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Liga streitet um Financial Fairplay

Eine Regelverzerrung wittert Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser bei der zukünftigen Anwendung der Financial Fairplay-Regelung. Die neue Vorschrift besagt, dass zukünftig die Einnahmen nicht die Ausgaben übersteigen dürfen. Umstritten ist, wie die Zuwendungen von Konzernen wie Bayer oder Volkswagen zu bewerten sind.

Von Heinz Peter Kreuzer | 11.06.2011
    Das Präsidium der Deutschen Fußball-Liga trifft sich in der kommenden Woche zu einer Geheimsitzung. Ein Tagesordnungspunkt ist die neue Financial Fairplay-Regelung der Europäischen Fußball-Union Uefa. Bei dieser Regelung werden nur fußballspezifische Einnahmen für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Profivereine herangezogen. Das Präsidium berät speziell über die Klubs aus Leverkusen und Wolfsburg, und die Frage, wie die Zahlungen der Konzerne Bayer und Volkswagen zu bewerten sind. Ob sie zu den fußballspezifischen Einnahmen gehören oder nicht? Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser wehrt sich gegen eine mögliche Benachteiligung, falls diese Einnahmen nicht eingerechnet werden:

    "Wenn das eine Wettbewerbsverfälschung darstellen sollte, dann muss man sehr konkret fragen, ob Zuwendungen der öffentlichen Hand, die im wahrsten Sinne des Wortes, direkt in dem man Gelder tatsächlich gibt, wie es angeblich in Schalke gewesen sein soll, oder Steuern erlassen wird, oder Stadionmieten gestundet werden, oder Stadionmieten nicht kostendeckend getragen werden, das sind genauso finanzielle Zuwendungen, die nicht aus dem Fußball kommen, wie die Zuwendungen eines Dax-Konzerns. Da wird man sicherlich sehr sorgfältig dann prüfen müssen, und das werden wir auch sorgfältig tun, sollte irgendjemand auf die Idee kommen, die Zuwendungen der Bayer AG oder VW oder wer das auch immer ist, zu kritisieren."

    Dabei hat Holzhäuser grundsätzlich nichts gegen die Zuwendungen der öffentlichen Hand.

    "Ich begrüße es sogar, wenn eine Kommune, ein land oder möglicherweise sogar ein Staat, aus Eigeninteresse, weil das Image einer Kommune, einer Stadt, eines Landes durch einen Fußball-Bundesligavereins, der sich womöglich noch international betätigt gestärkt werden kann, wenn eine Kommune, ein Land seinen ansässigen Verein finanziell unterstützt. Ich halte es sogar für richtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem vernünftigen Verhältnis stehen."

    Die öffentlichen Hilfen sind oft aus der Not geboren. Um Investitionen zu schützen, zahlen die Kommunen weiter, um ihre Vereine zu retten. Ein Beispiel war Alemannia Aachen, der Zweitligist musste vor der abgelaufenen Saison eine Finanzlücke von 3,75 Millionen Euro schließen, um sich die Lizenz zu sichern. Der Stadtrat bewilligte daraufhin eine Bürgschaft in Höhe von drei Millionen Euro, um 80 Prozent eines Kredites abzusichern.

    Ein anderes Beispiel ist Schalke 04. Das zeigt, wie die öffentliche Hand Einfluss auf den Spielbetrieb nimmt. Rückblende: Die Gesellschaft für Energie und Wirtschaft GEW, eine hundertprozentige Tochter der Stadt Gelsenkirchen, kaufte im November 2009 für 15 Millionen Euro Anteile am Stadion der Schalker. Zusätzlich gewährten die GEW und die Stadtsparkasse Gelsenkirchen, ebenfalls eine kommunale Einrichtung, jeweils einen Kredit von fünf Millionen Euro. Mit diesen 25 Millionen Euro konnte Schalke seine Finanzlöcher stopfen und Verkäufe von Leistungsträgern vermeiden. Auch Holzhäuser kann sich noch gut erinnern:

    "Ich habe nur in einigen Publikationen sehr aufmerksam gelesen, dass in Schalke angeblich die Stadt Gelsenkirchen zwei Tranchen, dem Verein direkt oder indirekt zugewendet haben soll. Und dass es durchaus Juristen gibt, die das als unzulässige Beihilfe betrachten. Das sind Dinge, die würden wir sicherlich prüfen müssen, würde man an die vorhin bereits beschriebenen Zuwendungen eines Dax-Konzerns oder andere Dinge herangehen."

    Denn die Rechtslage ist eindeutig. Solche Beihilfen müssen vorab von der Europäischen Kommission genehmigt werden, bei fehlender Genehmigung drohen Konsequenzen.

    "Liegt die nicht vor, ist das eine unzulässige Beihilfe mit der Folge, dass sie sofort zurückzuzahlen sind, und mit der weiteren Folge, das Mitkonkurrenten um Tabellenplätze Schadensersatzansprüche ableiten könnten, würde man sich mit unzulässigen Beihilfen sich sportliche Vorteile verschafft haben."

    Nicht nur nationale Konkurrenten, sondern auch europäische Wettbewerber können Schadensersatzansprüche stellen. Nur hat bisher kein Verein Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt.