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"Letztendlich sollen wir sparen"

Ein ausgeglichener Haushalt sei das wichtigste Ziel der US-Politik, sagt Michael Ricks, Vorsitzender des Vereins Republicans Abroad in Deutschland. Steuererhöhungen lehnt er dennoch ausdrücklich ab. Die Verantwortung für die Geldprobleme der USA sieht er allein bei Präsident Obama.

Michael Ricks im Gespräch mit Christian Bremkamp | 30.07.2011
    Christian Bremkamp: Am Telefon begrüße ich jetzt Michael Ricks, er ist Vorsitzender des Vereins Republicans Abroad in Deutschland, eine Art Zusammenschluss von Anhängern der republikanischen Partei hierzulande. Guten Morgen, Herr Ricks!

    Michael Ricks: Schönen guten Morgen!

    Bremkamp: Washington hält an diesem Wochenende den Atem an, beschreibt unsere Korrespondentin die aktuelle Lage. Sind Sie an diesem Samstag entspannter?

    Ricks: Entspannt ist, glaube ich, keiner in diesem Moment. Wir erwarten auch alle, dass jetzt unserer Regierung eine Lösung vorliegt. Die Republikaner im House of Representatives haben das jetzt schon gemacht. Die Demokraten sind jetzt am Zuge, und letztendlich auch unser Präsident, der bisher keinen Plan vorgelegt hat.

    Bremkamp: Die Republikaner hatten jetzt vorgeschlagen, die Schuldengrenze um 900 Milliarden Dollar zu erhöhen. Das ist nicht ganz das, was sich Obama vorgestellt hat. Worum geht es den Republikanern: Darum, dem Präsidenten zu schaden?

    Ricks: Nein, eigentlich geht es um Vernunft. Hier geht es darum: Obama möchte immer mehr ausgeben, er möchte jetzt ein Scheckheft erhalten, wo er einfach Geld verteilt, das er nicht hat. Wir haben schon verstanden – das amerikanische Volk hat verstanden, und jeder Geschäftsmann versteht und jede Hausfrau versteht und jedes Kind versteht –, dass man nicht immer wieder mehr Geld ausgeben kann, als man selber hat.

    Bremkamp: Das ist unzweifelhaft richtig, nur ab Mittwoch könnte es sein, dass kein Geld mehr da ist. In dem Beitrag kam das gerade vor! Rentner könnten möglicherweise keine Renten mehr bekommen, die Soldaten keinen Sold. Wollen Sie dieses Risiko eingehen?

    Ricks: Das sind natürlich die Schreckensszenarien, die man gerne in den Medien verbreitet, in der Hoffnung, dass dies zu irgendeinem öffentlichen Aufschrei führt. Letztendlich haben wir den Aufschrei aber schon gehört: Das Volk will nicht, dass wir weiterhin Geld ausgeben, das wir nicht haben, und damit unsere Kinder und unsere Enkelkinder damit belasten!

    Bremkamp: Da wären doch Steuererhöhungen für Besserverdienende möglicherweise ein probates Mittel, um mehr Einnahmen zu erzielen – aber das wollen die Republikaner auch nicht!

    Ricks: Letztendlich wollen alle eins, und das ist, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben. Um dies zu erreichen aber, heißt es nicht nur, dass wir mehr Geldeinnahmen haben, sondern dass die sinnvolle Lösung ist, dass wir weniger Geld ausgeben. Es ist bekannt, dass wenn der Staat die Steuern erhöht, dass es auch unserer Wirtschaft schadet, dass es die Produktivität der amerikanischen Wirtschaft reduzieren wird, dass es Firmen dazu bringt, ins Ausland zu ziehen, dass es unser Exportgut ungünstiger macht für andere Länder – da wollen wir nicht hin!

    Bremkamp: Nur, die Frage bleibt bestehen: Wo soll das Geld herkommen?

    Ricks: Letztendlich sollen wir sparen. Das ist etwas, was für uns ansteht, das steht auch in Deutschland an, das steht in Griechenland an und in Portugal und in England – wir sollten jetzt etwas fiskale Verantwortung, etwas Finanzverantwortung nachweisen.

    Bremkamp: Und wo kommt das – ich frage noch mal nach! – wo kommt das benötigte Geld ab Mittwoch her?

    Ricks: Das benötigte Geld - in Anführungszeichen - ist letztendlich fiktiv. Das ist alles eine Frage von internen Verrechnungen. Aber am Ende des Tages drucken wir Geld, wir werden auch eine Erhöhung der Schuldengrenze vorübergehend zusagen, aber ungünstig wäre, wenn wir einfach ein Scheckheft mit Blankoschecks dem Obama überreichen und sagen: Geben Sie soviel aus, wie sie wollen, bis Sie durch diesen nächsten Wahlgang gekommen sind.

    Bremkamp: Herr Ricks, Geld drucken – Hm, da werden einige Finanzwissenschaftler vielleicht mit dem Kopf wackeln. Es geht ja auch um was Anderes: Diese mögliche Zahlungsunfähigkeit erschreckt nicht nur die Menschen in den USA, sondern auch die Kapitalmärkte, die Wirtschaften in anderen Ländern. Kann sich Amerika das leisten, dieses Signal auszusenden? Ich erinnere nur mal gerade dran, was wir gerade in Europa haben, Stichwort Griechenland!

    Ricks: Das ist zweifelsohne ein ungünstiges Signal, zu sagen, dass die Vereinigten Staaten, die bisher immer ihrer Verbindlichkeiten gerecht war und dies übrigens auch zukünftig sein wird, dass die USA also selber Finanzprobleme hat. Aber wir werden weiter als amerikanische Staaten für Stabilität, Innovation und Wachstumspotential geschätzt und werden nach wie vor als einer der stärkeren Wirtschaftspartner für andere Länder gesehen.

    Bremkamp: Ich frage Sie noch mal: Geht es Ihnen um die Wirtschaft des Landes oder geht es den Republikanern nicht doch in der Tat darum, den Präsidenten – Präsident Obama – zu beschädigen?

    Ricks: Es geht auf jeden Fall um die Wirtschaft! Die Diskussion ist eine wirtschaftliche Diskussion. Die Republikaner bleiben sachlich, und letztendlich ist es Obama überlassen, ob er einen Plan vorlegen möchte, oder ob er sich weiterhin selbst schädigt.

    Bremkamp: Die Republikaner bleiben sachlich, sagen Sie. Aber bis vor Kurzem waren – eigentlich genauer gesagt bis gestern – waren Sie untereinander auch noch zerstritten, das hat das ganze ja noch etwas schlimmer gemacht. Wie erklären Sie das, dass Ihre Partei sich selber jetzt nicht mehr versteht?

    Ricks: Was heißt nicht mehr versteht? Wir sind eine Demokratie. Alle Repräsentanten sind nach Washington mit einem Auftrag gekommen, dieser wurde von Wählern erteilt. Die haben auch diesen Auftrag zu erfüllen! Die haben auch unterschiedliche Botschaften mit sich gebracht. Sie versuchen eine Lösung zu finden, die für alle Aufträge gerecht ist. Und so funktioniert eine Demokratie. Wir sind nicht ein Land, wo eine Partei alles vom Kopf aus bestimmt und das dem Volk hinterlässt.

    Bremkamp: Wann kommt denn diese Lösung Ihrer Meinung nach, und wie wird die möglicherweise aussehen?

    Ricks: Das ist eine berechtigte Frage. Im Moment warten wir darauf, dass wir etwas vom Senat und von dem Präsidenten sehen. Wir wissen alle, dass wir bis Dienstag gerne eine Lösung herbeigeführt haben wollen, aber wie gesagt, wir warten.

    Bremkamp: Also die Pleite steht am Dienstag oder spätestens am Mittwoch ihrer Meinung nach nicht vor der Tür?

    Ricks: Ich sehe keine Pleite vor der Tür, sondern ich sehe jetzt eine neue Verantwortung für unsere Geldpolitik in den Vereinigten Staaten, für unsere Finanzwirtschaft in den Vereinigten Staaten. Und entweder wird jetzt Präsident Obama etwas tun, um Führung zu übernehmen, oder er wird einfach von den Ereignissen überrollt.

    Bremkamp: Wenn es in diesem Fall jetzt zu einem Kompromiss zwischen Republikanern und Demokraten kommen sollte, gehen Sie davon aus, dass beide Seiten oder dass die republikanische Seite sich auch künftig kompromissbereit zeigen wird? Oder steht der nächste Streit vielleicht schon ins Haus?

    Ricks: Die Politik in den Vereinigten Staaten war immer eine Kompromisspolitik, es ist nie einfach, Kompromisse zu erreichen, in denen jeder was geben muss, aber ich bin fest davon überzeugt, dass alle Beteiligten hier Kompromissbereitschaft zeigen müssen. Aber was nicht einfach geopfert werden darf, ist die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.

    Bremkamp: Michael Ricks war das zum anhaltenden US-Schuldenstreit. Er ist Vorsitzender des Vereins Republicans Abroad in Deutschland. Herr Ricks, ich danke Ihnen und wünsche ein entspanntes Wochenende!

    Ricks: Danke, Ihnen auch!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.