schule gekommen sind, gab es sehr viele alte Lehrer, und die hatten wir dann auch im Unterricht, und da wurde es eigentlich ganz klar, würde ich mal sagen, wer hier der Chef ist und wer eine untergeordnete Rolle hat. Das waren in dem Fall dann immer wir. Die neuen Lehrer lassen sich eher auf Gespräche und Diskussionen mit den Schülern ein, sodass sie vielleicht auch für sich einen gewissen Fortschritt machen und Dinge in ihrem Unterricht (…) verbessern können durch den Einfluss der Meinungen, die die Schüler vertreten."

    Die neuen Lehrer treten anders auf, sagen die Schüler. Doch wer von ihnen seinen Job gut macht, der tut das oft aus sich selbst heraus: Oft trotz einer veralteten Ausbildung, die ihn nur unzureichend auf seinen Beruf vorbereitet hat. Auch Peter Drewek, der an der Uni Bochum die Lehrerausbildung koordiniert, hat die Klage noch im Ohr.

    "Alle Studierenden haben früher beklagt, (…) bis heute, dass die Lehrerausbildung zu praxisfern ist."

    Zu praxisfern – das ist das eine. Das andere Problem, das viele sehen: Lehrer werden kann heute jeder – die einzige größere Hürde war bislang vielerorts das Referendariat. Und das war zugleich für viele angehende Lehrer der erste ausgiebige Kontakt zu Schülern. Viele von ihnen gehen nicht unmotiviert in den Job, aber manche naiv, weil sie einfach früher selbst gerne zur Schule gegangen sind. Auch der mögliche Beamtenstatus und die vermeintlich geringen Arbeitszeiten machen den Beruf attraktiv. "Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei" – diese Klischees haben sich fast alle Referendare schon anhören müssen.

    "Es sind die Vorurteile, die man selber so kennt, Du studierst Lehramt, ist Dir nichts Besseres eingefallen, so nach dem Motto,(…), aber ich würde schon sagen, 40 Prozent wären für mich jetzt nicht geeignet gewesen. Ich denke, dass einige schon so ein bisschen das Vorurteil bestätigen und am Ende vielleicht die Lehrer sind, die mit weniger Motivation ran gehen und sich nicht so viel Mühe geben und dadurch unseren Ruf ein bisschen nach unten ziehen."

    Laura Führ, Referendarin für die Sekundarstufe II in Deutsch und Bio, ist eine von 18 Referendaren, die sich heute mit ihrem Kernseminarleiter im Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Köln treffen. Vormittags haben sie noch an ihren Gymnasien unterrichtet, nachmittags können sie hier alle paar Wochen besprechen, wo der Schuh drückt, wenn sie vor der Klasse stehen. Ihr Kernseminarleiter, eine Art Vertrauenslehrer, ist Wolfgang Riemer. Anfang 60, Mathelehrer, ein kleiner, drahtiger, durchtrainierter Mann, der eindringlich und leise redet. Er selbst hebt oder senkt nicht den Daumen über seine Schützlinge – die Abschlussnoten bekommen sie von anderen. Seine "Waffe" als Fach- und Kernseminarleiter sind Beratungsgespräche. Würde er aber Noten verteilen, würde er einigen seiner Referendare eine Vier oder fünf geben: für den Lehrerberuf ungeeignet.

    "Also bei Fünfen von 18 kann man ein Fragezeichen dahinter setzen. Drei von 18, da würde man sagen, denen würde ich dringend abraten, in diesen Beruf zu gehen, und zehn von den 18 sind so geschätzt Perlen, die also wirklich das, was sie dort lernen, lebenslang zum Wohle ihrer Schützlinge auch umsetzen werden. Die Hälfte, das ist eigentlich ein ganz guter Schnitt."

    Ein ganz guter Schnitt für einen Ausbilder – aber für drei bis fünf Referendare bedeutet das Prädikat "mangelhaft" bis "ungenügend" ein Scheitern nach jahrelanger Ausbildung - wenn sie denn tatsächlich ausgesiebt werden, was hin und wieder geschieht. Obwohl inzwischen einige Eignungstests für Lehrer entwickelt wurden, die den Lehrernachwuchs schon vor Beginn des Studiums auf den Prüfstand stellen sollen, hat noch keine deutsche Hochschule einen solchen Test verbindlich eingeführt. Der Dekan des Bochumer Lehrerbildungszentrums, der School of Education an der Ruhr-Uni-Bochum, Peter Drewek, lehnt sie sogar ab.

    "Ein interaktiver Prozess, der ist hier der Ansatz; man kann, glaube ich, bei wenigen Berufen sagen, dafür sind Sie jetzt nicht qualifiziert. Wir können die ganze Professional School sein lassen, wenn man mit einem einzigen Test hätte herausfinden können: Wer ist geeignet und wer nicht. Das vertritt übrigens in der Forschung auch niemand ernsthaft."

    Selbsttest hin oder her: Bislang mussten junge Menschen fünf bis sechs Jahre studieren, bis ihnen der harte Schulalltag vermittelte, dass sie womöglich für den Lehrerberuf entweder nicht besonders geeignet oder nicht gut genug ausgebildet sind. Dabei kommt es auf die Lehrer mehr denn je an – diese Erkenntnis setzt sich, parallel zum leidigen Streit um Schulstrukturen, immer mehr durch. Seit einer Paralleluntersuchung zu PISA 2003 ist klar: Lehrer, die nicht nur fachlich fit waren, sondern auch das Handwerk der Vermittlung beherrschten, deren Schüler schnitten beim Test besser ab. Aber gerade in der Didaktik, dem Handwerkszeug, wie man Wissen an den Schüler oder die Schülerin bringt, fühlen sich viele Lehrer nicht sattelfest. Denn so ist das Studium insbesondere für Gymnasiallehrer gestrickt: Sie werden bislang meist mit Fachwissen im Übermaß betankt, treffen aber selten pädagogische Praktiker.

    "Allerdings war bei mir der Schock da, als die Tür zuging und ich saß mit 30 Sechstklässlern alleine da, (…)."

    …sagt Susanne Hamm, ebenfalls Referendarin in Köln. Sie ist nicht allein: In einer aktuellen Allensbach-Studie gab die Hälfte der befragten Lehrer an, ihr Studium habe sie unzureichend auf ihren Beruf vorbereitet. Dass sie im Studium vor einer Klasse stehen mussten, war für die meisten zukünftigen Lehrer an Gymnasien bislang nicht vorgesehen. Doch mittlerweile ist das vielerorts anders: Gerry Hellwig ist 28, studiert in Bochum im Masterstudium im dritten Semester Englisch und Deutsch für die Sekundarstufe zwei, die gymnasiale Oberstufe. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat 2009 per Gesetz festgelegt, dass Gerry Hellwig und alle, die nach ihm Lehrer werden in NRW, schon während ihres Studiums viel mehr Kontakt zu Schülern haben sollen.

    "Das bekommen wir auch als Studierende von unseren teilweise Freunden, die sich jetzt in ihrem Vorbereitungsdienst befinden, zurück. Gerade heute haben wir noch gehört: Seid froh, dass Ihr das Praxissemester bekommt, das gibt Euch einen viel leichteren Einstieg in den Vorbereitungsdienst."

    Mehr Kontakt zu Schülern, das heißt: ein mehrwöchiges Eignungspraktikum vor dem Studium, ein längeres Orientierungspraktikum in der Bachelor-Phase, ein Berufsfeldpraktikum, das in der Schule oder einer anderen Bildungseinrichtung stattfinden kann, und ein Praxissemester, das zukünftig im dritten Semester des Masterstudiums eingebaut werden soll. Das bedeutet: ständige Rückmeldung, was man als Junglehrer noch besser machen kann.

    "Ich persönlich hab’ auch noch eben in meinem Englisch-Praktikum gesagt gekriegt: Sie sind ein wenig zu einschüchternd, weil Sie relativ laut sind, eine relativ laute Stimme haben, da müssen Sie ein wenig dran arbeiten. Da muss man sagen: Dann ist dann auch die Zusammenarbeit, die ganz enge Zusammenarbeit mit den Lehrern an den Schulen, wo man sein Praktikum macht, sehr sehr sinnvoll, da bekommt man dann halt die Tipps, die man so in der Universität nicht ausgeben kann."

    Fast alle Bundesländer haben die verpflichtenden Unterrichts-Praktika in den vergangenen Jahren erhöht und umfangreicher gemacht. Doch Praxiserfahrung allein verpufft meistenteils, solange sie unreflektiert neben dem Uni-Alltag herläuft. So war es fast überall, das hat eine Studie des Kölner Schuldidaktikers Johannes König ergeben. Für ihn und viele andere Hochschuldidaktiker sind die Praktika nur die Hälfte wert, wenn sie an der Uni nicht gründlich vor- und nachbereitet werden. Das hat sich insbesondere die Uni Köln in ihr Hausaufgabenheft geschrieben. Eine handverlesene Schar von 60 Studierenden, die Lehrer werden wollen, hat dort im "Modellkolleg Bildungswissenschaften" zwei Jahre lang erprobt, wie ein Studium und Unterrichtspraxis zusammenrücken könnten.

    Einmal in der Woche haben die Studierenden an einer Schule unterrichtet – und das dann noch einen Abend in der Woche an der Uni in einzelnen Seminargruppen ausgewertet. 30 Lehrkräfte haben dabei 60 Studierende unterstützt – ein Betreuungsschlüssel, von dem die Massenuni Köln sonst nur träumen kann. In Zukunft müssen die 10.000 Lehramtsstudierenden in Köln mit weit weniger exklusiver Ansprache auskommen. Was bleibt, ist aber der hohe Praxisanteil in ihrer Ausbildung – und viele Seminare in Psychologie und Pädagogik, die in dieser Form früher nur den angehenden Grundschullehrern – und -lehrerinnen vorbehalten waren. Hans-Joachim Roth, Dekan der Humanwissenschaftlichen Fakultät in Köln, leitet das Modellkolleg. Dass die Studierenden sich und ihre zukünftige Rolle als Lehrer schon an der Uni reflektieren, hält er für den größten Gewinn.

    "Also es gab einzelne Studierende, die schon angefangen haben zu überlegen, ist das wirklich was für mich, habe ich mir den richtigen Beruf ausgesucht, will ich wirklich Lehrerin oder Lehrer werden, aber wir haben niemanden, der am Schluss gesagt hat: Das ist nichts für mich. Sondern das ist eher so, bisschen Bahn und Tal, viele Beratungsgespräche, was muss ich eigentlich tun, auch in den nächsten Jahren noch, bis das Studium vorbei ist, aber es war niemand dabei, der gesagt hat: Nee, ich weiß ganz genau, das ist nichts für mich."

    Früher lief es an der Uni Köln wie an jeder durchschnittlichen deutschen Universität: Die Lehrerausbildung fristete dort ein Stiefmütterchendasein, die Lehrer bildeten keine Zunft nach eigenem Selbstverständnis. Die Lehramtsstudierenden gehörten nirgendwo richtig dazu; und viele Professoren ließen sie das auch spüren.

    "Man wird als Lehramtler bei einigen Menschen an der Uni auch anders angesehen als jemand, der sich der Wissenschaft widmen möchte."

    Angehende Lehrer, die sich von niemandem richtig ernst genommen fühlten – die sollen bald der Vergangenheit angehören. In der Fläche ist das noch eine Utopie, doch einige große deutsche Unis haben ihre Ausbildung schon komplett umgekrempelt. Die Ruhr-Universität Bochum ist eine der ersten deutschen Universitäten, die eine "Professional School of Education" gegründet hat; sie soll alle Facetten der Lehrerbildung in sich vereinen. Denn früher liefen Lehramtsstudierende bei den Germanisten, Anglisten oder Biologen einfach nur mit, weitgehend unkoordiniert. Doch die "Schools of Education" insbesondere in Bochum und München beginnen, dies zu ändern. Das bedeutet auch, dass viele Hochschulen mehr Geld für die Lehrerausbildung in die Hand nehmen. Und das, urteilt der renommierte Bildungsforscher Manfred Prenzel, der ehemals den deutschen Teil der PISA-Studie verantwortet hat, sei wirklich neu. Bislang hätten die Unis sich um die angehenden Lehrer nie richtig gekümmert, sondern sie nur deshalb gerne genommen, weil mit ihnen ein gutes Geschäft zu machen gewesen sei. Prenzel moniert,

    " (…) dass über viele Jahrzehnte inzwischen an den Universitäten Ressourcen der Lehrerbildung zweckentfremdet wurden und man eigentlich die Lehrerbildung fast schon hat verkommen lassen."

    Universitäten hätten das Geld, das die Länder in die Lehrerbildung gesteckt hätten, immer gerne genommen, und es dann oft in andere Fächer investiert, sagt Prenzel. An seiner Hochschule ist jetzt ausnahmsweise mal Geld dafür da, dass die Lehrerbildung ins Zentrum rückt: Mithilfe einer Zehnmillionenspende der Stiftung der BMW-Erbin Susanne Klatten hat Prenzel ein deutschlandweit einzigartiges Zentrum für die Lehrerbildung an der Technischen Universität in München aufgebaut – als Gegenprogramm zur gängigen Praxis. Für die meisten Professoren, so Prenzel, zähle eben nur die Forschung – nicht die Didaktik oder Pädagogik. Sein Kollege Jürgen Oelkers, seit Jahren eine Koryphäe der Bildungsforschung an der Uni Zürich, sagt: Auch die Ausbildung von Lehrern müsse sich wissenschaftliches Renommee erkämpfen.

    "Für mich die wichtigste Forderung der Qualitätssicherung ist die intellektuelle Aufwertung der Lehrerbildung. Die darf kein intellektuelles Randgebiet sein; sie hat auch deswegen an der Universität einen schweren Stand, weil sie oft mit kruder pädagogischer Programmatik und einer undurchsichtigen Reformsprache verknüpft wird, mit denen sich kein fachliches Niveau verbindet (…). Also ich würde sagen: Nur mit mehr Forschung, mehr und gezielter Forschung, lässt sich von Exzellenz in der Lehrerbildung reden."

    Genau deshalb legt Peter Drewek, Dekan der Bochumer Professional School of Education, so viel Wert darauf, dass sich die Zentrale Anlaufstelle für Lehramtsstudierende an seiner Uni auch in der pädagogischen Forschung beweist. Die sei innerhalb der Lehrerbildung viel zu lange nur ein völlig unterbelichtetes Randgebiet gewesen.

    "Wir haben hier mehrere Juniorprofessuren eingerichtet, und die Fakultäten waren dankbar dafür, endlich einmal bildungswissenschaftlich vorqualifizierte Fachwissenschaftler zu bekommen (…) und die (…) ein Ausweis auch der Forschungsqualität sind. Das ist ja der Hauptpunkt, dass die Lehrerbildung, weil nicht geforscht wurde, lange Zeit nur als ein Gebiet der Lehre und dann auch noch der halbierten Lehre, sprich Zweifachstudium, angesehen wurde."

    Früher sei die pädagogische Ausbildung bewusst schlank gehalten worden, weil die Fachwissenschaften überhaupt nichts von ihr gehalten hätten. Heute legt die Bochumer Professional School of Education viel Wert darauf. Gerri Hellwig profitiert davon, dass der Anteil der Pädagogik wächst.

    "Schon ein Drittel. Also es ist wirklich so, wir studieren wirklich ein drittes Fach im Master of Education, in dem wir neben unseren beiden normalen Fächern, die natürlich stark durchsetzt sind durch fachdidaktische Veranstaltungen, studieren wir zusätzlich noch ein in Anführungsstrichen abgespecktes erziehungswissenschaftliches Studium mit Fokus auf Bildungstheorie und Unterrichtstheorie auch."

    Nicht nur in Bochum, an vielen Orten in NRW sind die Hochschulen dabei, die Lehrerausbildung zu reformieren. Und das Ganze ist darüber hinaus ein bundesweiter Trend, ein echter Paradigmenwechsel in der Lehrerausbildung: Die Technische Universität München (TUM) war noch schneller als die Ruhr-Universität Bochum, als sie vor dreieinhalb Jahren eine eigene School of Education gegründet hat. Über die gelackte englische Bezeichnung mag man die Stirn runzeln, die Inhalte darf man ernst nehmen. Peter Drewek, Dekan der School of Education in Bochum.

    "Der Unterschied zu früher (…) ist eben der, dass die Lehrerbildung einerseits wirklich aufgewertet ist. (…) Man ist an Kompetenzen orientiert und nicht an einem irgendwie bunten Seminarprogramm, das vielleicht irgendwie einfallsreich ist, aber nicht zielführend ist, was soll denn vermittelt werden in der Ausbildung, es ist eine starke Forschungsorientierung dazu gekommen, das war früher ja überhaupt nicht der Fall, und es sind die Bildungswissenschaften aufgewertet worden."

    Und die Studierenden honorieren das. Überall dort, wo die Lehrerbildung aufgewertet wird, sind die Studienplätze begehrt. Es kommen motivierte und ehrgeizige Studierende. Das ist nicht nur für ihre Unis ein Glücksfall und später für die Schüler, sondern auch für uns alle. Denn die deutsche Gesellschaft braucht, so schätzen Experten, bis 2020 250.000 neue Lehrer. Insofern kommt die sogenannte Qualitätsoffensive für die Lehrerbildung, die Bundesbildungsministerin Annette Schavan kürzlich ausgerufen hat, auch nicht von ungefähr. Sie will die Unis mit 500 Millionen Euro zu weiteren Reformen motivieren, damit das Lehramtsstudium, wie sie sagt, nicht länger das "fünfte Rad am Wagen" sei. Voraussichtlich noch bis Ende des Jahres will die CDU-Politikerin die Gelder ausschreiben. Leuchttürme für die Lehrerbildung – die gibt es längst, aber durch Schavans Initiative sollen sie am Ende noch zahlreicher und sichtbarer werden. Eins jedenfalls scheint sich schon jetzt geändert zu haben, und das ist nicht wenig: Lehrer ist kein Beruf mehr, in dem man sich im Klassenzimmer allein auf weiter Front fühlt. Der angehende Lehrer Gerry Hellwig aus Bochum:

    "Wirkliche Einzelkämpfer wird es höchstwahrscheinlich als Folge der aktuellen Trends in der Lehrerausbildung nicht mehr geben. Beinahe jede Praxisphase wird inzwischen im Tandem durchgeführt, das heißt man geht wirklich auch als Team an eine Schule, kann sich gegenseitig unterstützen Man erarbeitet im Team Unterrichtsentwürfe (…) und das findet man auch hinterher in der Schule wieder."

    Aus Lehrern werden Teamplayer – das ist der eine Paradigmenwechsel. Der andere ist, dass die angehenden Lehrer von heute mehr denn je lernen, wie wichtig es ist, nicht nur Fachwissen "pur" zu vermitteln. Die frisch ausgebildeten Lehrer, so darf man hoffen, werden sich viel mehr dem einzelnen kleinen oder jungen Menschen verpflichtet fühlen als nur ihrem Fach.

    "Schule ändert sich durch die heranwachsende Generation, die das Zusammenstehen, das Zusammenarbeiten miteinander tatsächlich lebt. Das ist eigentlich eine sehr schöne Entwicklung."