Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Macron oder Le Pen
Das Duell der Antipoden

Aus elf mach zwei: Der erste Wahlgang in Frankreich ist gelaufen. Die großen Verlierer sind die etablierten Parteien, die die Fünfte Republik Frankreichs geprägt hatten. Nun gehen mit Marine Le Pen und Emmanuel Macron zwei in die Stichwahl, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Die extreme Europakritikerin gegen den gemäßigten Europa-Reformer.

Von Ursula Welter, Felicitas Boeselager und Jürgen König | 24.04.2017
    Die französischen Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen und Emmanuel Macron.
    Die französischen Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen und Emmanuel Macron. (dpa/picture alliance)
    "In 15 Tagen möchte ich euer Präsident werden. Der Präsident des ganzen Volkes von Frankreich. Der Präsident der Patrioten, gegen die Bedrohung durch Nationalisten."
    "Nun ist es an der Zeit, das französische Volk zu befreien. Das ganze Volk! Es ist an der Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen. Das Wesentliche steht auf dem Spiel, ja das Wesentliche, es geht um das Überleben Frankreichs."
    Die Gewinner des Abends. Emmanuel Macron tritt mit deutlicher Verspätung ans Rednerpult. Die Wahlparty seiner Bewegung "En marche" findet in den Messehallen an der Porte de Versailles von Paris statt. Auf dem Weg dorthin hat Macron, an der Seite seiner Frau Brigitte, sich von der Menge feiern lassen. Ein strahlender Sieger des ersten Wahlgangs.
    Marine Le Pen tritt verbissener ans Rednerpult. Sie hatte sich noch vor wenigen Tagen im Radiosender Europe 1 siegessicher gezeigt:
    "Ich werde in der ersten Wahlrunde vorne liegen. Denn ich spüre, dass es eine unglaubliche Mobilisierung gibt, eine unglaubliche Dynamik. Und ich kenne meine Wähler gut genug und denke, dass sie mich tragen werden und ich am Sonntagabend vorne liegen werde."
    Eine Wahl wie ein Erdbeben – allerdings mit Vorwarnung
    Aber es sollte anders kommen an diesem Wahlsonntag, dem 23. April 2017, der in jedem Fall in die Geschichte Frankreichs eingehen wird.
    Zum ersten mal sind die Vertreter der etablierten Parteien im ersten Durchgang aus dem Rennen geflogen. Es fehlen die Konservativen, die zur Zeit "Die Republikaner" heißen und es fehlen die Sozialisten der "Parti Socialiste", der Partei, die aktuell immerhin den Staatspräsidenten und die Regierungsmehrheit im Parlament stellt.

    Ein Erdbeben also, eines das allerdings mit Vorwarnung stattfand. Die Franzosen haben sich für "Erneuerung" entschieden. Mit Emmanuel Macron und Marine Le Pen ziehen zwei Politiker in die Stichwahl am 7. Mai, die keine der Parteien repräsentieren, die die Fünfte Republik maßgeblich geprägt haben. Marine Le Pen für den "Front National", Emmanuel Macron für eine Bewegung, die erst vor einem Jahr aus der Taufe gehoben wurde.
    "Ich habe mich entschieden, eine politische Bewegung zu gründen. Sie soll weder links noch rechts sein."
    In seiner Bewegung, "En Marche!" genannt, "Unterwegs!" oder auch "Vorwärts!", sollte jede und jeder mit ihren, mit seinen Ideen willkommen geheißen werden, so formulierte Macron es vor einem Jahr.
    "Ich bin Mitglied einer linken Regierung. Ich komme aus der Linken, ich bin ein Linker. Aber ich habe Lust, mit den Frauen und Männern der Rechten zu arbeiten. Wir können in einer gemeinsamen Anstrengung die Gutwilligen der Linken und der Rechten zusammenbringen! All jene, die sich eine Reform des Arbeitsmarktes vorstellen können, Arbeiter, Unternehmer, Investoren! All jene, die sich eine Aussöhnung von Freiheit und Gerechtigkeit vorstellen können! All jene, die an Europa glauben!"
    Emmanuel Macron, parteilos und ohne Parteimacht im Rücken auf der einen Seite. Auf der anderen Seite Marine Le Pen, mit dem rechtsextremen Front National hinter sich, der zwar eine alte Partei ist, aber erstens aus einem Familienclan entstanden ist und zweitens Schwierigkeiten hat, politische Allianzen zu bilden.
    Beide Kandidaten, die am 7. Mai in die Stichwahl gehen, müssen ihren Wählern also erst noch erklären, wie sie im Juni – nach den Parlamentswahlen – die nötige Mehrheit in der Nationalversammlung hinter sich bringen wollen.
    Inhaltlich geht es für die französischen Wähler so oder so um ein Duell der Antipoden. Zwei Programme, auf nahezu allen Ebenen unterschiedlich.
    Beispiel Europa. Marine Le Pen weigerte sich im Wahlkampf, im Fernsehen vor einer Europaflagge zu sprechen und auch am Wahlabend sorgte sie dafür, dass nur die französische Trikolore, und zwar in doppelter Ausführung, hinter ihr zu sehen war. Während die Kandidatin der Rechtsextremen also peinlich darauf bedacht ist, sich von der EU zu distanzieren, will Macron als Europäer wahrgenommen werden.
    Emmanuel Macron nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der ersten Wahlrunde um die französische Präsidentschaft.
    Emmanuel Macron nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der ersten Wahlrunde um die französische Präsidentschaft. (Daniel Fouray/MAXPPP/dpa)
    Emmanuel Macron und Sigmar Gabriel verstehen sich gut
    Bei der Wahlparty seiner Anhänger an der Port de Versailles wehte beides: die französische Flagge und Europas Sterne auf blauem Grund.
    "Wir sind Patrioten, weil wir kein abgeschottetes Frankreich lieben – wir lieben ein starkes Frankreich, ein Frankreich der Hoffnung – in Europa!"
    Emmanuel Macron ist ein leidenschaftlicher Europäer – und sieht Frankreich in einer "europäischen" Bringschuld. Die ersten sechs Monate seiner Präsidentschaft will er, im Falle des Wahlsiegs, dazu nutzen, die Deutschen von Frankreichs Reformfähigkeit zu überzeugen. Er verspricht strukturelle Reformen, will das Land neu aufstellen und die europäischen Budget-Regeln einhalten. Unter seiner Führung soll ein reformiertes Frankreich in Europa wieder eine führende Rolle einnehmen – an der Seite Deutschlands. Dessen Nähe hat Macron gezielt gesucht. Mit Bundesaußenminister, Sigmar Gabriel, versteht er sich gut:
    "Mich freut besonders, dass Emmanuel Macron diese Runde gewonnen hat, denn er war der einzige wirklich proeuropäische Kandidat, der sich nicht versteckt hat hinter Vorurteilen gegenüber Europa, der eine klare Sprache gesprochen hat und der für einen neuen Aufbruch in Frankreich und in Europa steht."
    Sigmar Gabriel und Emmanuel Macron waren zur selben Zeit Wirtschaftsminister ihres Landes. In dieser Funktion hatten sie vor wenigen Jahren bereits für eine Reform der Euro-Zone und für eine engere Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich in fiskalischen Fragen plädiert. 2015 schrieben sie in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die Zeitung "Die Welt".
    "Zehn Jahre nach dem französischen 'Nein' zum Verfassungsreferendum ist es an der Zeit, die wirtschaftliche und politische Debatte erneut zu führen und die Eurozone wieder in Ordnung zu bringen. Und zwar als Teil eines größeren Plans für eine Union, in der alle Mitgliedstaaten ihren Platz finden."
    Zentrale Probleme hätten die Euro-Zone von ihrer Gründung an begleitet. Macron und Gabriel plädierten für eine gezielte und wohldosierte Sozial- und Steuerzusammenarbeit beider Länder, namentlich für:
    "Mindestlohnkorridore nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sowie eine harmonisierte Körperschaftssteuer".
    Eine deutsch-französische Wunschliste, die Macrons Unterschrift trägt.
    Im französischen Wahlkampf plädierte Macron für einen gemeinsamen Euro-Finanz- und Wirtschaftsminister, sowie ein eigenes Budget für den Währungsraum. Details, die sich auch der amtierende sozialistische Staatspräsident Hollande, dessen Berater und Wirtschaftsminister Macron war, für seine Amtszeit auf die Fahnen geschrieben hatte – François Hollande war auf diesem Weg allerdings nicht weiter gekommen.
    Das Europaprogramm von Emmanuel Macron sieht, neben dieser Reform der Euro-Zone, eine enge Zusammenarbeit im Energiesektor und eine gemeinsame Verteidigungspolitik der Europäer unter einheitlichem Kommando vor.
    Für Marine Le Pen kommt Frankreich zuerst
    Mit Macron hat es also der europafreundlichste aller elf Kandidaten in die Stichwahl geschafft. Der parteilose Kandidat steht für eine Erneuerung der EU.
    Auch Marine Le Pen will eine andere EU, allerdings plädiert die Europa-Abgeordnete und Chefin des rechtsextremen Front National für ein "Europa der Nationen", für sie kommt Frankreich zuerst. Die EU und den Euro nennt sie ein "Instrument der Deutschen für Deutschland", und sagt, Frankreich unterliege dem "Diktat Brüssels":
    "Denn aus institutioneller Sicht leben wir in einer konfiszierten Demokratie – konfisziert durch Kommissare, die für uns entscheiden, aber ohne uns und gegen uns."

    Le Pen plädiert für den Austritt Frankreichs aus der Euro-Zone und über den Verbleib des Landes in der EU will sie abstimmen lassen – sollte sie Präsidentin werden:
    "Ich werde ein Referendum abhalten. Ich werde Sie nach Ihrer Meinung fragen, und zwar erst, nachdem ich mit Brüssel hart verhandelt habe, glauben Sie mir, übrigens nicht allein, denn ich bin sicher, dass andere Länder, die unter der EU leiden, an den Verhandlungstisch kommen werden."
    Die Europäische Union sei nicht Europa. Sagt Marine Le Pen:
    "Ah – man wirft uns vor, antieuropäisch zu denken. Das Gegenteil ist richtig. Weil wir zutiefst europäisch denken, wollen wir die europäische Idee wiederbeleben – das echte Europa, das ist die Vielfalt der Nationen, das ist das lebendige Europa."
    Am Wahlabend rief Marine Le Pen ihren Anhängern zu:
    "Die Franzosen stehen vor einer sehr einfachen Entscheidung. Entweder wir machen weiter mit der totalen Deregulierung und tragen die Konsequenzen, nämlich: die Auslagerung von Arbeitsplätzen, unfaire internationale Konkurrenz, Masseneinwanderung und freier Reiseverkehr von Terroristen. Oder aber ihr entscheidet euch für Frankreich, für Grenzen, die unsere Arbeitsplätze und unsere Kaufkraft sichern, sowie unsere Sicherheit und unsere nationale Identität."
    So können die Franzosen am 7. Mai zwischen zwei sehr unterschiedlichen Europakonzeptionen wählen.
    Marine Le Pen vor Unterstützern am Wahlabend in Henin-Beaumont
    Marine Le Pen vor Unterstützern am Wahlabend in Henin-Beaumont. (dpa / picture-alliance / Kristina Afanasyeva)
    Macron zeigt verschiedene Gesichter
    Aber auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik trennen Macron und Le Pen Welten.
    Der Chefin des Front National wird vorgehalten, sie führe Frankreich mit ihrem Wirtschaftsprogramm ins Abseits. Dennoch musste sich auch Macron Kritik gefallen lassen, weil seine Positionen teils unscharf wirkten. Er trete wie ein Heilsbringer auf, hieß es vielfach, lege sich aber in zentralen Fragen nicht fest – entsprechend kritisch sahen ihn auch manche Wähler:
    "Er geht nicht auf den Grund der Dinge, mir ist das alles viel zu oberflächlich."
    "Zu vielen Themen hat er überhaupt keine konkreten Ideen, nur schöne Versprechungen!"
    "Das ist nur Leere! Das ist nur Wind, was er macht, er spielt alles über die Emotion."
    Und tatsächlich zeigt Macron verschiedene Gesichter. Mal spricht er vor den Unternehmerverbänden von der "Befreiung" der Wirtschaft von staatlicher Bürokratie und starren Arbeitsregelungen und tritt dann wieder, vor Arbeitnehmern, vehement für die Beibehaltung ihrer elementaren Rechte ein.
    Macrons Programm sieht marktliberale Reformen, steuerliche Entlastung der Unternehmen und mehr Wettbewerb vor sowie weitere Einschränkungen bei der 35-Stunden-Woche; das Berufsbeamtentum soll teilweise zur Disposition gestellt, die im europäischen Vergleich weit überdurchschnittliche Fürsorglichkeit des Staats zurückgefahren werden.
    60 Milliarden Euro will er an Staatsausgaben einsparen, um die Neuverschuldung des Staats unter die Drei-Prozent-Marke zu drücken. Dafür sollen 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen und zehn Milliarden Euro bei den Behörden gespart werden, weitere zehn Milliarden Euro bei der Arbeitslosenversicherung, 15 Milliarden Euro bei der Krankenversicherung. Im Gegenzug will der parteilose Kandidat viel Geld in die Bildung investieren, die Grundschulen etwa sollen zugunsten kleinerer Klassen finanziell wesentlich besser gestellt werden.
    Le Pen plädiert für Protektionismus
    Das französische Defizit reduzieren will zwar auch Marine Le Pen, auf Zahlen legt sie sich nicht fest. So viel macht sie jedoch deutlich: Die Defizit-Reduktion soll – im Gegensatz zu den Plänen von Macron – durch Kürzungen beim französischen EU-Beitrag und durch den Kampf gegen Missbrauch von Sozialleistungen möglich werden.
    Die Wahlkampfthemen "Sozial-Missbrauch" und "Einwanderungspolitik" hängen für die Chefin des Front National eng zusammen.
    "Es tut uns leid, aber wir werden nationale Prioritäten durchsetzen. Das heißt, Franzosen werden zuerst bedient, sie werden in ihrem eigenen Land zuerst abgesichert. Und Ausländern, die hier nach Frankreich gekommen sind, um zu arbeiten, werden wir eine zweijährige Karenzfrist setzen, bevor sie Zugang zum gesamten Sozialversicherungssystem bekommen."
    Sozialleistungen sollten Franzosen vorbehalten sein, fordert Marine Le Pen, sie plädiert für Protektionismus, will die Grenzen nicht nur für Einwanderer schließen, sondern auch französische Unternehmer vor internationaler Konkurrenz schützen – man müsse, so sagt sie, der "wilden Globalisierung" ein Ende setzen.
    Neben der Europa- und Wirtschaftspolitik trennt die beiden Anwärter auf das französische Präsidentschaftsamt aber vor allem das Bild, das sie von Frankreich haben.
    Emmanuel Macron plädiert für ein "offenes" Land, das sich seiner Werte bewusst ist.
    "Wenn ich auf Marseille schaue, sehe ich eine französische Stadt – geprägt durch eine 2.000-jährige Geschichte der Einwanderung. Ich sehe Armenier, Komorer, Italiener, Algerier, Marokkaner, Tunesier, Senegalesen, Mali ist vertreten und die Elfenbeinküste Ich sehe Bürger von Marseille! Ich sehe Franzosen!"
    Die Aufnahme von Flüchtlingen könne auch eine Chance sein, sagt der unabhängige Kandidat, er plädiert zugleich aber für eine bessere Integration – denn die Perspektivlosigkeit vieler Einwandererkinder sei eines der zentralen Probleme Frankreichs.
    Marine Le Pen bietet das Kontrastprogramm an: Wer einen Ausländer beschäftigt, soll dafür Steuern zahlen. Wer in Frankreich geboren wird, soll nicht mehr ohne weiteres die französische Staatsbürgerschaft erlangen können. Die Kandidatin des "Front National" sagt, Frankreich müsse sich vor der "Masseneinwanderung" schützen.
    "Ich vertrete ein Modell, das der Verteidigung unserer Sicherheit und unserer Identitäten dient: durch einen totalen Stopp der Masseneinwanderung. Manche werden jetzt sagen: Ich bin die Anti-Merkel – diese Vorhersage nehme ich gerne an!"
    Als Marine Le Pen am Abend des ersten Wahldurchgangs, anders als sie gehofft hatte, nicht auf Platz Eins landete, gibt es Anhänger im Saal die kritisieren, der "Front National" habe sich mit seiner "Euro"- und "EU-Kritik" vielleicht zu sehr von seinem Kernprogramm entfernt – von den Themen Einwanderung und Sicherheit.
    Beide stellen sich als Kandidaten der Erneuerung dar
    Die Identitätsdebatte, die terroristische Bedrohung, unter der Frankreich leidet, diese Themen wird Marine Le Pen zwischen beiden Wahlgängen daher in den Mittelpunkt stellen.
    Bei allen Differenzen – Macron und Le Pen eint eines: Sie stellen sich beide dar als Kandidaten der Erneuerung, die außerhalb "des Systems" stehen. Ein Begriff, den der "Front National" – mit seiner tief greifenden Institutionenkritik früh geprägt hatte und der in den Augen Le Pens auch die Medien mit einbezieht. Aber nicht nur:
    "Das System, das sind die Banken. Das System, das sind Leute, die von der Realität des Landes losgelöst sind, die unter sich bleiben und ihre Interessen verteidigen, und die eine Politik gegen den Willen der Völker betreiben. Das ist das System. Das System sind die Leute, die weiterhin für eine massive Einwanderung in unser Land stehen, während die Franzosen sehr mehrheitlich gegen diese massive Einwanderung sind."
    Sagt Marine Le Pen. Den Begriff "Das System" nimmt am Abend des ersten Wahldurchgangs aber auch Emmanuel Macron in den Mund:
    "Ab heute Abend besteht die Herausforderung nicht mehr darin, gegen wen auch immer zu stimmen. Die Herausforderung besteht darin, mit diesem System komplett zu brechen, das seit mehr als 30 Jahren unfähig ist, die Probleme unseres Landes zu lösen."
    Macron ist ein versierter Rhetoriker. Er tut alles nur Denkbare, um seinen Bruch mit der Regierungspolitik François Hollandes hervorzuheben. Er möchte vergessen machen, dass er Berater im Élysée und Wirtschaftsminister des amtierenden Präsidenten war. Deshalb unterstreicht er immer und immer wieder:
    "Ich habe nein gesagt. Ich habe mehrere Male nein gesagt! Ich habe die Regierung verlassen. Ich habe mein öffentliches Amt aufgegeben. Um das Risiko einzugehen, um es zu wagen - mit Euch! Weil ihr da wart! Weil ihr es wolltet! Wer gibt mir denn die Kraft? Etwa die, die seit mehr als 30 Jahren in diesem politischen Leben baden?"
    Schon am Wahlabend wurde jedoch klar. Emmanuel Macron wird ohne die, die seit "mehr als 30 Jahren in diesem politischen Leben baden", wie er es ausdrückt, nicht auskommen.
    Die Mehrheit der Wahlverlierer stellte sich hinter den parteilosen Kandidaten – während sich die Wahlempfehlungen für Marine Le Pen an einer Hand abzählen ließen. Die Chefin des "Front National" wird versuchen, diese Schwäche in Stärke umzumünzen: Macron, sagt sie, stehe nicht für Erneuerung.
    In Umfragen allerdings werden Marine Le Pen für den 7. Mai geringe Chancen eingeräumt. Auch deshalb konnte Emmanuel Macron seinen Anhängern nach dem ersten Wahlgang zurufen:
    "Ihr seid das Gesicht der französischen Hoffnung, das Gesicht, das ich in 15 Tagen zum Sieg bringen möchte."