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Linken-Fraktionschefin
Wagenknecht gibt Westen Mitschuld am islamistischen Terror

Sahra Wagenknecht, Frontfrau der Linken, sorgte zuletzt häufiger für Wirbel – in den eigenen Reihen wie beim potenziellen Koalitionspartner SPD. Über sie kursieren Bezeichnungen wie "Die Sarrazin der Linkspartei" oder "Beatrix von Wagenknecht". Ihre jüngste Stellungnahme dürfte ebenfalls zu Kontroversen führen: Sie gibt der deutschen Politik eine Mitverantwortung für die Entwicklung des islamistischen Terrors.

25.12.2016
    Die neue Co-Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht,
    "Es ist zutiefst unehrlich, Russland zu verurteilen und selbst das Gleiche zu tun." (dpa / picture alliance / Kay Nietfeld)
    Die Linken-Spitzenkandidatin für die kommende Bundestagswahl sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir müssen darüber sprechen, warum es überhaupt eine Häufung islamistischer Terroranschläge gibt." Da stelle sich die Frage, "welche Mitverantwortung hat die westliche, insbesondere die amerikanische, aber auch die deutsche Außenpolitik für das Erstarken des 'Islamischen Staats' und anderer Terrorbanden?" Wagenknecht führte aus, seit 15 Jahren werde ein sogenannter "Krieg gegen den Terror" geführt, zuerst in Afghanistan, dann im Irak, in Libyen und Syrien. Die Bilanz all dieser Kriege sei, dass der islamistische Terrorismus nicht geschwächt, sondern massiv gestärkt worden sei: "Alle Einsätze, bei denen die Bundeswehr für den Tod von Menschen mitverantwortlich ist, müssen sofort beendet werden", forderte Wagenknecht.
    Deutschland dürfe sich nicht ständig der "US-Hegemonie" unterordnen, führte sie weiter aus. Mit dem Wahlsieg von Donald Trump sei ein Loslösen dringender geworden. Mit Blick auf die Militäreinsätze in Syrien und im Irak räumte die Linken-Politikerin ein, ja, es sei schlimm, wenn in Syrien Krankenhäuser und Schulen von Russen oder Syriens Staatschef Assad in Schutt und Asche gebombt würden: "Aber auch bei den Angriffen der US-geführten Koalition geschieht Ähnliches und es kommen unzählige Zivilisten ums Leben." Das Gleiche gelte für US-Drohnenangriffe. Sie schürten Hass und bestätigten das Vorurteil, dem Westen seien Menschenleben in der islamischen Welt nichts wert: "Es ist zutiefst unehrlich, Russland zu verurteilen und selbst das Gleiche zu tun."
    "Die Hälfte der Linken ist koalitionsunfähig"
    Sahra Wagenknecht sorgte zuletzt mit ihren pointierten Äußerungen teils für Erstaunen, teils für scharfe Kritik. Johannes Kahrs, Bundestagsabgeordneter der SPD, ein möglicher Partner für die Gedankenspiele einer rot-rot-grünen Koalition auf Bundesebene nach der Bundestagswahl 2017, verglich Wagenknecht an Heiligabend mit der umstrittenen AfD-Politikerin Beatrix von Storch: "Diese Beatrix von Wagenknecht ist mit ihrer Hälfte der Linken koalitionsunfähig", twitterte er.
    Auch in den eigenen Reihen ist Wagenknecht zum Teil schon länger umstritten, auch wenn viele Parteifreunde in ihr ein Zugpferd für die Bundestagswahl sehen. Im März warf ihr ihr Parteifreund, der neue Berliner Kultursenator Klaus Lederer, auf Twitter unverblümt vor, Stichwortgeber für die AfD zu sein. Dazu stellte Lederer ein Foto von der Titelseite des "Berliner Kuriers", das die Schlagzeile trug: "Das Flüchtlings-Interview. Wagenknecht: Wir können nicht alle aufnehmen".
    Wagenknecht erläutert ihre Vorstellung von "links"
    Die Internetseite "Telepolis" überschrieb im August einen Beitrag zu Wagenknecht mit "Die Sarrazin der Linkspartei". Der Autor und Journalist Tomasz Konicz warf ihr gerade erst auf dem Portal vor, sie "kann das Fischen im braunen Sumpf einfach nicht lassen." Dabei bezog er sich unter anderem auf Interview-Äußerungen Wagenknechts aus der "Welt", die die Politikerin auf ihre eigene Hompage gestellt hat. Der Zeitung hatte sie vor Weihnachten ihre Vorstellung von "links" erläutert: "Ich glaube, dass die Einordnung in rechts und links nach wie vor ihre Gültigkeit hat. Für mich ist links, die Verteilungsfrage in den Mittelpunkt zu stellen und sich für weniger Ungleichheit und mehr soziale Sicherheit einzusetzen. ... Leider verbinden heute viele mit 'links' etwas ganz anderes, etwa die Befürwortung von möglichst viel Zuwanderung oder abgehobene Gender-Diskurse, die mit dem Kampf um echte Gleichstellung wenig zu tun haben. Das bedauere ich sehr." (tgs/fes)