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Macht Mozart schlau?

Psychologie. - Musik ist eine Zaubermacht, sie wirkt direkt auf Emotionen ein, beeinflusst Gedanken. Da ist es nahe liegend, einer Melodie noch mehr zuzutrauen. Wissenschaftler untersuchen, ob sich Musik auch als Training für das Gehirn nutzen lässt.

Von Volkart Wildermuth | 17.04.2007
    "Ich heiße Jannis und ich mag an Gitarre, dass es da ruhige und auch fetzige Lieder für gibt."

    Einmal die Woche geht Jannis zur Gitarrenstunde, zu Hause übt er die Melodien, mal mit mehr, mal mit weniger Ehrgeiz. Ihm macht es Spaß und seine Eltern sind stolz, wenn er beim Schulkonzert auftritt. Bei all der Mühe wäre es natürlich schön, wenn dank des Musikunterrichts nicht nur die Griffe, sondern auch Formeln und Vokabeln besser sitzen würden. "Macht Mozart schlau?" lautet die Frage und auch der Titel einer Studie die Dr. Ralf Schumacher von der Berliner Humboldt Universität für das Bundesfamilienministerium verfasst hat. Dass hier ausgerechnet Mozart genannt wird, ist kein Zufall, schließlich hat einmal der Mozarteffekt für Schlagzeilen gesorgt. Versuchspersonen, die der kleinen Nachtmusik lauschten, schnitten danach bei einer Aufgabe aus einem Intelligenztest besser ab. Seitdem gilt klassische Musik als Gehirntraining und CDs wie "Baby Mozart" werden so beworben:

    Klassische Musik kann die verbale Ausdrucksfähigkeit, die räumliche Wahrnehmung, die Kreativität, das Einfühlungsvermögen und das Gedächtnis Ihres Kindes fördern. Das haben Studien gezeigt.

    Dazu Ralf Schumacher:

    "Im Bezug auf das einfache Musikhören scheint es mir einfach so zu sein, dass die Leute sehr gerne einfache Rezepte haben, wie man schnell reich wird, wie man schnell abnimmt, und wie man schnell schlau wird und wenn das bloße Hören von Mozart-CDs ein Weg dazu wäre, dann scheint das natürlich sehr attraktiv zu sein."

    Inzwischen wurde der Mozarteffekt gründlich untersucht und Ralf Schumacher muss die Hoffnung, beim Musikhören quasi nebenbei Gehirngymnastik zu betreiben, deutlich dämpfen.

    "Es gibt tatsächlich kurze vorübergehende leistungssteigernde Effekte derart, dass dann, wenn man Musik hört, die man selber präferiert, ob das nun Mozart, Schubert, Popmusik ist, das kann zum Beispiel sein, dass man eine Geschichte von Steven King vorgelesen bekommt, das ist ganz und gar abhängig von der Präferenz der Person. Dass man unter solchen Voraussetzungen kurzzeitig in einer besseren Stimmung sich befindet, eine höhere kognitive Erregung zeigt und aus diesem Grund leistungsbereiter ist und etwas bessere Leistungen zeigt, als Personen, die das nicht bekommen haben."

    Doch schon nach zwanzig Minuten lässt dieser Effekt des passiven Musikhörens nach. Deshalb ist es auch unwahrscheinlich, dass CDs, die angeblich schon im Mutterleib Babys Hirn trainieren, irgendeinen bleibenden Einfluss haben. Anders sieht es aus, wenn man sich wie Jannis die Mühe macht, und selbst musiziert. In Kanada haben Forscher Schulkindern entweder Instrumental- oder Gesangsunterricht angeboten, ihnen eine Theatergruppe vermittelt oder ihnen keine besonderen Angebote gemacht und dann ihre Intelligenzentwicklung beobachtet

    "Und am Ende dieser acht Monate zeigte sich, dass die Kinder aus der aktiven Musikgruppe tatsächlich einen geringfügigen, an der Grenze zur Messbarkeit befindlichen Vorsprung zeigten. Sie waren nämlich im Durchschnitt drei Intelligenzpunkte besser. Das ist ein kleiner, aber angesichts der Größe der Gruppen statistisch signifikanter und zuverlässiger Effekt."

    Demgegenüber steht aber der erhebliche Übungsaufwand. Die Musik ist sicher keine Schnellstraße zum Schulerfolg.

    "Die Quintessenz ist, außerschulischer zusätzlicher Unterricht ist grundsätzlich gut, aber man sollte es wirklich abhängig machen von den Neigungen der Kinder und man muss sie nicht unbedingt in den Musikunterricht pressen. Wenn sie andere Neigungen haben, naturwissenschaftliche Neigungen, dann ist zusätzlicher Unterricht in diesen Bereichen sicherlich ebenso gut geeignet, um ihre kognitiven Fähigkeiten zu verbessern, wie Musikunterricht."

    Nicht der Blick auf die Schulnoten sollte Kinder zur Musik bringen, sondern die Freude am Musizieren.