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Letzte Kabinettssitzung
Seehofers Abschied als Ministerpräsident

Es ist der letzte Tag von Horst Seehofer als Ministerpräsident in Bayern. Nach zehn Jahren tritt er in der Nacht auf Mittwoch zurück. In seiner Amtszeit führte er die CSU zurück zur absoluten Mehrheit und weiter nach rechts. Seinen Humor dagegen wird sogar die Opposition vermissen.

Von Tobias Krone | 13.03.2018
    Horst Seehofer (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt im Anschluss an eine CSU-Vorstandssitzung eine Pressekonferenz.
    Horst Seehofer hatte das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten seit 2008 inne (dpa-Bildfunk / Matthias Balk)
    Was Horst Seehofer gewesen ist, die letzten zehn Jahre – für Bayern, für die CSU, fragte ihn kürzlich etwas flapsig die "Süddeutsche Zeitung" im Interview: Retter in der Not oder doch eher Sargnagel? – Seehofer entschied sich für die goldene Mitte – ein Zitat "Notnagel" sei er damals gewesen, als er 2008 eher unverhofft ins Amt kam, oder besser gesagt, das Amt zu ihm. Einmal wieder zeigte der scheidende bayerische Ministerpräsident, zu welch beachtlicher Selbstironie er fähig ist. Auch Markus Rinderspacher, Fraktionsführer der bayerischen SPD, muss das zugeben.
    "Das ist eine politische Stärke oder besser eine menschliche Stärke von ihm. Die Fähigkeit, auch mal eine Distanz zu sich selbst oder zum politischen Geschehen aufzubauen."
    Richtig getrennt hat Seehofer seine Ämter selten
    Die Kunst des Raufburschen, augenzwinkernd das Spiel offenzulegen, das Politik gelegentlich ist. Die beherrscht Horst Seehofer bravourös. Und er bediente sich dieses Stilmittels reichlich in den vergangenen Jahren. Auch in Zeiten, in denen die politischen Verhältnisse alles andere als ein Spiel waren. Das Vorführen von Kanzlerin Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag 2015 hat einen bleibenden Riss in der Gemeinschaft der Unions-Parteien hinterlassen. Selbstverständlich sprach hier nicht nur ein bayerischer Ministerpräsident, sondern vor allem ein CSU-Vorsitzender. Doch richtig getrennt hat Seehofer seine Ämter selten. Etwa, als er terminbedingt 2016 nach dem islamistischen Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt in der Münchner Staatskanzlei nächtigte und morgens twitterte, man sei es den Opfern schuldig, die Zuwanderung nun neu zu justieren. Eine Äußerung, mit der Seehofer aus seiner Landesvaterrolle sehr weit nach rechts ausscherte. Für die linke Opposition im Landtag ist klar:
    "Herr Seehofer hat mit seiner CSU im Zuge der Flüchtlingskrise einen Rechtsruck vollzogen. Mitunter hat die CSU die Sprache der AfD übernommen. Es sind immer wieder rechtspopulistische Geister eingeladen worden nach Bayern, ich denke an Viktor Orbán."
    Außenpolitisch zeigte Seehofer klar recht Kante
    Den ungarischen Ministerpräsidenten und Rechtspopulisten nennt Seehofer einen Freund, auch Russlands Präsidenten Wladimir Putin besuchte Seehofer im Alleingang – und erntete bei Unionskollegen Kritik dafür. Doch nicht nur in der symbolischen Außenpolitik zeigte Seehofers Bayern klare rechte Kante. So dürfen in Bayern Gefährder potenziell unbegrenzt eingesperrt werden, anders als in anderen Bundesländern. Beim Thema Integration zeigt sich Bayern widersprüchlich. So bekommen junge Geflüchtete hier eine bundesweit vorbildliche Berufsvorbereitung, aber danach auch verhältnismäßig oft keine Ausbildungserlaubnis.
    Innenpolitisch bewies Seehofer einen sicheren Instinkt. Als seine CSU 2013 die absolute Mehrheit in Bayern zurückgewonnen hatte, schuf er das Amt des Heimatministers, um die strukturschwachen Gegenden besser zu fördern. Das gelang so gut, dass Finanz- und Heimatminister Markus Söder irgendwann genug Sympathiepunkte in der Provinz gesammelt hatte, um Seehofer mehr oder weniger friedlich aus dem Amt zu drängen. Dabei geholfen hat ihm dabei die Landtagsfraktion, mit der sich der Ministerpräsident in den letzten Monaten schwer tat. Immerhin, mittlerweile herrscht wieder Frieden, wohl auch, weil man Seehofer los ist. Fraktionschef Thomas Kreuzer spricht schon einmal in der Vergangenheitsform.
    "Horst Seehofer war ein Mensch, der immer zugehört hat, der größten Wert darauf gelegt hat, die Dinge mit den Menschen zusammen zu entscheiden."
    Auch diese Qualität prägte seine Politik. Und lähmte sie gleichzeitig. Wichtige Entscheidungen zu strittigen Themen wie über den Bau einer dritten Startbahn des Münchner Flughafens oder über einen dritten Nationalpark schob Seehofer so lange vor sich her, dass sie wohl erst sein Nachfolger Markus Söder treffen wird.