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Liberia
Präsident George Weah will das Land aus der Armut führen

Zwei Bürgerkriege, eine langjährige Diktatur und die Ebola-Epedemie - Liberias Geschichte ist von Gewalt und Elend geprägt. Hoffnung setzen die Wähler in den neuen Präsidenten Georg Weah. Der einstige Weltfußballer sagte der Armut den Kampf an.

Von Stefan Ehlert | 06.01.2018
    Die Unterstützer des Siegers von Liberias Präsidentschaftswahlen George Weah feiern nach der Verkündung der Ergebnisse der zweiten Runde am 29. Dezember 2017 außerhalb des Weah-Hauptquartiers in Monrovia.
    Vom Weltfußballer zum Präsidenten: Der für sechs Jahre gewählte George Weah wird am 22. Januar die Nachfolge von Ellen Johnson Sirleaf antreten (AFP / Seyllou)
    Aus dem Feiern kommen sie gar nicht mehr heraus, die Anhänger George Weahs auf den Straßen von Monrovia. An ihren Erwartungen wird er sich messen lassen müssen, der Weltfußballer, der es aus einem Armenviertel bis an die Staatsspitze gebracht hat.
    "He came from nowhere. So we believe in him that he can be a good president for this country."
    "I am so happy, George Manneh Weah, our incoming president."
    Der Andrang beim ersten Auftritt nach der Wahl war so groß, dass Weah die Bühne vor dem Hauptquartier seiner Partei, der Koalition für demokratischen Wandel, aus Sicherheitsgründen verlassen musste, mit einem Stapel Zettel unterm Arm. Seine erste Rede als künftiger Präsident – er konnte sie an dem Tag nicht halten.
    Zuvor hatte ihm sein Widersacher gratuliert, Joseph Boakai, 73 Jahre alt, bisher Vizepräsident unter Afrikas erster gewählter Staatschefin Ellen Johnson-Sirleaf, er räumte seine Niederlage ein, machte den Weg frei für einen Generationswechsel:
    "I called George Manneh Weah of the Coalition for Democratic Change to congratulate him. He is the winner of the presidential contest."
    Das war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Liberias erstem friedlichen Machtwechsel in mehr als 70 Jahren – der Gegner gibt auf, auch wenn er dazu womöglich ein wenig gedrängt werden musste. Von Beratern aus dem mächtigen Nachbarland Nigeria.
    Liberia – eine Geschichte der Gewalt
    Weahs Vorsprung bei der Stichwahl am zweiten Weihnachtstag war überwältigend, mit mehr als 61 Prozent der Stimmen hat er eine klare Legitimation für die Umsetzung seiner weitreichenden Versprechen – immer wieder hatte er betont, er wolle sein Land umwandeln – aber demokratisch, ohne Gewalt:
    "I have no history of violence."
    Der ehemalige Fußball-Profi George Weah während der Bekanntgabe der Wahlergebnisse in der Hauptstadt Monrovia. 
    Vor einer Woche wurde George Weah offiziell zum Sieger der Präsidentschaftswahl in Liberia erklärt (AFP / Seyllou)
    Liberia selbst hat eine Geschichte der Gewalt, ihr fielen in zwei Bürgerkriegen bis 2003 rund 250.000 Menschen zum Opfer, während George Weah im Ausland Pokale sammelte. AS Monaco, Paris St. Germain oder AC Mailand, Weltfußballer und Afrikas Fußballer des Jahrhunderts – der heute 51 Jahre alte George Weah hat im Sport mehr erreicht, als er je zu träumen gewagt hätte. Und nun das Establishment entmachtet. Das hat in seinem von befreiten amerikanischen Sklaven gegründeten Staat noch immer den Ton angegeben.
    Unterstützung aus dem Lager des inhaftierten Ex-Präsidenten Taylor
    Zwei Mal verlor Weah bei Wahlen, er musste erst noch einen Schul- und einen Universitätsabschluss machen, bis sie ihn 2014 zum Senator wählten. Als Hinterbänkler hat er im Oberhaus kaum politisches Profil gewonnen, aber, sagt die liberianische Analystin Robtel Pailey, er gewann einflussreiche Verbündete, darunter die geschiedene Frau von Charles Taylor, dem zu 50 Jahren Haft verurteilten Ex-Machthaber.
    Liberias Ex-Präsident Charles Taylor muss sich vor einem Spezialgericht im niederländischen  in Leidschendam verantworten.
    Liberias Ex-Präsident Charles Taylor wurde von einem Spezialgericht wegen Kriegsverbrechen schuldig gesprochen. (AP)
    "Jewel Howard-Taylor ist eine politische Waffe, mit der zu rechnen ist. Sie hat zwei Mal Senatorenwahlen gewonnen – sie ist die Exfrau des Ex-Präsidenten, aber sie hat sich ihre eigene politische Machtbasis geschaffen."
    Ob sie nun der verlängerte Arm von Charles Taylor ist oder nicht – die designierte Vizepräsidentin ist in jedem Fall eine Säule von Weahs Sieg, denn sie hat ihm wichtige Wählerstimmen aus ihrem Lager zugeführt. Was macht er nun mit der Macht?
    "I declare publicly that transforming the lives of all Liberians is the singular mission of my presidency."
    Mehrheit der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze
    Transforming the lives, er werde ihr Leben verbessern, kündigt er den rund 4,6 Millionen Bürgern an, mit Investitionen in die Landwirtschaft und in die Infrastruktur.
    Liberia ist etwas größer als das deutsche Bundesland Bayern, doch das Straßennetz ist so schlecht, dass viele Orte in der Regenzeit kaum erreichbar sind. Die große Mehrheit der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, obwohl Liberia reich ist an Bodenschätzen, Kautschuk, fruchtbaren Böden.
    Von den Folgen der Ebola-Epidemie mit mehr als 4.000 Toten hat sich die Wirtschaft noch nicht erholt. Ebola hat dafür deutlich werden lassen, wie schwach etwa das Gesundheitssystem auch zehn Jahre nach dem Krieg noch aufgestellt war – für viele Wähler ein Grund mehr für den Machtwechsel.
    "I can only say thanks to the people of Liberia who made this historic day possible."
    Amtseinführung am 22. Januar
    Als Weah seine Siegerrede dann doch noch hält, am nächsten Tag, diesmal im abgeschirmten Sitzungszimmer seiner Parteizentrale, da ist sie voll von Pathos und Gottesbezügen:
    "Jesus is alive."
    Jesus ist mit uns, sagt er wiederholt, lässt aber auch durchblicken, dass der Glaube allein nicht ausreichen werde, Liberia aus der Misere zu befreien:
    "To Investors, we say Liberia is open. I'm ready for business. To our diaspora Liberians we say come home."
    An Investoren und die Landsleute im Ausland appellierte Weah, Liberia zu unterstützen. Auch an die Geber, sie finanzieren fast die Hälfte seines Staatshaushaltes. Ihnen versprach er, was werdende Staatschefs in Afrika oft sagen, effektive Maßnahmen gegen die Korruption:
    "Slackers and persons looking to cheat the Liberian people by means of corruption will have no place."
    Faulpelze und Leute, die das liberianische Volk betrügen wollen mit den Mitteln der Korruption, die haben bei uns keinen Platz. Am 22. Januar wird George Weah in sein Amt eingeführt, dann muss er den Versprechungen Taten folgen lassen.