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Gutachten
Regierungsberater: Sozialen Wohnungsbau zurückfahren

Ein Beratergremium der Bundesregierung empfiehlt in einem Gutachten, die Mietpreisbremse zu streichen und den sozialen Wohnungsbau zurückzufahren. Vielmehr solle das Wohngeld angepasst werden. Die Vorschläge stoßen vor allem beim Deutschen Mieterbund auf Kritik.

Von Von Panajotis Gavrilis | 23.08.2018
    Blauer Himmel und am unteren Rad eine Skyline im Märkischen Viertel in Berlin.
    Der Vorschlag der Regierungsberater stößt auf Kritik beim Deutschen Mieterbund (imago / Chromorange)
    Der soziale Wohnungsbau soll zurückgefahren, die Mietpreisbremse ersatzlos gestrichen werden. Vor allem diese zwei Vorschläge des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie haben es durchaus in sich.
    "Nur der Marktmechanismus schafft es, dieses Verteilungsproblem oder das Knappheitsproblem zu lösen. Alle Maßnahmen, mit denen man die Preissteigerungen verhindert, lösen ja das Verteilungsproblem nicht", sagt einer der Autoren Friedrich Breyer.
    Bodensteuer statt Grundsteuer
    Die Ausrichtung in der Wohnungspolitik ist für den Wissenschaftler klar: So viel Staat wie nötig, so viel Markt wie möglich. Auf der Vorschlagliste steht auch: Bodensteuer statt Grundsteuer, damit sich das Spekulieren mit leerstehenden Gebäuden nicht lohnt. Oder auch: Die Grunderwerbssteuer in allen Bundesländern auf etwa 3,5 % zu senken.
    Auch eine wirkungsvolle Mietpreisbremse würde die Anreize für Neubauten verringern und die Wohnungs-Knappheit in Ballungsgebieten nur weiter verschärfen, sagt Breyer. Sozialer Wohnungsbau führe zu sozialen Ghettos und es gäbe Fehlbelegungen. Das heißt: Viele, die sich auch teurere Wohnungen leisten könnten, kriegen eine mit sozialer Bindung.
    "Sozialer Wohnungsbau kann niemals dazu führen, dass alle Bedürftigen eine Sozialwohnung bekommen. Also Sozialer Wohnungsbau löst das Problem nicht, um das es geht. Und deswegen muss man sich eben nach einem anderen Instrument umschauen. Wir sind der Meinung, Sozialer Wohnungsbau soll zurückgefahren werden. Wenn überhaupt Politiker meinen, Sozialen Wohnungsbau aus wahltaktischen Gründen, sagen wir mal, aufrecht erhalten zu müssen, dann nur mit einer konsequenten Fehlbelegungsabgabe und in durchmischten Wohngebieten."
    Anpassung des Wohngeldes als Alternative
    Vielmehr wünscht sich Breyer, das Wohngeld anzupassen – also auch zu erhöhen.
    "Also der Markt sorgt dafür, dass die Bürger nach ihrer Zahlungswilligkeit
    Eben und Unzahlungsfähigkeit die Güter verteilt bekommen. Wobei die Zahlungsfähigkeit durch Wohngeld verbessert werden kann. Also Wohngeld stellt einen sozialen Ausgleich in der Zahlungsfähigkeit zwischen den Einkommensklassen dar."
    Kritik durch Mieterbund
    Die Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium stoßen vor allem beim Deutschen Mieterbund auf Kritik. Der freie Markt regelt nicht den Wohnungsmarkt, der Staat muss regulieren, sagt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des DMB.
    "Die Mittel für den Sozialen Wohnungsbau sind eher zu erhöhen als den zu reduzieren. Also insofern bin ich völlig anderer Auffassung als der Wissenschaftliche Beirat. Und das Allheilmittel statt Sozialen Wohnungsbau erhöhen wir das Wohngeld – das ist ein Argument – ja, aus der tiefsten politischen Mottenkiste, die man sich überhaupt vorstellen kann.
    Auch wenn Wohngeld erhöht würde: Wohngeld baut keine neuen Wohnungen. Wir brauchen aber neue Wohnungen und wir brauchen neue bezahlbare Wohnungen. Die entstehen nicht durch Wohngeld, sondern die entstehen durch den Sozialen Wohnungsbau."