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Luftverschmutzung in Afrika
Exportautos verpesten die Luft

Smog in Afrikas Großstädten: Hauptursache sind Autoabgase von Gebrauchtwagen - importierte Dreckschleudern aus Europa und Japan, die auf europäischen Straßen nicht mehr erlaubt sind. Doch einheitliche Gesetze zum Umweltschutz sind in Afrika rar. Und Strukturen für unmotorisierten Verkehr in weiter Ferne.

Von Linda Staude | 21.02.2018
    Autoschlange in Nairobi, Kenia, aufgenommen 2006
    In Nairobi verdoppelt sich die Zahl der Autos etwa alle acht Jahre (picture alliance / dpa / epa Stephen Morrison)
    Eine endlose Kolonne von Autos steht Stoßstange an Stoßstange. Acht Spuren Highway sind total verstopft - und die Fahrer entnervt.
    "Der Stau ist fürchterlich. Ich bin seit fünf Uhr morgens unterwegs."
    Gesundheitsschädliche Luftverschmutzung
    Mittlerweile ist es acht. Und der Berufsverkehr in Nairobis Innenstadt ist längst noch nicht vorbei. Die Luft ist zum Schneiden.
    "Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass es hier ein großes Problem mit der Luftqualität gibt. Wenn man in Nairobi frühmorgens auf eins der Hochhäuser steigt, dann sieht man eine Smogdecke über der Stadt hängen."
    So Rob de Jong, der Chef der Abteilung Luftqualität und Mobilität beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP. Wie schlecht die Luft tatsächlich ist, darüber gibt es bisher nur wenige verlässliche Daten
    "Jüngere Studien zeigen aber, dass die Luftverschmutzung in Städten wie Nairobi oder Lagos ziemlich hoch ist. Nicht so hoch wie in Delhi oder Peking, wo sie mit am schlimmsten ist. Aber sie hat definitiv schwere gesundheitliche Folgen."
    Autoabgase als Hauptursache
    Und die Hauptursache dafür sind - neben offenen Kochfeuern und den eher noch wenigen Fabrikschloten - die Abgase aus Auspufftöpfen. Die meisten Nairobians träumen von ihrem eigenen fahrbaren Untersatz.
    "Es gibt jede Menge Druck. Klar, einerseits willst Du die Umwelt nicht verschmutzen. Aber andererseits ist es eine Prestigefrage, ein Auto zu kaufen. Man muss einfach eins haben."
    Das hätte es früher nie gegeben, sagt Kevin aus Westlands, einem der besseren Viertel in der kenianischen Hauptstadt. Die Folge: In Nairobi verdoppelt sich die Zahl der Autos etwa alle acht Jahre.
    Gebrauchte Dreckschleudern
    Der Hafen von Mombasa. Riesige Containerschiffe aus aller Welt löschen hier ihre Ladung für ganz Ostafrika. Darunter jede Menge Autos. Verschifft in Europa und Japan, und fast alle gebraucht.
    "Nicht viele Leute können sich einen Neuwagen leisten. Wenn das anders wäre, würde ich mir ein funkelnagelneues Auto kaufen."
    Völlig unbezahlbar, sagt Astons Agessa bedauernd. Aber die Kosten sind für Rob de Jong von der UNEP kein Grund, eine alte und klapprige Dreckschleuder zu kaufen.
    "Es gibt erschwingliche Wagen für Familien, die ihnen die gewünschte individuelle Mobilität liefern und die sauber sind. Wir sollten vorsichtig damit sein, Bezahlbarkeit und Umweltschutz als Gegensätze zu betrachten. Ich glaube nicht, dass das richtig ist."
    Importierte Abgase - und fehlende Gesetze zum Umweltschutz
    Gesetzliche Regeln und finanzielle Anreize können dafür sorgen, dass die Autofans sich für ein schadstoffarmes Modell entscheiden. Umweltschutz spielt für die Kenianer ohnehin langsam eine größere Rolle. Steve Muale:
    "Wenn es um Abgase geht, kann die Umweltverschmutzung ein ganzes Land in Schwierigkeiten bringen. Die Dürre, die wir im Moment in Teilen des Landes erleben, ist eine Folge davon."
    Gesetze zum Schutz der Umwelt sind allerdings noch rar in Afrika. In den meisten Ländern gibt es bisher keinerlei Vorschriften über den Import von Gebrauchtwagen.
    "Sie bekommen immer noch diese 20 Jahre alten Dreckschleudern, die auf europäischen Straßen nicht mehr erlaubt sind."
    Uganda zum Beispiel hat sich lange geweigert, solche Vorschriften zu erlassen, weil das Land gutes Geld am Import von alten Gebrauchten verdient hat. Rob de Jong:
    "Wir sind hingegangen und haben ein Jahr lang jedes Importauto gezählt. Und wir haben gezeigt, dass Uganda massive Mengen Abgase importiert."
    Jetzt sind neue Regeln in Arbeit. Das Nachbarland Kenia ist bereits einen Schritt weiter und hat ein Höchstalter für importierte Gebrauchtwagen eingeführt. Jane Akumu von der UNEP:
    "Die Fahrzeuge hier sind nicht sehr alt wegen dieser Altersgrenze von maximal acht Jahren. Das Problem ist die wachsende Zahl der Autos. Die Umweltverschmutzung ist hoch, weil es keine Pflicht gibt, die Emissionen zu testen."
    Uralte Gebrauchtwagen werden repariert
    Joseph Isalia werkelt an einem dunkelblauen Subaru. Der Geländewagen ist 29 Jahre alt. Die Reparatur ist kein Problem für ihn, sagt der Mechaniker.
    "Die Eigentümer dieser alten Autos sind unsere besten Kunden, denn sie wissen, dass wir uns auf diese Wagen spezialisiert haben."
    Die Werkstatt von Joseph Isalia ist unter freiem Himmel. Im hohen Gras steht ein alter Mercedes ohne Räder aufgebockt, daneben ein historischer Käfer
    "Wir reparieren solche alten Autos wie den VW dort. Manche davon sind schon vor meiner Geburt nach Kenia gekommen, aber normalerweise kriegen wir sie wieder hin."
    Erklärt Eric Uchiung stolz. Werkstätten wie diese gibt es überall in Afrika. Jane Akumu:
    "Von Anfang an importieren sie Gebrauchtwagen. Und die laufen dann für die nächsten 20 Jahre, bis sie auseinanderfallen, weil es keine Verschrottungspolitik gibt. Das Durchschnittsalter für Autos in den meisten afrikanischen Ländern liegt zwischen 15 und 18 Jahren. Also eine ziemlich alte Flotte."
    Auch Exporteure in der Pflicht
    Und eine, die jedes Jahr um geschätzte drei bis vier Millionen oft genauso dreckige Gebrauchtwagen wächst. Bisher ist es relativ leicht möglich, fortschrittliche Umweltvorschriften in einzelnen Ländern zu umgehen. Deshalb drängt die UNEP auf einheitliche Regeln für den gesamten Kontinent.
    "Das ist ein sehr sensibles Thema in Afrika. Wenn wir afrikanischen Ländern sagen, ihr sollt keine alten Autos importieren, dann sagen die: Also wir dürfen nicht motorisieren. Ihr habt das gemacht in Europa, den USA und Japan."
    Ein Grund dafür, warum auch die Exporteure etwas dagegen tun müssen, dass die unerwünschten Dreckschleudern aus Europa nicht in Afrika landen, so Rob de Jong.
    Unmotorisierter Verkehr in weiter Ferne
    Aber noch so strenge Vorschriften allein reichen nicht, um das Problem Verkehr und Umweltverschmutzung zu lösen
    "Erstens müssen wir die Autos sauberer machen. Zweitens brauchen wir einen effektiven öffentlichen Nahverkehr. Und drittens Verkehr ohne Motor zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Das ist die Lösung. Aber hier in Afrika sind wir noch sehr weit entfernt davon."