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Liechtenstein
Meldepflicht für schwere Steuerdelikte

Lichtenstein zählte lange zu den Steueroasen. Doch dann wurde faktisch das Bankgeheimnisses 2009 abgeschafft und der kleine Staat bekannte sich zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs. Nun sollen auch schwere Steuerdelikte im Fürstentum meldepflichtig werden - und genauso strafbar wie das Waschen von Drogengeldern.

Von Wolfgang Frey | 08.10.2014
    ILLUSTRATION - Ein Eurozeichen spiegelt sich am 08.01.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) im Auge einer Frau (Aufnahme gespiegelt). Foto: Daniel Reinhardt/dpa
    Liechtenstein soll unter internationalem Druck erneut seine Gesetze verschärfen. (dpa/Daniel Reinhardt)
    Ein ganz normaler Vormittag im Liechtensteiner Hauptort Vaduz. Unterhalb des Rathauses fahren die Touristenbusse im Zehn-Minutentakt vor. Darin Deutsche, Japaner, Chinesen. Sie bewundern das Fürstenschloss oben am Hang und die schicken Fassaden der allgegenwärtigen Banken und Treuhandbüros, denen die Regierung schon vor Jahren eine sogenannte Weißgeldstrategie verordnet hat. Hinter diesen Fassaden fällt dieser Wandel - von der geschmähten "Steueroase" zur sauberen "Vermögensoase", - teils aber immer noch schwer. Zurzeit ist die Nervosität besonders groß.
    Denn wieder einmal soll Liechtenstein unter internationalem Druck seine Gesetze verschärfen. Der frühere Justizminister Heinz Frommelt, selbst Partner eines Anwalts und Treuhandbüros verfolgt die Debatte aufmerksam:
    "Es ist auf jeden Fall ein Paradigmenwechsel der besonderen Art, weil jetzt zum ersten Mal die Personen selbst, die Handlungen begehen, in Liechtenstein sich strafbar machen können, wenn sie bestimmte Handlungen, also insbesondere auch eine Meldung einer gegebenenfalls erfolgenden Vortat nicht durchführen."
    Steuerhinterziehung meldepflichtig
    Hintergrund sind neue Richtlinien der Financial Action Task Force, die unter dem Dach der OECD nicht nur gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgeht, sondern auch gegen Steuerhinterziehung. Liechtenstein stand schon einmal auf der schwarzen Liste der Steueroasen. Und solch ein Eintrag gilt als Imageschaden der besonderen Art. Deshalb, sagt der Präsident der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht Urs Roth, werde man auch kooperieren und schwere Steuerdelikte in Liechtenstein als geldwäscherelevant einstufen und damit im Land gegenüber den Behörden meldepflichtig machen.
    "Das ist eine klare Reputationsgeschichte. Wer sich diesen Regeln nicht unterzieht, nicht auch freiwillig mitmacht, der verliert Reputation. Fürs Geschäft bedeutet das letztlich einen Niedergang."
    Der Finanzplatz soll also weiterhin attraktiv bleiben, im Gegenzug werden Banker und Treuhänder künftig persönlich in die Pflicht genommen. Der frühere Justizminister Heinz Frommelt beschreibt die Überlegung dahinter so:
    "Da schlagen die Granaten sozusagen zu Hause ein; die Idee dahinter ist, dass nur dann, wenn ein betreffender Mitarbeiter Angst haben muss, selber sich strafrechtlich verantwortbar zu machen, sich dann auch korrekt verhält."
    Schweres Steuerdelikt
    Bleibt die entscheidende Frage, was denn nun genau ein "schweres Steuerdelikt" ist. Bei der Definition hat jedes Land einen gewissen Spielraum. In Liechtenstein berät derzeit eine Arbeitsgruppe hinter verschlossenen Türen über die Details. Bislang ist nur wenig nach draußen gedrungen: Der Tatbestand des Steuerbetrugs muss wohl erfüllt sein, also das Fälschen von Bankdokumenten oder Bilanzen. Und der Banker oder Treuhänder, der dabei hilft, muss dies wohl wissentlich tun. Darauf drängen dem Vernehmen nach vor allem die Treuhänder. Einen solchen Vorsatz in einem Strafverfahren zu beweisen, gilt allerdings als schwierig. Es hängt also viel von Details wie diesen ab, wie effektiv die neuen Regeln einmal greifen werden.
    Entsprechend hart wird gerungen. Für den Präsidenten der Finanzmarktaufsicht Urs Roth, keine Überraschung:
    "Wir sprechen ja auch von einem Strukturwandel und ein Strukturwandel ist immer schmerzhaft."
    Vor allem dann, wenn ein jahrzehntelang lukratives Geschäftsmodell erst scheibchenweise und nun auch endgültig zu Grabe getragen werden soll. Aber, sagt Urs Roth noch, für Liechtenstein sei das jetzt eben auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.