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Literaturnobelpreis
Bob Dylan ist ein Virtuose der Verweigerung

Bislang hat sich die Schwedische Akademie vergeblich bemüht, mit dem diesjährigen Literaturnobelpreisträger Bob Dylan in Kontakt zu treten. Dabei hätten die Schweden es wissen müssen. Dylan ist ein Meister der Unverbindlichkeit. Und im Dezember wird er eh nicht nach Schweden kommen. Eine Glosse von Florian Werner.

Von Florian Werner | 25.10.2016
    13. Oktober 2016: Bob Dylan bei einem Festival in Mexico.
    Ein Vorschlag von unserem Autor: Da Dylan nie und nimmer nach Stockholm kommen wird, nominiert die Jury Leonard Cohen nach. (imago/Zuma Press)
    Sie hätten es doch wissen können. Oder zumindest ahnen, die Mitglieder der Schwedischen Akademie, dass der von ihnen gekürte Literaturnobelpreisträger Bob Dylan gar nicht so scharf ist auf ihren Preis, wie sie auf ihn als Preisträger. Oder haben sie etwa seine Songs nicht gehört? Sonst wüssten sie: Dylan ist ein Meister der Unverbindlichkeit, ein Virtuose der Verweigerung. Sang er nicht schon 1964, dass er nicht der Richtige sei?
    "I'm not the one you want, babe, I'll only let you down"
    Lass die Finger von mir, ich werde dich enttäuschen. Dylanologen gingen bisher davon aus, dass damit entweder eine Verehrerin, übereifrige Fans oder aber die amerikanische Regierung gemeint sei, die junge Männer für ihre Zwecke vereinnahmen will. Inzwischen aber wissen wir: Der Song richtet sich an die Mitglieder der Schwedischen Akademie. Die im Übrigen nicht nur Dylans Texte hätten lesen sollen - sondern sich auch einmal seine Stimme anhören.
    "O come all ye faithful, O come ye, o come ye to Bethlehem."
    Im Dezember lieber in Malibu als in Schweden
    Herbei, o ihr Gläub'gen, o kommet, o kommet nach Stockholm? Wohl kaum - selbst der medizinische Laie merkt: Hier singt ein Mann mit akuten HNO-Problemen. Und ihn wollen die Jury-Mitglieder mitten im kalten Winter ins nasskalte Schweden locken? Schönen Dank. Nein, dass Dylan den Dezember lieber in seiner Villa in Malibu verbringt, ist absolut nachvollziehbar. In Amerika. Bei den Amerikanern, wo's so schön amerikanisch ist.
    "What's more American than America?"
    Ja, auch der Verweigerungsvirtuose Dylan kann, wenn's sein muss, fließend patriotisch sprechen - hier in einem Werbespot für den Automobilhersteller Chrysler aus dem Jahr 2014. Spätestens da hätte bei den Juroren die Warnblinkanlage angehen müssen. Amerikanische Altlinke bevorzugen sonst in der Regel Autos der schwedischen Marke Volvo - Dylan legt sich für Blechbüchsen aus dem heimischen Detroit ins Zeug. Und produziert dabei Worthülsen, die einem Republikanischen Präsidentschaftskandidaten zur Ehre gereichen würden:
    "American pride!"
    Dylan for President
    Was also tun? Ein Vorschlag: Da Dylan nie und nimmer nach Stockholm kommen wird, nominiert die Jury Leonard Cohen nach, der sowieso der viel bessere Dichter ist. Da Donald Trump nie und nimmer die Wahlen gewinnen wird, nominieren die Republikaner Bob Dylan nach: Cohen wird Literaturnobelpreisträger, Dylan nächster US-Präsident, eine echte Win-win-Situation. Es sei denn, Dylan erteilt den Republikanischen Parteistrategen dieselbe Antwort, die er schon seit 50 Jahren gibt:
    "It ain't me, babe. It ain't me you're looking for, babe."