Freitag, 29. März 2024

Archiv

Magazin "Contre Terrorisme"
Information oder Panikmache?

Seit Anfang dieses Jahres erscheint in Frankreich die Zeitschrift "Contre Terrorisme". Den anderen Medien wirft der Redaktionsleiter vor, nur oberflächlich und ohne Fachkenntnisse über die islamistische Gefahr zu berichten – und er kritisiert die "naiven" Linken und die französische Regierung.

Von Margit Hillmann | 15.02.2018
    Ein Zeitungskiosk in Paris
    Am Zeitungskiosk in der Pariser Innenstadt wird seit diesem Jahr auch das Magazin "Contre Terrorisme" verkauft. (AFP / Jacques DEMARTHON)
    Der Kiosk am Pariser Place de la Bastille hat das Terrorismus-Magazin "Contre Terrorisme" werbewirksam gleich neben der Kasse platziert. Auf dem Titel: die schemenhaften Umrisse eines Kapuzenträgers, der sich in tiefschwarzer Dunkelheit verbirgt. Der Kioskbesitzer hat die erste Ausgabe der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift durchgeblättert.
    Und? Ist das Terrorismus-Magazin interessant?
    "Ich bin kein Fan, finde es nicht gut, wenn es in den Medien ständig um Terrorismus geht. Damit bringt man womöglich noch Leute auf den Trichter, selbst terroristische Taten zu begehen."
    Skeptisch reagiert auch seine Kundschaft auf das neue Magazin: "Ich finde die Zeitschrift eigenartig", sagt ein Passant. "Schon der Titel 'Gegen Terrorismus' und die Unterzeile: 'Das erste Magazin über die terroristische Bedrohung!' Zu viel Panikmache."
    Kritik an Meinungsmachern der "naiven" Linken
    "IS - Die Wahrheit über die islamistische Bedrohung" - so ist die Titelgeschichte der ersten Ausgabe überschrieben. Knapp zwei Seiten füllt der Artikel: Allgemeinplätze über die Gefahr des Islamismus für demokratische Gesellschaften, eine flüchtige Bestandsaufnahme zum militärischen Sieg über das Kalifat und die Warnung an den Leser, die Islamismusgefahr als erledigt zu betrachten.
    Aufgefüllt ist die Story mit Vorwürfen gegen eine inkompetente französische Regierung, gegen Intellektuelle und Meinungsmacher aus der sogenannten "naiven" Linken, die die Gefahr des politischen Islamismus herunterspielen würden.
    Ideologische Polemik, die sich in zahlreichen Artikeln der 80-Seiten-Zeitschrift wiederfindet. Etwa in einem Essay zum dritten Jahrestag der Anschläge auf das Satireblatt Charlie Hebdo oder einem Aufsatz über die "Negationisten des Islamismus".
    "Medien berichten ausgewogen"
    Als "Kampfblatt" bezeichnet Mediensoziologin Isabelle Veyrat-Masson vom französischen Forschungszentrum CNRS das Terrorismusmagazin und kritisiert: Wer seinen Lesern verspricht die Wahrheit zu sagen, suggeriere, dass andere Medien sie verstecken. Eine redaktionelle Linie, die nur wenige Leser ansprechen dürfte, glaubt die Wissenschaftlerin, die zum Thema Medien und Terrorismus geforscht hat.
    "Wir haben die Berichterstattung der französischen Medien analysiert – in den Tagen nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo, das Bataclan und Nizza, aber auch langfristiger. Debatten in den Medien, Experteninterviews und so weiter. Wir haben keine auffälligen Entgleisungen beobachten können, insgesamt haben die Medien ausgewogen und vielseitig berichtet. Das haben auch unsere Studien über die Wahrnehmung in der Bevölkerung bestätigt. Abgesehen von der Kritik muslimischer Franzosen, die sich über eine stigmatisierende Berichterstattung beklagt haben, fühlte sich die große Mehrheit der Franzosen in Sachen Terrorismus gut informiert."
    Redaktionsleiter und Aushängeschild des neuen Terrorismusmagazins ist Mohamed Sifaoui. Bekanntgeworden ist der Journalist mit Enthüllungsgeschichten über die französische Islamistenszene. Er kreidet den französischen Medien an, oberflächlich und ohne Fachkenntnisse über die islamistische Gefahr zu berichten. Vorwürfe, mit denen der Redaktionsleiter von "Contre Terrorisme", der auch regelmäßig als Spezialist für Terrorismusfragen in den Medien auftritt, seit Jahren selbst zu kämpfen hat.
    Expansion auch außerhalb Frankreichs
    Journalistenkollegen und namhafte Wissenschaftler kritisieren einen politischen Scharfmacher und Pseudoexperten, der auf einer Welle surfe. Sifaoui ficht das nicht an. Die Kritik sei der Beweis, dass es höchste Zeit für eine Antiterrorzeitschrift sei, die kompromisslos aufkläre und wachrüttele.
    "Es gibt heute noch immer eine Art Verdrängung. Gewisse Leute haben noch immer nicht kapiert, was auf dem Spiel steht. Unser Terrorismus-Magazin ist ein Kampf der Sensibilisierung und Information. Und auch mein persönlicher Kampf als Bürger und Mensch, der sich dagegen wehrt, dass der totalitäre Islamismus uns vorschreiben will, was wir zu denken, zu schreiben - oder wie im Fall Charlie Hebdo - zu zeichnen haben."
    Die Macher des Anti-Terrormagazins setzen übrigens nicht nur auf den französischen Pressemarkt. Auch im französischsprachigen Ausland soll die Zeitschrift überzeugen. Sie sei bereits in Zeitungskiosken in Belgien, der Schweiz, Luxemburg, Tunesien und Marokko erhältlich, wirbt die Redaktion in den sozialen Netzen.