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Makkabispiele 2011

Reihenweise Gold im Schwimmen, Tischtennis und Schach gab es für Makkabi-Deutschland in den ersten Tagen. Auch die deutschen, jüdischen Nationalmannschaften im Fußball und im Hockey stehen kurz vor Medaillen-Erfolgen.

Von Robert Hunke | 09.07.2011
    Als Österreichs Bundespräsident Präsident Dr. Heinz Fischer diese Woche die dreizehnten europäischen Makkabispiele eröffnete, war der Wiener Rathausplatz geschmückt mit den Fahnen Israels.

    Hier wo man Theodor Herzl vor 115 Jahren noch für seine Idee eines jüdischen Staates verlachte und wo das jüdische Leben vor 75 Jahren durch die Nazis zerschlagen wurde.
    Der deutsche Fahnenträger war Gerd Rosenthal, Sohn des legendären deutsch-jüdischen Talkmasters Hans Rosenthal. Er ist Hockeytrainer von Makkabi-Deutschland. Für ihn eine ganz besondere Ehre

    "Es ist eine großartige Stimmung, weil jedes Land singt feiert, man akzeptiert den anderen. Man stoppt, singt selbst seine Lieder. Einfach ein Traum, ganz toll!"

    Ein deutsches Lied singen, noch bis vor einigen Jahren war das auf den Makkabispielen verpönt. Während der ersten vier Tage hier in Wien fällt aber auf: Die deutschen Trainingsanzüge sind beim obligatorischen Tausch der Sportler die Beliebtesten.

    Neues, deutsches Selbstbewusstsein zeigt die sogenannte deutsche, jüdische Fußball-Nationalmannschaft auch in ihrer Folklore. Die Schotten tanzen in Kilts durch die Straßen, die Deutschen singen. Eine Kostprobe. Ernest, der stolze hessische Jude, normalerweise Chefeinpeitscher der Fans von Kickers Offenbach, jetzt dirigiert der Torwart auf seine eigene Weise Makkabi-Deutschland:

    " Makkabi…Deutschland….Makkabi….Deutschland…"

    Bewusstes Judentum mit deutscher Identität und das gerade hier bei den ersten Makkabiaden auf deutschsprachigem Boden. Für Dr. Dieter Graumann, Präsident des deutschen Zentralrats der Juden bedeutet das ein Zeichen, gerade in Österreich, einem Land, das durchaus Nährboden für Antisemitismus bietet und in einer Stadt, in dem jeder Vierte antisemitisch wählt:

    "Dass die Spiele gerade hier in Österreich stattfinden, finde ich ganz besonders nett! Denn man muss das ja ein bisschen politisch sehen. Denn vor ein paar Monaten gab es hier in Wien Gemeinderatswahlen und da hat hier die FPÖ hier im wunderschönen Wien 27 Prozent bekommen! Und wenn wir hier nun als jüdische Gemeinschaft auftreten in Europa. In Wien, im Herzen von Wien. In Anwesenheit des österreichischen Bundespräsidenten, dann hat das einen ganz besonderen Touch. Das zeigt: Wir Juden sind da! Wir sind nicht arrogant aber wir setzten ein Zeichen von Herzlichkeit und Fröhlichkeit!"

    Und das findet man in geballter Form in einem Sportzentrum Haokah, dem Herzen der Spiele. Es war schon in den Zwanzigern die Seele des jüdischen Sports war. Hektisches Treiben jeden Tag. Mit Haokah Wien hatte Österreich 1925 hier einen rein jüdischen Verein als österreichischen Fußballmeister.

    Erst seit drei Jahren ist dieser Mikrokosmos jüdischen Lebens wieder vollständig hergestellt. In der Mitte der Basketball-Halle: ein riesiger Davidstern. Drumherum ein jüdischer Hort, eine jüdische Bibliothek. Nun ist dieses Gelände Schauplatz für alle Wettkämpfe der European Maccabi Games.

    Ein nicht gerade einfacher Moment daher gestern: das erste Mal Gold für Deutschland und zwar im Schwimmen, für den Freiburger Jonathan Ben Shlomo.:

    "Gold in 50 meters butterfly for Jonathan Ben Shlomo, Germany...please give a big hand! "

    Der Ursprung der Makkabispiele ist übrigens in der Ausgrenzung aus anderen, nicht jüdischen Vereinen zu suchen und nicht aus Gründen der Separierung. Auch wenn die Veranstaltung durchaus zionistisch geprägt ist. Überall auf dem Gelände wirbt das Land Israel um Juden aus aller Welt. Es sind sehr friedliche Spiele.

    Naja, so ganz dann doch nicht. Im Fußball beim 5:3 Deutschlands über Holland gab es gleich Mal zwei rote Karten und viele Fouls. Völkerverständigung hat auch seine Grenzen. Bestes Beispiel: Im Hotel, wo neben Deutschland auch viele andere jüdische Nationalmannschaften wohnen, herrscht höchste Sicherheitsstufe. Ohne Kontrollen geht hier gar nichts. Neben privaten Sicherheitsdiensten und der Wiener Polizei bewachen Truppen der israelischen Regierungen das Gebäude Tag und Nacht. Und ausgerechnet in dieser Zeit leben hier neben den Makkabi-Teams vier weitere Gäste. Ein paar konservative arabische Paare, die Frau in Burka. Gecheckt wurden sie vom Geheimdienst, alles okay, keine Gefahr. Aber man geht sich aus dem Weg, das geht zu weit. Gesprochen wird zwischen den Makkabäern und den Muslimen nicht!

    Die meisten dieser jüdischen Sportler, sie kennen den Nahostkonflikt nur aus der Ferne, sie lieben zwar Israel, das Gelobte Land, doch fühlen sie sich wohl als italienische, schottische oder deutsche Juden. Wie Rebecca Landshut. Die Hockeyspielerin wurde erst im Februar als Mannschaftsführerin Weltmeister mit Deutschland, nun steht sie mit den Damen der deutschen, jüdischen Nationalmannschaft kurz vor Gold in Wien, für sie ein noch tieferes Erlebnis als die WM:

    "Und hier ist wirklich dieses Miteinander. Gestern, das Shabatt-Essen war super nett! Es ist das Drumherum. Wenn man dann Gold holen kann ist es gut und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, dann ist es trotzdem eine super Veranstaltung"

    So, oder so, noch vier Tage dauert die größte jüdische Party Europas!
    Bis zum 13. Juli 2011 finden in Wien die Makkabi-Spiele statt.
    Bis zum 13. Juli 2011 finden in Wien die Makkabi-Spiele statt. (European Makkabi Games)