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Luftfahrtbranche
Digital und kerosinarm

Auf der diesjährigen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung am Rande Berlins zeigt sich: Das Reisen mit dem Flugzeug spielt in der modernen Gesellschaft eine immer größere Rolle. Doch die Hersteller und Zulieferer in der Branche stehen auch vor einer großen Herausforderung: der Digitalisierung.

Von Vanja Budde | 25.04.2018
    Bundeskanzerlin Angela Merkel eröffnet die ILA 2018 mit dem Durchschneiden eines Bandes.
    Ein digitaler Ruck muss her: Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet die ILA 2018 mit dem Durchschneiden eines Bandes (Ralf Hirschberger / dpa)
    Eine Branche im Aufwind: Schon heute sind in jedem Moment eine halbe Million Menschen an Bord von Flugzeugen unterwegs. Der weltweite Luftverkehr wird sich bis zum Jahr 2030 voraussichtlich verdoppeln, vor allem angesichts der sprunghaften Entwicklung in Asien. Doch die Hersteller und Zulieferer stehen auch vor einer großen Herausforderung, sagt Rolf Henke, Vorstandsmitglied im DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt: Die Digitalisierung.
    "Von dem Entwurf eines Flugzeugs über die Produktion, über den Betrieb, über die Wartung bis zum Lebensende – das Ganze wird digitalisiert entlang dieses digitalen Fadens. So einen digitalen Faden kann ein DLR spinnen, weil wir uns mit dem gesamten System beschäftigen."
    Für die Passagiere macht zum Beispiel das elektronische Ticket, das Einchecken mit der Handy-Bordkarte, das Fliegen leichter. Doch bis so genannte digitale Zwillinge im Flugzeugbau bereit stehen, sind große Investitionen in diese virtuellen Abbilder der Maschinen nötig. Doch es lohnt sich, meint Rolf Henke. Die Inbetriebnahme werde künftig effizienter:
    "Das Thema virtuelle Zulassung, digitale Zulassung ein riesengroßes Thema, was sehr viel Kosten sparen wird, was uns ermöglichen wird, völlig neue Entwurfsräume zu betreten mit neuen Flugzeugen, da sind wir mit den Zulassungsbehörden, mit der Industrie dabei. Ich fange schon wieder an zu schwärmen. Es ist ein riesengroßes Gebiet, hochspannend!"
    Dickleibige Ordner voller Frachtpapiere
    Zum Schwärmen neigen Vertreter der Luftfrachtbranche auf der ILA noch nicht: Zwar erleben auch sie einen Ansturm der Kundschaft: Die boomende Konjunktur und der Internethandel füllen Auftragsbücher und Frachtmaschinen. Doch während jedes Schulkind hier zu Lande sich ein Leben ohne Smartphone kaum mehr vorstellen kann, hantiert die Branche noch mit dickleibigen Ordnern voller Frachtpapiere, bedauert Christopher Stoller, Präsident des Aircargo Clubs Deutschland:
    "Wir brauchen einen digitalen Ruck für den Standort Deutschland im Bereich der Luftfracht, weil wir im Bereich der Transportkette mehrere Akteure haben, insbesondere Versender, Spediteure. Wir haben Ground-Händler, wir haben dann die eigentlichen Airlines, die also die Fracht fliegen, dann haben wir wieder Empfangsspediteure, die das dann zum Kunden letztlich weiter bringen – und all diese Beteiligten müssen miteinander vernetzt werden."
    Die Branche hat vergangenes Jahr rund 50 Millionen Tonnen Güter rund um den Globus transportiert, das entsprach 25 bis 30 Prozent des Gesamtwertes des Welthandels. Doch in Sachen Digitalisierung stehe die Luftfracht noch ganz am Anfang, klagt auch Matthias Jakobi. Er ist bei der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung IATA für Zentraleuropa zuständig. In der Logistik hänge auch Deutschland dem Stand der Technik weit hinterher, so Jakobi. Vor allem China sei bei der Digitalisierung führend, die deutschen und europäischen Unternehmen müssten sich sputen, den Vorsprung einzuholen.
    Auf dem Weg in die Zukunft
    "Weil der Papieraufwand, der administrative Aufwand und die Kosten, die damit verbunden sind, natürlich im weltweiten Wettbewerb nicht vorteilhaft sind. Da laden wir natürlich auch die Bundesregierung ein, in den Bereichen Digitalisierung ganz offen mit uns zu sprechen über die Wünsche und über die Anforderungen, zum Beispiel die Einbindung von Behörden in die digitalen Prozesse."
    Zum Beispiel des Luftfahrtbundesamtes und des Zolls. In anderer Hinsicht ist die Luftfracht schon weiter auf dem Weg in die Zukunft: Unbemannte Frachtmaschinen werden von großer Bedeutung sein, glauben der Aircargo Club Deutschland und auch Matthias Jakobi von IATA.
    "Und die Technologie in dieser Hinsicht ist auch gar nicht weit weg, da gibt es einige gute Forschung und das DLR beispielsweise arbeitet jetzt schon in Bereichen von mehreren Tonnen Transportlast."
    Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt präsentiert auf der ILA auch diese Frachtdrohnen, die bis zu 150 Kilo bewegen können – und vom Boden aus gesteuert werden.