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London
Design-Kunst bekommt ein neues Zuhause

83 Millionen Pfund hat es gekostet und soll jährlich 650.000 Besucher begeistern: Das neue Design Museum, das am 24. November in London eröffnet wird. Thema der ersten Sonderschau: Design in immer komplizierter werdenden Zeiten.

Von Hans Pietsch | 19.11.2016
    Blick innerhalb des neuen Design Museums in London. |
    Das Design Museum in London ist umgezogen - in die Kensington Street. (dpa/ picture alliance/ EPA/ Jeon Hayoung)
    Sir Terence Conran war sichtlich bewegt, als er der versammelten Presse 'sein' neues Museum vorstellte. "Design bedeutet Optimismus", sagte der inzwischen 85-jährige Designer, der in den Sechzigerjahren mit seinem Einrichtungshaus Habitat den Geschmack zumindest der Briten völlig umkrempelte. "Diese 'Kathedrale des Design' entspricht ganz dieser Vorstellung", fuhr er fort.
    In der Tat hat man das Gefühl, eine Kathedrale zu betreten, wenn man durch die Tür in das gewaltige Atrium geht. Bis zum Dach öffnet sich der Raum - und was für ein Dach! Das ehemalige Commonwealth Institute, eine architektonische Ikone der 60er-Jahre, war berühmt für sein elegant geschwungenes, mit Kupfer gedecktes Dach.
    Das von Rem Koolhas gegründete Rotterdamer Büro OMA renovierte das Betondach und ersetzte die Außenwände durch Glas. Es umstellte das Gebäude mit drei Apartmenthäusern, deren Schwere die fast schwebende Leichtigkeit des neuen Museums leider etwas erdrückt - kein glücklicher Kontrast!
    Den Innenraum gestaltete John Pawson, einer der Väter der minimalistischen Architektur. Helle, wertvolle Materialien - Wände und Treppen aus Eichenholz, viel Marmor und Edelstahl. Über eine Freitreppe erreicht man zwei übereinander liegende Emporen, die das gesamte Atrium umlaufen, von denen man in die Räume des Museums gelangt. Auf dem ersten Stock die Büros, eine Bibliothek und die großzügigen Räumlichkeiten für die Museumspädagogik, im zweiten Stock der Ausstellungsraum für die Sammlung und ein Restaurant.
    Es ist bereits die dritte Heimat für das 1981 von Terence Conran gegründete Londoner Design Museum, das zunächst im früheren Heizkeller im Souterrain des Victoria and Albert Museum untergebracht war, und 1989 in ein schneeweißes Bauhausgebäude am Themseufer umzog. Auch dort waren die Räumlichkeiten beengt, die ständig wachsende Sammlung konnte nicht gezeigt werden und fristete ein trauriges Dasein in Lagerräumen. Die Sonderausstellungen lockten lediglich 150.000 Besucher im Jahr an.
    Das soll sich jetzt in dem für 83 Millionen Pfund errichteten neuen Museum ändern. Direktor Deyan Sudjic möchte für das Design das erreichen, was die Tate Modern für die zeitgenössische Kunst erreichte und erwartet 650.000 Besucher. Zum ersten Mal kann er Teile seiner Sammlung ausstellen und tut das sehr intelligent, indem er zeigt, wie sich die drei am Designprozess beteiligten Gruppen - der Designer, der Hersteller, der Benutzer - gegenseitig beeinflussen.
    Freundliche Roboter und englische Tapeten
    Für die erste Sonderschau im Erdgeschoss hat er bei elf internationalen Designern und Architekten Installationen in Auftrag gegeben, die sich mit den Reaktionen auf eine immer komplexer werdende Welt beschäftigen. Ein Industrieroboter wurde etwa so umprogrammiert, dass er freundlich auf den sich ihm nähernden Besucher reagiert.
    Mehrere Designer führen die positiven, aber auch finsteren Seiten unserer digitalen Welt vor, und Rem Koolhas präsentiert ein 'Paneuropäisches Wohnzimmer' mit je einem Möbelstück der 28 Mitgliedsländer der EU. Aus Deutschland stammt eine von Dieter Rams für Braun entworfene Wanduhr, aus Großbritannien eine Tapete der Firma Osborne and Little, die der Familie des letzten Schatzkanzlers gehört. Nach dem Brexit hat das Exponat eine ganz neue Aktualität gewonnen.