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Lux-Leaks-Prozess
Revisions-Urteil mit Spannung erwartet

Zwei von drei Angeklagten waren im sogenannten Lux-Leaks-Prozess letzten Sommer zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Nun hoffen sie zum Abschluss ihres Berufungsverfahrens auf einen Freispruch - zumal sie bei den Enthüllungen dubioser Steuerpraktiken multinationaler Konzerne im Interesse der Allgemeinheit gehandelt hätten.

Von Tonia Koch | 15.03.2017
    ARCHIV-Bild vom 26.04.2016 - Der ehemalige Angestellte der PricewaterhouseCoopers, Antoine Deltour (C) verlässt am ersten Tag der Verhandlungen des sogenannten LuxLeaks-Whistleblower-Prozesse in Luxembourg, das Gerichtsgebäude.
    Heute soll das Urteil im Revisionsprozess um die "Lux-Leaks"-Enthüllungen fallen. (DPA / EPA / Julien Warnand)
    Antoine Deltour, der Hauptangeklagte im Lux-Leaks-Prozess genießt beinahe die Aufmerksamkeit eines Popstars. Artig bedankt sich der stille Mann, der ungern im Scheinwerferlicht steht, für die ihm entgegengebrachte Solidarität.
    "Vielen Dank für die Aufmunterung", ruft er in die Menge, die seinen Freispruch fordert.
    Ereignet haben sich diese Szenen zum Auftakt des Berufungsprozesses gegen die drei angeklagten Franzosen im Dezember des vergangen Jahres. Antonie Deltour und Raphael Halet zwei Unternehmensberater sowie der Journalist Edouard Perrin hatten in Luxemburg gängige Steuerpraktiken öffentlich gemacht.
    Moralisch fragwürdige Praktiken
    Diese sind zwar nicht illegal, aber moralisch fragwürdig, weil sie internationalen Firmen ermöglichen, sich so arm zu rechnen, dass sie kaum Steuern zahlen.
    In erster Instanz waren Antoine Deltour und Raphael Halet wegen des Verrats von Geschäftsgeheimnissen zu jeweils zwölf respektive neun Monaten Haft auf Bewährung und Geldstrafen verurteilt worden. Der Journalist war von den Luxemburger Richtern freigesprochen worden. Heute zum Abschluss des Berufungsverfahrens sind die Erwartungen hoch, sagt Philippe Penning, einer der beiden Verteidiger Antoine Deltours: "Wir wollen den Freispruch."

    Das Gericht hatte nicht in Abrede gestellt, dass die Angeklagten im Interesse der Allgemeinheit gehandelt hätten, als sie die zweifelhaften Steuerpraktiken aufdeckten. Aber weder europäisches noch nationales Recht habe die beiden Whistleblower geschützt, deshalb sei am Ende nichts anders übrig geblieben, als den Verrat von Dienstgeheimnissen juristisch zu bewerten.
    Porträts der Angeklagten im LuxLeaks-Prozess: der französische Journalist Edouard Perrin und die beiden ehemaligen PwC-Mitarbeiter Raphael Halet und Antoine Deltour
    Die Angeklagten im LuxLeaks-Prozess: der französische Journalist Edouard Perrin und die beiden ehemaligen PwC-Mitarbeiter Raphael Halet und Antoine Deltour (AFP)
    Im Berufungsverfahrenes sei die zweite, die politische Dimension dieses Falls viel stärker zur Sprache gekommen, argumentiert Anwalt Philippe Penning.
    Politische Ebene steht mehr im Vordergrund
    "Die Diskussion hat sich verlagert, die Oberstaatsanwaltschaft hat sich darauf eingelassen, ob oder ob nicht die Kriterien der Rechtsprechung aus Straßburg hier anzuwenden sind oder nicht."
    Der Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention stelle Menschen unter Schutz, die auf Missstände in Behörden, Organisationen oder Unternehmen aufmerksam machten. Der Artikel begründet den Anspruch auf freie Meinungsäußerung und werde vom Menschengerichtshof in Straßburg als umfassende Garantie interpretiert. Sollten sich die Luxemburger Richter heute im Berufungsverfahren gegen die beiden Whistleblower dieser Auffassung nicht anschließen, sei der juristische Weg noch nicht zu Ende, so Deltours Rechtsbeistand, Philippe Penning.
    "Da gibt es in Luxemburg noch eine Kassation, die prüfen muss, ob das Recht richtig angewandt worden ist und dann Straßburg."
    Fraglich ist allerdings ob, die beiden Hinweisgeber diese weiteren juristischen Schritte tatsächlich auch mitgehen wollen. Gesetzliche Schutzmechanismen sind sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene angekündigt, darauf verlassen können sich Whistleblower darauf jedoch noch immer nicht.