"Loses zum Fest"

Sozial noch geschärfter greift die neue CD "Loses zum Fest" der Herren Jörg Ermisch, Anselm Noffke und Wolfgang Rieck. Besser bekannt ist das norddeutsche Trio unter dem Namen "Liederjan". Liederjan, Ende der 70er im Zuge einer deutschsprachigen Folk-Renaissance ins Leben gerufen und wiederholt am politischen Kabarett geschärft, bringt Alltagssatire ins Spiel, und verführt, die Ware Weihnachtsfest ob ihrer Abgeschmacktheit von einer gern verdeckten Seite zu besehen. * Musikbeispiel: trad. - "Alle Jahre kommt sie wieder" Flöte, Geige, Cello und Keyboard suggerieren folkloristische Aufführungspraxis, der Moritatenerzähler mischt Alltag und Mythen und persifliert im festlichen Kontext deutsche Alltagskultur. Dieses programmatische Band hält 14 sehr verschiedene Titel zusammen: kabarettistischen Parodien folgen Klamauk, Triviales und kunstvoller Satzgesang. Stilistisch wechseln Traditionelles und Eigenkompositionen und ein stimmlich berückendes Herren-Terzett hat eine Unzahl musikhistorischer Zitate und Stile parat, um der modernen Konsum-Gesellschaft die Hörner aufzusetzen. Dies ereignet sich durchaus unterhaltsam. Doch Vorsicht! Wo die Satire zur Biederkeit neigt, erreicht sie ihre bittersten Tiefen. Dieses nicht ganz unbekannte Rezept attestiert dem Hamburger Trio auch in Zeiten allgemeiner Ratlosigkeit, zumindest beständig zu sein. Stilistisch Neues bietet ihre bei 'Pläne' in Dortmund erschienene neue CD allerdings kaum. Zum unausweichbaren Fest trägt sie dennoch manch Fragezeichen bei. Und manches gilt (wie folgt) völlig unabhängig vom festlichen Datum. * Musikbeispiel: Ermisch - "Mutter"