Donnerstag, 18. April 2024


März 2016: alles, was ich lernen wollte

Im März geht es bei »lyrix« um "alles, was ich lernen wollte". Welche Träume und Ziele geben euch Motivation und Kraft, etwas zu erlernen? Und ist der Mensch wirklich das intelligenteste und geistig überlegenste Wesen auf der Welt oder ist auch er in manchen Bereichen unwissend und unfähig? Lasst euch von Carl-Christian Elzes Gedicht "alles hab ich von hunden gelernt" inspirieren.

01.03.2016
    In der Ausstellung "ROOTS / Wurzeln der Menschheit" laufen zwei jugendliche Besucher am Donnerstag (06.07.2006) im Rheinischen LandesMuseum in Bonn an einer Plakatwand vorbei, die den Evolutionsverlauf zum Homo Sapiens beschreibt.
    Eine Ausstellung zum Evolutionsverlauf des Homo Sapiens (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    alles hab ich von hunden gelernt:
    alles, was mich wegbringt von mir
    und zu anderen hin; wie ein zärtlicher trick
    nur von hunden beherrscht. schon als kind
    haben mir hunde gedient, ihre liebe
    geschenkt, ihre kleinen, wie in der luft
    hängenden herzen, ohne zu fordern
    ohne ununterbrochen zu fordern:
    gib mir deins! wie konnte ich ahnen
    dass sie alle belohnt werden würden
    diese kleinen, in der luft hängenden
    bergpredigenden gebilde
    belohnt werden würden für ihr fernsein
    von sich. alles, was ich lernen wollte
    war ein trick; nur von hunden beherrscht
    und von geburt an gezeigt allen menschen. –
    der schwierigste trick unter menschen.
    (aus: "diese kleinen, in der luft hängenden, bergpredigenden gebilde". Verlagshaus Berlin, 2016)
    Wir Menschen lernen und entwickeln uns stetig, unser Gehirn nimmt pausenlos neue Informationen auf, die verarbeitet werden. Mit dem Lernen beginnen wir sehr früh, als Kind zuerst mit Laufen und Sprechen, später kommen Lesen, Schreiben, Rechnen hinzu und eine große Masse an Daten und Fakten – wir häufen uns Wissen und Fähigkeiten an.
    Geht es bei "alle[m], was ich lernen wollte" aber vielleicht gar nicht ums Snowboardfahren oder Chinesisch sprechen, sondern vielmehr um ein natürliches Grundempfinden? Eine natürliche Einstellung, die dem Menschen "von geburt an gezeigt", jedoch durch Erziehung sehr schnell zum "schwierigsten trick" wird und so abhandenkommt?
    Carl-Christian Elze beschreibt das Neuerlernen dieser Fähigkeiten, das "fernsein von sich", als eine Bereicherung des Menschen und "ein zärtlicher trick / nur von hunden beherrscht". Hunde als ständige Begleiter des Menschen belehren diesen über soziale Kompetenzen, weil sie selbst "ihre kleinen, wie in der luft / hängenden herzen, ohne zu fordern / ohne ununterbrochen zu fordern: / gib mir deins!" an den Menschen verschenken. Diese Fähigkeit, bedings- und selbstlos zu lieben, ist eine große Kunst.
    Ist euch schon einmal der Gedanke gekommen "Das ist alles, was ich lernen wollte"? Von wem habt ihr gelernt? Vielleicht sogar alles, was euch jetzt wichtig erscheint. Was möchtet ihr noch lernen und wer soll es euch beibringen? Wofür setzt ihr gerne eure Energie ein, um es zu können? Und ändert sich eure Einstellung zu "allem, was ihr lernen wolltet"?
    Schickt uns eure Texte zum Thema "alles, was ich lernen wollte"! Wir freuen uns!
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    Carl-Christian Elze wurde 1974 in Berlin geboren und lebt in Leipzig. Er studierte Biologie und Germanistik, und von 2004-2008 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Von 2002 bis 2009 war er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift plumbum. Carl-Christian Elze schreibt Gedichte, Prosa, Drehbücher und Libretti. Zahlreiche Einzelveröffentlichungen und Beiträge in Literaturzeitschriften und Anthologien wie Lyrik von Jetzt 2 und Jahrbuch der Lyrik. Er erhielt für sein Werk verschiedene Preise und Stipendien, zuletzt den Joachim-Ringelnatz-Nachwuchspreis der Stadt Cuxhaven und ein Bundesstipendium für das Deutsche Studienzentrum Venedig. Sein letzter Gedichtband "ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist" erschien 2013 im luxbooks Verlag, sein Erzählband "Aufzeichnungen eines albernen Menschen" 2014 im Verlagshaus Berlin. Seit 2013 betreibt er zusammen mit Janin Wölke, Udo Grashoff, Mario Salazar und Christian Kreis die Lesereihe niemerlang in Leipzig.
    "Der die Tiere und die Verse kennt, uns mit zärtlicher Ironie berührt, kundig nach unseren Körpern fragt – und uns mit geschickt leichter Hand in Gedichträume führt, die sie uns fühlen lassen, die berückende Nähe von Komik und Ernst, von Groteske, Verzweiflung und Lebensmut."
    (Ulrike Draesner anlässlich der Verleihung des Joachim-Ringelnatz-Nachwuchs-preises 2014 an Carl-Christian Elze)
    "Schwäne mit Köchinnenhälsen, Lippen, die so weich sind wie Fischinnereien, Gras, das als Fell im Wind schwimmt, und Sommersprossen, die selbst Tote aufwecken und an der Klingelschnur im Sarg reißen lassen würden: Carl-Christian Elzes neue Gedichte bedienen sich eines Tons, der in der zeitgenössischen Lyrik vielleicht gefehlt hat – einfach, ohne banal zu sein, direkt und dennoch originell, bild- und vergleichsstark, mal komisch, mal derb, oft überraschend und immer berührend. Ein Band, der leicht wirkt, so luftig ist wie der titelgebende Wasserturm, der aber nachwirkt; Gedichte, die so zärtlich wie übermütig daherkommen."
    (Jan Wagner zu "ich lebe in einem wasserturm am meer, was albern ist", ausgewählt von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Stiftung Lyrik Kabinett für die Gedichtbücher des Jahres 2013)
    Jeden Monat ist »lyrix« zu Gast in einem deutschen, österreichischen oder Schweizer Museum und lässt Lyrik auf Kunst treffen. Angelehnt an das aktuelle Leitmotiv findet dort eine Schreibwerkstatt oder eine Autorenbegegnung mit der Autorin/dem Autor unseres Monatsthemas statt. Wer sich für diese Werkstätten und Begegnungen interessiert, schreibt einfach eine Mail an info-lyrix@deutschlandradio.de.
    Im März 2016 sind Carl-Christian Elze und »lyrix« im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz zu Gast. Das Museum hat als Inspiration eine Grube mit mysteriösen Funden ausgewählt. Was kann man von ihr lernen? Kann man auch von ihr aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen wie es Carl-Christian Elzes Text beschreibt?
    Muschelgrube
    1976 stießen Archäologen bei Ausgrabungen in Zauschwitz, südlich von Leipzig auf eine eigenartige Grube. Sie war drei Meter tief. Auf dem Grund lagen unter einer Schicht von 10.000 Muschelschalen das Skelett eines Säuglings, 5 Hundeschädel, Tongefäße, Werkzeuge aus Knochen und Stein, eine Tontrommel, ein Spinnwirtel, sowie Steinbeile. Weiterhin enthielt die Grube Knochen von Schaf, Schwein, Ziege und Hirsch sowie 3 Schildkrötenpanzer. Wir wissen nicht, ob es sich bei diesem 5400 bis 5000 Jahre alten Fund um eine Kinderbestattung oder um ein Menschen- und Tieropfer handelt.
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    Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz – smac
    300.000 Jahre Kulturgeschichte Sachsens – garantiert staubfrei. Auf drei Etagen präsentiert das smac modern und multimedial, was Ausgrabungen im Freistaat ans Tageslicht förderten. Highlights sind die zeitdynamische Sachsenkarte, die spiegelnden Installationen zur Altsteinzeit und die über 45 Meter lange Vitrinenwand mit 1300 Alltagsgegenständen des Mittelalters und der Neuzeit.
    Sitz des Museums ist das ehemalige Kaufhaus Schocken, eine Ikone des Neuen Bauens. Das smac würdigt der bewegten Geschichte des Gebäudes drei weitere Ausstellungsbereiche.
    www.smac.sachsen.de