Donnerstag, 28. März 2024

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Lern-Apps für Erwachsene 
Wissen in Häppchen

Lern-Apps gibt es nicht nur für Kinder und Jugendliche - auch Erwachsene nutzen Anwendungen zum Lernen gerne. Das Angebot ist groß, besonders Sprachen sind beliebt. Für eine Vertiefung von Wissen sind die Apps allerdings meist nicht geeignet.

Von Christoph Möller | 11.07.2017
    Ein Mann hält ein Smartphone mit der Applikation (App) «Babbel» zum Erlernen einer Fremdsprache vor einen Monitor.
    Mit vielen Lernapps für Erwachsene lassen sich Sprachen lernen. (dpa-Zentralbild/Arno Burgi)
    Und jetzt: Konzentration. Mit "Study Music", eine App mit Musik passend zum Lernen. Wer möchte, kann Vogelgezwitscher dazu schalten. Oder Regengeräusche. Oder binaurale Beats, Töne, die im linken und rechten Ohr mit leicht unterschiedlicher Frequenz schwingen und das Lernen stimulieren sollen. Geht auch ohne Musik. Und wird dann irgendwann unheimlich.
    Lern-Apps. Es gibt sie zuhauf. Vor allem für Kinder und Jugendliche. Mathe, Deutsch, Englisch. Erwachsene scheinen, glaubt man dem Suchergebnis im App-Store, vor allem Sprachen lernen zu wollen.
    Etwa mit "Babbel", einer der populärsten Sprachlern-Apps. Aber auch eine der besten. Es gibt sie für 13 Sprachen. Ich möchte mein Französisch auffrischen. Am Anfang: Einfache Aufgaben. Zahlen ordnen.
    Das ist mir etwas zu einfach. Ich wähle einen Kurs für Fortgeschrittene. Sätze nachsprechen. Das Mikrofon im Smartphone erkennt, wie gut meine Aussprache ist. Ein Foto zeigt eine lachende Familie.
    App: "Ils sont très contents." - Autor: "Ils sont très contents."
    Bestanden. Jetzt ein Foto von Menschen an einem See.
    "App: C’est une jolie photo." - Autor: "C’est une jolie photo.”
    Besonders gut für kleine Pausen im Alltag
    Was trivial wirkt, macht großen Spaß. Die App lässt sich intuitiv bedienen, der Lernerfolg ist schnell spürbar. Ein Volkshochschulkurs für die Tasche, der allerdings bis zu zehn Euro im Monat kostet, je nach Abomodell. Dafür kann ich eine neue Sprache lernen, wo und wann ich will.
    Lern-Apps sind besonders gut für kleine Pausen im Alltag. Wissen to go. Meint auch der Erziehungswissenschaftler Bernhard Schmidt-Hertha, der an der Uni Tübingen zu digitalen Medien in Lehr- und Lernkontexten forscht.
    "Mit einem Buch, glaube ich, nimmt man sich doch deutlich mehr Zeit und braucht auch deutlich mehr Zeit, um sich damit intensiver auseinanderzusetzen, als mit so einer App."
    Wissensaneignung funktioniere mit Apps schon sehr gut. Also etwa: Vokabeltraining, Lernen für den Führerschein, Sternenbilder erkennen.
    "Deutlich schwieriger wird es, wenn es um Kompetenzerwerb geht, wenn also auch das Können eine Rolle spielt, die Anwendung von Wissen. Da kommen viele Apps sehr schnell an ihre Grenzen."
    Viele Lern-Apps sind unübersichtlich
    Technisch geht zwar schon mehr. Physikalische Experimente per Virtual-Reality-Brille, Video-Seminare. Aber noch ist das sehr teuer. Bislang passt sich kaum eine App individuell an den User an. Doch das müsste eine gute Lern-App können, meint Schmidt-Hertha.
    "Als Erwachsener möchte ich nicht einfach mir irgendetwas aneignen, völlig losgelöst von den Kontexten, in denen ich mich bewege, von meinen Erfahrungen, von meinen Lebenswelten. Sondern ich möchte gezielt und auch relativ effizient, mir Wissen aneignen, das unmittelbar relevant ist."
    Viele Lern-Apps sind unübersichtlich, man verliert schon die Lust, wenn die Anmeldung nicht reibungslos klappt. Wirklich gute Apps findet man für Erwachsene kaum. Die meisten sind mühsam zu bedienen und lassen sich nicht personalisieren. Fast alle kosten Geld.
    Ganz umsonst und auch noch richtig gut ist hingegen die "Naturblick"-App vom Berliner Museum für Naturkunde. Mit ihr kann man Pflanzen und Tiere bestimmten. Vögel erkennt die App sogar anhand ihrer Laute.
    Dazu Informationen über Schmetterlinge, Amphibien und Säugetiere. Die "Naturblick"-App ist modern gestaltet, funktioniert in Berlin am besten, aber auch anderswo. Gegenüber den vielen anderen Lern-Apps wirkt sie unprätentiös. Und hat einen tollen Nebeneffekt: Man hockt nicht zu Hause vor dem Smartphone, sondern geht raus damit – in die Natur.