Freitag, 19. April 2024

Archiv

Mallorca
Ensaimadas - mehr als bloß Gebäck

Wer in diesen Tagen durch die Altstadt von Palma schlendert, Mallorcas Hauptstadt, der sieht immer wieder Menschen, die große, runde Pappschachteln durch die Straßen tragen. In den Schachteln ist das typische Gebäck der Insel, die Ensaimadas. Und der größte Ansturm steht an Weihnachten bevor.

Von Anna Postels | 18.12.2016
    Eine mallorquinische Spezialität: Ensaimadas
    Eine mallorquinische Spezialität: Ensaimadas (Deutschlandradio / Anne Postels)
    Wer in diesen Tagen durch die Altstadt von Palma schlendert, Mallorcas Hauptstadt, der sieht immer wieder Menschen, die große, runde Pappschachteln durch die Straßen tragen. In den Schachteln ist das typische Gebäck der Insel, die Ensaimadas. Und der größte Ansturm steht an Weihnachten bevor. Anna Postels hat sich in einer Backstube umgeschaut, was es mit diesen Ensaimadas so auf sich hat und was das süße Gebäck mit Streichwurst zu tun hat.
    "Die Zutaten der Ensaimadas sind: Man nimmt: Zucker, Eier, Hefe, Mehl und Wasser. Man rollt den Teig mit dem Nudelholz aus, indem man zuerst von der Mitte her nach unten zieht, schön dünn, wie ein Zigarettenpapier. Dann Schweineschmalz gut verteilen. Das sind sind die kleinen Ensaimadas."
    Toni Dilme ist pastelero, Gebäckmacher, oder auch: Konditor. 60 Jahre alt, graues Haar, die Lesebrille vorne auf der Nase. Das T-Shirt spannt sich um den Bauch, wahrscheinlich ist es nicht unhöflich, anzunehmen, dass Toni auch privat gerne Gebäck nascht. Seitdem er 17 ist, arbeitet er als Pastelero. Es ist Samstagmorgen um acht Uhr in der Altstadt von Palma de Mallorca. In der Backstube vom Café "Can Joan de s’Aigo" rollt der Toni Dilme Teig zu kleinen Schnecken. Einige füllt er mit Schokolade:
    "Welche Sorten es noch gibt? Hier haben wir die Ensaimadas mit Sobrasada, eine Streichwurst, eine Spezialität auf Mallorca. Außerdem noch Aprikose oder Creme. Oder eben pur und ohne Füllung. Das ist typisch für Mallorca, die Ensaimada und die Sobrasada."
    Ensaimadas in vielen Variationen
    Streichwurst auf einem süßen Gebäck? Das klingt für fremde Ohren erst einmal ungewöhnlich. Aber das Ergebnis aus fluffigem Teig, der herzhaften, weichen Wurst und kleinen, knusprigen Zuckerstücken ist köstlich. Ein Gebäckstück ist für etwa zwei Euro zu haben und so eine Spezialität für alle und zu jeder Tageszeit und für jeden Geschmack. Die Ensaimadas zum Mitnehmen sind groß wie ein Suppenteller und verpackt in hübschen Pappkartons.
    In der kleinen Backstube ist nicht viel Platz. Ein großer Tisch in der Mitte, links und rechts daneben Rührgeräte, Säcke mit Mehl und Zucker, Rollwagen für die Bleche, in einer Ecke der Ofen. Bis zu vier Pasteleros stellen hier in der Backstube hinter dem Café jeden Morgen etwa 1.500 der berühmten Gebäckteilchen mit der Hand her, die immer am Tag darauf im Ofen gebacken werden. An besonderen Tagen sind es auch mehr.
    "Der stärkste Tag des ganzen Jahres ist Heilig Abend, Noche Buena. Da machen wir 8.000 Stück, mehr oder weniger. Es ist Tradition bei uns, in dieser Nacht Ensaimada mit heißer Schokolade zu essen. Es kommen dann viele Leute hier hierher um Ensaimadas zu kaufen und mit nach Hause zu nehmen."
    Bis sechs Uhr morgens hat das Cafe an Heiligabend geöffnet. Und nicht nur die Ensaïmada an Weihnachten ist eine Tradition, auch das Café mit dem katalanischen Namen "Can Joan de s’Aigo" kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und ist eines der ältesten Cafés der Stadt. Leonor Vich Martorell betreibt mit ihrer Familie das Café.
    "Das Haus ist aus dem 18. Jahrhundert. Der erste Besitzer von diesem Laden hat Wasser und Eis aus den Bergen hier verkauft. Im Winter haben sie das Eis aus dem Tramuntana-Geburge geholt. Und im Sommer haben sie dann kaltes Wasser verkauft. Can Joan ist sein Name und Aigo bedeutet Wasser, kaltes Wasser."
    Versteckt liegt das Café in einer Altstadtgasse. Viel dunkles Holz, Spiegel, Marmortische, alte Fliesen auf dem Boden, auffällige Leuchter an der Decke, hier treffen sich auch die Señoras der Stadt gerne.
    "Es ist unser typisches Gebäck und wir lieben Ensaimadas. Heutzutage essen wir es nicht mehr jeden Tag. Aber zu Zeiten meiner Großeltern war es das normale Frühstück am Morgen. Café con Leche und Ensaimadas. Wenn Leute vom Festland kommen, Madrid, Barcelona, Touristen im Allgemeinen, nehmen sie Ensaimadas als Souvenir oder Geschenk mit.
    Mittlerweile ist es neun Uhr morgens. An den Marmortischen im Café sitzen Gruppen mit Freunden, Paare, Familien oder ältere Damen. Es geht typisch spanisch, also lebendig und laut zu. Die Freundinnen Antonia, aus dem Südwesten Mallorcas, und Magdalena, aus Palma, treffen sich zum Frühstück. Vor ihnen steht ein Teller mit drei verschiedenen Gebäckstücken auf dem Tisch. "Es schmeckt mir, aber ich esse es nicht oft, weil sie etwas schwer sind."
    "Das ist das leckerste Gebäck auf Mallorca und ich liebe es, ich liebe es! Besonders hier die Ensaimadas in Can Joan sind für mich die besten in Palma."
    Und weil die Gebäckschnecken eine so große Bedeutung für die Mallorquiner haben, werden sie überall auf der Insel verkauft. In Palma gibt es sie in unzähligen Pastelarien, also Bäckereien, und Forn, Katalan für "Ofen", zu kaufen.
    Gegen 13 Uhr, kurz bevor die Siesta in Palma beginnt, endet Tonis Dilmes Arbeitstag mit 1.700 Ensaimadas.
    "Es ist unsere Tradition hier. Es ist ein Symbol, das zu Mallorca gehört.