Freitag, 19. April 2024

Archiv


Lieder von Ottorino Resphigi

Wer sich der Oper verschreibt, taugt kaum zum Meister der Miniatur. Im Falle Ottorino Resphigis, 1879 geboren zu Bologna, 1936 verstorben in Rom, gilt dieser Satz nur partiell. Die knapp 50 Lieder, die der Schüler Max Bruchs und Rimsky Korsakows schreibt, sind im Gesamt-Oeuvre zwar nur ein Nebenprodukt, erlauben jedoch manchen Einblick in die Werkstatt und künstlerische Biographie. Sie belegen Respighis Neigung zu romantischer Rückschau und seine stilistisch geradezu multikulturelle Orientierung. Von Lied zu Lied, manchmal sogar innerhalb einunddesselben wechselt der Standort. Klein ist der Schritt von Rimsky- Korsakows Colorit zur Harmonik in der Art Richard Strauss', von der romantischen Geste Franz Liszts zum zarten Impressionismus Claude Debussys. Der internationale Aspekt nimmt noch zu, wenn sich zwei ungarische Künstlerinnen der Miniaturen Respighi's annehmen. So geschehen auf einer im Budapester HUNGAROTON-Studio eingespielten Solo-CD, auf der die Sopranistin Veronica Kinces und Anikó Péter Szabó auf dem Klavier knapp die Hälfte des kaum bekannten Liedwerks reaktivieren. Ein Ausschnitt daraus, und zwar aus den 1920 auf Texte d'Annunzios komponierten 'Quattro liriche: Sopra un'aria antica' - ein quasi post-moderner Rückblick auf Geist und Klang der italienischen Renaissance, in dem sich Strophe, Rezitativ und Arioso miteinander vermischen. * Musikbeispiel: Ottorino Resphigi - 'Sopra un'aria antica' 'Sopra un'aria antica'. Lieder und Songs von Ottorino Respighi, erschienen beim ungarischen Label HUNGAROTON Classic mit der Sopranistin Veronica Kinces und Anikó Péter Szabó am Klavier.

Frank Kämpfer | 16.04.2000