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Lifstyle-Trend "Dad Bod"
Trend zum Unperfekten

Zurück zur Normalität: In den USA dürfen Männer nun wieder mehr auf den Rippen tragen - zumindest suggeriert das der Hype um den "Dad Bod", ein Begriff aus den Wörtern Daddy (Vater) und Body (Körper). Doch das neue Schönheitsideal hat auch seine Problemzonen.

Von Christian Lehner | 27.05.2015
    Amerikas schrille Nachrichten-Shows sind um ein schrilles Thema reicher: Der "Dad Bod" ist in aller Munde. Ende März erklärte die Studentin Mackenzie Pearson in ihrem Blog den leicht übergewichtigen Mann zum neuen Sexsymbol und prägte dafür den Begriff Dad Bod. An weiche Männer könne man sich nicht nur besser anlehnen, sie seien auch weniger mit sich selbst beschäftigt und Frauen würden daneben umso heller strahlen.
    Die Kunde vom schwabbeligen Schönheitsideal verbreitet sich rasend schnell über Social Media und die Mainstream-Medien. Auch der populäre Fernseh-Comedian Jon Stewart fühlt sich wie zu Weihnachten:
    "It's like christmas came earlier this year, for dudes, yeah!"
    Was ist also dran, am neuen Köperkult und wie sieht er aus? Nun, Männer zwischen 30 und 40, die den Weg ins Fitnessstudio oder den Sportverein nicht mehr so häufig finden wie früher, wissen das ganz genau. Wo ehemals ein Sixpack für eine scharf akzentuierte Hügellandschaft in der Bauchgegend sorgte, haben wir es nun mit einer kleinen Kuppel zu tun.
    Der Vorteil? Man braucht nicht mehr auf die Anzeige der Waage schauen, so der Showmaster Jimmy Fallon:
    "Pro: you never worry about what you see on the scale."
    Der Nachteil? Man könnte jene auch gar nicht mehr sehen vor lauter Schmerbauch!
    Eine willkommene Fluchtbewegung hin zum unperfekten Körper
    Man muss übrigens kein Vater sein, um die Silhouette eines Dad Bods durch die Gegend schleppen zu dürfen. Der letzthin etwas fülligere Leonardo DiCaprio und sein Schauspielkollege Seth Rogen sind die Posterboys des neuen Körperideals, obwohl sie bis jetzt noch keine Kinder haben. Es geht also um die Form, nicht den Inhalt!
    Warum ein knapper Blogeintrag zu einem riesen Hype werden konnte, beschäftigt nun Soziologen und Lifestyle-Experten. Die tradierten Geschlechterrollen geraten ins Wanken, so ein Erklärungsansatz. Männer übernehmen mehr Verantwortung in der Familie und dürfen weicher erscheinen als bisher. Konträr dazu steigt der Performance-Druck und das Monitoring in allen Lebensbereichen. Instagram-Filter und Selfie-Manie veranlassen uns zu immer perfekteren Abbildern von uns selbst. Der Dad Bod ist eine willkommene Fluchtbewegung hin zum unperfekten Körper.
    Kommen wir zu den Problemzonen des Speckröllchen-Trends. Wie der Name andeutet, beschränkt er sich auf Männer. Schon fordern Feministinnen die Anerkennung des Mom Bods.
    "How do I get a Mom Bod? You push out a kid!"
    Und wer dachte, der Dad Bod wäre eine Einladung ins All-You-Can-Eat-Buffet auf Lebzeit, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Toleriert wird bloß ein kleines Bäuchlein. So ein Dad Bod will also trainiert werden. Der Trend zum Unperfekten, in den USA funktioniert selbst das nicht ohne Leistungsgedanken. In Deutschland ist man hingegen schon weiter. Hier zählt der Dad Bod seit eh und je zum Standardrepertoire. Einen Hype dafür braucht es also nicht.