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Libor-Zinsskandal beschämt Londoner City

Der britische Untersuchungsausschuss zum Zinsskandal führender britischer Banken spricht sich neben besseren Regelungen auch für strafrechtliche Konsequenzen aus. Die Aufsichtsbehörden stehen ebenfalls in der Kritik.

Von Friedbert Meurer | 20.08.2012
    Die Kritik des Untersuchungsausschusses ist vernichtend: Das Verhalten der Bankbosse sei beschämend, sie hätten das Ansehen Großbritanniens beschädigt. Leitende Manager der Barclays Bank haben danach nachweislich Anweisungen erteilt, die Basisdaten für den Liborsatz zu manipulieren.

    122 Seiten umfasst der Bericht, ein Dokument über kriminelle Machenschaften und inkompetente Aufsichtsbehörden. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der konservative Unterhausabgeordnete Andrew Tyrie:

    "Wir brauchen einen neuen Besen, um zu regulieren. Die lieferten schöne Diagramme, viele Daten. Aber es scheint ein Paralleluniversum gegeben zu haben, dahinter sahen die Bankaktivitäten anders aus. So hat Barclays gearbeitet."

    Vier Jahre lang, zwischen 2005 und 2008, meldete Barclays, die drittgrößte Bank Großbritanniens, gefälschte Zahlen, um den Libor zu manipulieren. Die Vorwürfe sind gegen Barclays gerichtet, aber der Abschlussbericht stellt klar, dass andere Banken, auch internationale, ähnliche Praktiken angewandt hätten.

    Dem früheren Vorstandsvorsitzenden Bob Diamond wirft der Ausschuss vor, als Zeuge höchst selektiv ausgesagt zu haben. Die Bank habe regelrecht versucht, den Ausschuss hinters Licht zu führen. Diamond weist das in einer kurzen Stellungnahme von sich: Er habe umfassend und wahrheitsgemäß vor dem Ausschuss ausgesagt.

    Hart ins Gericht geht der Abschlussbericht auch mit der Bank von England und der Finanzaufsichtsbehörde FSA. Ihre Kontrolle sei stümperhaft gewesen. Sie hätten nur auf öffentlichen Druck hin reagiert. Die Bank of England habe sich naiv und zu inaktiv verhalten. Schlimmer noch sei das Versagen der FSA, weil sie nicht den zahlreichen Gerüchten und Hinweisen nachgegangen sei.

    Als dann endlich alles aufflog, legte der Gouverneur der Zentralbank, Mervyn King, Barclays die Entlassung von Vorstandschef Bob Diamond nahe. Das stand ihm nicht zu.

    "Der Gouverneur der Bank of England hat nicht das Recht, herumzulaufen und faktisch eine Entlassung herbeizuführen. Das war sehr willkürlich, auch wenn viele das gut fanden. Nächstes Jahr ist das anders, dann kann der Gouverneur mithilfe eines Gremiums eine Entlassung ansprechen, aber nicht im Moment."

    Der Untersuchungsausschuss fordert Konsequenzen: bessere Überwachung der Banken, harte Strafen, wenn Banken nicht kooperieren. Der Liborsatz soll anders berechnet werden, diesen Auftrag hat aber die FSA schon. Schließlich spricht der Ausschuss von Lücken im Strafrecht. Andrew Tyrie:

    "Wir müssen sicher auf das Strafrecht schauen. Das Strafrecht muss verschärft werden. Aber wir brauchen intelligente und effektive Überwachungsregeln. Die Mitarbeiter müssen ihr Gehirn einschalten und nicht einfach irgendwelche Kästchen abhaken."

    In fünf Wochen, so stellt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses in Aussicht, wird eine andere Kommission Vorschläge unterbreiten, wie hart Zinsmanipulationen künftig unter Strafe gestellt werden sollen.