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Mach's noch einmal, ATV!

Raumfahrt.- Europa ist zu acht Prozent an der Internationalen Raumstation ISS beteiligt. Die wichtigsten Beiträge zum himmlischen Außenposten sind das Forschungslabor Columbus und der Materialtransporter ATV. Vor zwei Jahren ist so ein Fahrzeug erstmals zur ISS geflogen. Heute ist das zweite Exemplar in Bremen präsentiert worden.

Von Dirk Lorenzen | 13.04.2010
    Europas erster ATV-Raumtransporter trug den visionären Namen "Jules Verne", jetzt greift "Johannes Kepler" nach den Sternen. Im Dezember soll das Raumschiff, das so groß ist wie ein Doppelstockbus, mit einer Ariane-Rakete zur ISS fliegen, erklärt Michael Menking, Direktor für die ISS beim Unternehmen EADS Astrium in Bremen:

    "Das ATV 2 'Johannes Kepler' ist eines der Versorgungsfahrzeuge für die Internationale Raumstation. Es ist nach dem Shuttle das größte Versorgungsfahrzeug. Das ATV führt zum einen eine Versorgung der ISS durch. Das heißt, hiermit werden Treibstoffe zur ISS gebracht, Experimente und Versuchsgüter zur ISS gebracht. Des Weiteren hat es die Aufgabe eine Bahnanhebung oder Bahnkorrektur der ISS durchzuführen, die immer wieder leicht abgebremst wird. Ja und am Ende ist ATV im Endeffekt eine Art Mülltransporter. Das heißt, es wird voll gepackt mit dem, was übrig geblieben ist und verglüht dann beim Wiedereintritt."

    Das ATV ist das technisch aufwendigste Raumschiff, das Europa je gebaut hat. Es hat keine Menschen an Bord und fliegt vollautomatisch und auf Zentimeter genau zur ISS. Der Erstflug mit "Jules Verne" im Jahr 2008 hat zwar nahezu perfekt geklappt. Dennoch haben sich alle Beteiligten auf 30 kleine Änderungen für die zweite Mission verständigt:

    "Wir haben aus der 'Jules Verne'-Mission ein paar Dinge, die wir als verbesserungswürdig gemeinsam mit der Esa betrachtet haben. Das eine ist der Thermalschutz außen auf dem ATV. Der hatte sich während des Fluges nicht gelöst, aber ist zumindest gelockert worden. Hier haben wir Untersuchungen gemacht. Das hängt etwas mit der ausströmenden Luft zusammen. Es sind auch Verbesserungen im Propulsion System mit eingeflossen. Das heißt, diese Sachen wurden mit ausgewertet."

    Steuerungssoftware und Antriebe wurden optimiert, die Staufächer sind leichter gebaut als beim Erstflug und die Solarzellensegel lassen sich jetzt genauer ausrichten. Jedes ATV soll etwas besser werden als sein Vorgänger. Fünf Exemplare hat die Esa bisher bestellt, erklärt Nico Dettmann, ATV-Programm-Manager der Esa:

    "ATV ist das einzige Zahlungsmittel, um die sogenannten Common System Operations Cost, die wir der Nasa schulden für den Betrieb von Columbus, auszugleichen. Wir wollen also kein Steuergeld über den Teich schieben. Sondern wir tun das, indem wir das mit Logistik-Service bezahlen."

    In der Umlaufbahn blüht also munter der Tauschhandel. Motto: Schaffst Du mein Raumlabor Columbus nach oben, bringe ich für Dich Treibstoff und Material zur ISS. Wenn die USA Ende dieses Jahres den Betrieb der Shuttle-Flotte einstellen, hängt der Materialtransport zur Raumstation fast ausschließlich an den jährlichen ATV-Flügen. Die ISS-Betreiber hoffen, dass Europas Raumschiff bald nicht nur Material nach oben bringt, sondern auch heil wieder zurück auf die Erde.

    "Es gibt in der weiteren Zukunft Studien, um zu untersuchen, ob man aus einem ATV möglicherweise ein ARV machen kann, um eine Reentry Capsule anstelle des Cargo Carriers zu montieren. Die ersten Studien laufen. Wir warten auf weitere Entscheidungen, die auf der Seite der Mitgliedsstaaten bis Ende dieses Jahres zu treffen sind. Dann wollen wir mal sehen."

    Die ISS-Partner haben sich schon fast geeinigt, den Betrieb der Raumstation bis zum Jahr 2020 zu verlängern. Die Esa würde dann zwei weitere ATVs bestellen. Die könnten ab etwa 2015 unter Umständen auch Versuchsmaterial und Ausrüstungsgegenstände zurück zur Erde transportieren. Manche Experten hoffen gar, dass Ende dieses Jahrzehnts das ATV nicht nur Material, sondern auch Menschen ins All bringen könnte. Doch noch ist es nicht so weit: Die gut 400 Millionen Euro teure Mission des ATV 2 "Johannes Kepler" führt nur nach oben – eine Rückfahrkarte hat Europa bisher nicht.