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Pressefreiheit 2017
Journalisten weiter unter Druck

Hunderte inhaftierte und Dutzende getötete Journalisten, schlechte Arbeitsbedingungen in vielen Ländern: Die Jahresbilanz der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" zeichnet ein düsteres Bild. Und auch in Europa habe sich die Situation verschlechtert, sagte Anne Renzenbrink im Dlf.

Anne Renzenbrink im Gespräch mit Isabelle Klein | 19.12.2017
    Gedenken an einen ermordeten Journalisten in Mexiko.
    Gedenken an einen ermordeten Journalisten in Mexiko (PEDRO PARDO / AFP)
    Mindestens 65 Medienschaffende sind laut "Reporter ohne Grenzen" in diesem Jahr im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden. Insgesamt 39 der im Jahr 2017 Getöteten wurden wegen ihrer journalistischen Tätigkeit gezielt ermordet, die übrigen 26 im Einsatz getötet, weil sie etwa unter Beschuss oder in einen Bombenangriff gerieten.
    Fast die Hälfte der Getöteten starb außerhalb von Regionen mit bewaffneten Konflikten, etwa in Ländern wie Mexiko oder auf den Philippinen, teilte die Organisation in Berlin bei der Vorlage ihrer jährlichen Bilanz der Pressefreiheit mit. Anne Renzenbrink von "Reporter ohne Grenzen" nannte es im Interview mit @mediasres "ein erschreckendes Zeichen", dass so viele Journalisten außerhalb von Kriegsregionen ermordet werden. Ein großes Problem sei die Straflosigkeit in vielen Ländern. Korrupte Behörden schauen bei den Verbrechen häufig zu.
    Unter den Getöteten waren laut "Reporter ohne Grenzen" 50 professionelle Journalisten, sieben Bürgerjournalisten und acht sonstige Medienmitarbeiter. Die weltweit gefährlichsten Länder für Journalisten, Bürgerjournalisten und Medienmitarbeiter waren nach dem Ranking in diesem Jahr Syrien (12 Tote), Mexiko (11), Afghanistan (9), der Irak (8) und die Philippinen (4).
    "Hoffnungsschimmer" Meşale Tolu
    "Reporter ohne Grenzen" wies ferner darauf hin, dass weltweit 326 Medienschaffende in Haft säßen, knapp die Hälfte davon in nur fünf Ländern - nämlich China, der Türkei, Syrien, dem Iran und Vietnam. In der Türkei halte die Justiz Journalisten systematisch über längere Zeiträume in Untersuchungshaft und bestrafe sie damit, ohne ein Gerichtsurteil abzuwarten.
    Die Freilassung von Meşale Tolu sei zwar ein "Hoffnungsschimmer", auch für den noch immer inhaftierten "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel, sagte Renzenbrink. Doch bleibe Tolu "eine politische Geisel, solange sie das Land nicht verlassen darf".
    Auch in Europa habe sich die Situation verschlechtert, betonte Renzenbrink. So sei Malta mit der Ermordung von der Journalistin Daphne Caruana Galizia ein "erschreckendes Beispiel". In Deutschland habe es zahlreiche Angriffe gegen Journalisten gegeben, "sowohl körperlich als auch verbal" und "insbesondere während Kundgebungen von rechtspopulistischen oder rechtsradikalen Gruppen".
    "Reporter ohne Grenzen" warb erneut für die Einsetzung eines UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten bei den Vereinten Nationen.