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Luxemburg
Freihafen als Kunst-Tresor

In den Stahlkammern des neuen Luxemburger Freeports sollen in Zukunft die Ankäufe von Sammlern oder Investmentfonds vorübergehend lagern. Dabei will man die Kunstwerke nicht wegsperren, sondern einer interessierten Öffentlichkeit zeigen. An das breite Publikum wurde dabei allerdings nicht gedacht.

Von Tonia Koch | 17.09.2014
    Überlebensgroße Porträts wenden den Besuchern des Luxemburger Freeports ihre Gesichter zu. Ein Street-Art-Künstler, Alexandre Farto, besser bekannt unter dem Namen Vhils, hat sie auf 26 Metern Länger und 6 Meter 50 Höhe in die Betonwand der Eingangshalle gemeißelt. Die großzügige Lobby wird wohl der einzige Raum sein, den Otto-Normal-Verbraucher künftig vom 55 Millionen Euro teuren Kunst-Tresor betreten darf. Vorausgesetzt, die Kunden, die ihre Kunstschätze hier lagern, spielen mit. Denn gerne würde Freeport-Manager David Arendt Bilder oder Kunstsammlungen nicht nur wegsperren, sondern auch einer interessierten Öffentlichkeit zeigen:
    "Wir wollen kein Friedhof für Kunst werden. Allerdings können wir diese Ausstellungen keinem breiten Publikum öffnen, es wird leider nur auf private Einladung zu sehen sein."
    In wie weit die scheue Kundschaft, darunter Sammler, Museen, Auktionshäuser, Investmentfonds und Stiftungen, den Vorstellungen Arends von einem lebendigen Kunstort entspricht, muss sich erst noch zeigen. Zunächst gilt ihr Interesse wohl eher den Stahlkammern. Sie sind mit allerneuster Sicherheitstechnik ausgerüstet und erfüllen auch klimatisch sämtliche Anforderungen, damit sich ein Picasso, ein van Gogh, ein Matisse oder ein ausgesuchter Wein darin wohlfühlen.
    "Wir bieten eine hochwertige Lösung für Sammler, die weiter sammeln, obwohl sie keinen Platz mehr haben und die sehr teure Objekt sammeln, wo die Versicherung es nicht zulässt, dass das im Hause bleibt."
    Trotz aller architektonischer Raffinesse wirkt der Bau wegen seiner weitgehend fensterlosen Außenhülle, die das Licht lediglich über wenige Glasschlitze hereinlässt, wie eine Trutzburg. Gemessen an den schmucklosen Betonklötzen und Lagerhäusern in denen ansonsten in Europa teure Kunstobjekte und Preziosen der Steinreichen verwahrt werden, sei der Luxemburger Freihafen jedoch ein bemerkenswerter Fortschritt, glaubt David Arendt:
    "Die anderen Freeports haben Warenhäuser umgebaut, Klimaanlagen eingebaut, Sicherheit wo es geht, wie auch immer. Bei uns wurde das von vorneherein so konzipiert und gebaut, dass das tadellos vor sich geht."
    Direkte Anbindung an den Flughafen
    Dazu zählt zum Beispiel eine direkte Anbindung des Freihafens an den Luxemburger Flughafen. Der Transport vom Flugzeugrumpf in die Tresore dauert nur Minuten. Im Freihafen werden weder Mehrwertsteuern noch Zollgebühren erhoben. Auch Dienstleistungen wie etwa die Restauration von Bildern bleiben steuerfrei. Erst wenn die schönen Dinge den Freihafen dauerhaft in Richtung eines anderen EU-Landes verlassen, werden Steuern und Abgaben fällig. Werden die luxuriösen Waren in amerikanische, chinesische oder arabische Wohnzimmer exportiert, bleiben sie von der Mehrwertsteuer verschont. Damit alles mit rechten Dingen zugeht, haben die Luxemburger eigens die gesetzlichen Bestimmungen angepasst, erläutert Sylvie Atten vom Luxemburger Zoll:
    "Normalerweise bei einem Freihafen muss die Firma nur, na ja nur ein Buchhaltungssystem führen was rein und was raus geht. Wir gehen jetzt aber darüber hinaus, wir verlangen eine Deklaration dazu, das heißt, wir wissen immer was im Freihafen liegt, das muss die Firma uns mitteilen und das kontrollieren wir auch."
    Überdies, ergänzt David Arendt, lebe das luxemburgische Fort Knox der Kunst von seinem guten Ruf.
    "Wir wollen auf keinen Fall mit Geldwäscherei oder Terroristenfinanzierung irgendetwas zu tun haben, diese Leute sind nicht willkommen."
    Luxemburg will sich ein Stück vom Kuchen sichern und nicht der Schweiz, Singapur oder London, das Geschäft überlassen. Ab Januar kommenden Jahres informieren die Geldhäuser der Steueroasen die Finanzämter in den Herkunftsländern ihrer Kunden, was an Vermögen in den Tresoren der Banken ruht. Deshalb ist das Kapital in den letzten Monaten überaus mobil geworden. Millionen wurden bereits in Kunst, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten investiert, denn diese müssen den heimischen Finanzämtern nicht gemeldet werden. Ein Geschäftsmodell, von dem Luxemburg profitieren möchte, erklärt Regierungschef Xavier Bettel:
    "Ich bin immer froh, dass Luxemburg, wenn es Möglichkeiten gibt und die anderen Länder es noch nicht machen, was zu entwickeln, wo wir eben schneller sind als andere Länder."