Donnerstag, 25. April 2024

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Marina & The Kats
"Für uns ist es eher ein Herantasten"

Die Grazer Sängerin Marina Zettl hat ursprünglich Klassik und Jazz gehört, ließ sich dann an der Musikhochschule zur Jazzsängerin ausbilden, interessierte sich nach dem Studium aber mehr für Pop- und elektronische Musik. Als "Marina & the Kats" nähert sich die Österreicherin nun wieder dem Jazz an. Genau gesagt, der Musik im Stil der 40er-Jahre.

Die Grazer Sängerin Marina Zettl und Bandkollege Thomas Mauerhofer im Corsogespräch mit Anja Buchmann | 13.06.2015
    Marina Zettl: Ich glaub, bei mir war es erst mal eine Befreiung. Ich habe sehr früh angefangen zu studieren, ich war damals 18/19, und hab erst während des Musikstudiums andere Stile kennengelernt. Wie zum Beispiel elektronische Musik, damit war ich vorher nie in Berührung gekommen. Ich hab einfach alles ausprobiert.
    Thomas Mauerhofer: Ich find das ja wichtig, wenn man so will ist das auch ein bisschen in dem Jazzgedanken drin für mich. Dass man vieles ausprobiert, immer offenbleibt und Sachen sich ansieht, schaut, davon kann ich was in meine Musik reinnehmen. Je mehr man kennt, desto mehr Grundstock hast Du...
    Zettl: Da kommt man eher drauf, was man möchte. Denn wenn man immer nur das Gleiche macht, dann weiß man gar nicht, ob es was Schöneres und Besseres gibt, was einem mehr liegt.
    Mauerhofer: Das ist vielleicht unser Zugang, es gibt ja auch den anderen Zugang, wenn andere sagen: Die Musik möchte ich machen und die machen immer die Musik. Für uns ist es eher ein Herantasten.
    Anja Buchmann: Haben Sie ein Gefühl, wie "jetzt sind wir da angekommen, wo wir eigentlich ursprünglich hinwollten" oder kann das auch ne Zwischenstation sein und es kann weiter gehen in völlig andere musikalische Richtungen? Sofern das jetzt schon abzusehen ist.
    Mauerhofer: Ich finde schon, dass wir angekommen sind, aber ich würde es nicht in Stein meißeln. In der Musik sollte man nichts in Stein meißeln.
    Zettl: Mit Marina & the Kats ist es sicherlich das, was wir jetzt machen. Wir wollten ja eigentlich eine neue Marina Zettl-Platte machen. So haben wir uns ja alle drei kennengelernt, die Jungs haben auf meinen vorigen Platten schon gespielt und der Thomas und ich schreiben die Songs gemeinsam. Und das hat sich jetzt einfach so ergeben und es hat sich gleich so gut angefühlt, passend..
    Mauerhofer: Das ist sehr schnell gegangen. Wir haben uns im Vorfeld überlegt - wir machen eine neue Platte. Machen wir in dem weiter, was wir vorher gemacht haben oder probieren wir was Neues aus? Und es war kurze Zeit. In der wir überlegt haben und dann wussten: Das machen wir.
    Buchmann: Aber es gibt eine nette Geschichte, dass Sie gemeinsam auf einer Party gemeinsam alte 40er Jahre Swing-Songs gehört haben und gedacht haben - wunderbar, das sollten wir eigentlich machen. Das war tatsächlich so?
    Mauerhofer: Das war der Schlüsselmoment in dieser Phase, als wir überlegt haben: Machen wir was anderes, machen wir das Gleiche. Und dann kam dieser Abend dazwischen. Und ab dem Abend war irgendwie klar: Wir machen genau Marina & the Kats.
    Zettl: Die haben genau solche Sachen gespielt, Gene Krupa, Anita Oday, Katerina Valente, ich bin ja riesengroßer Fan mittlerweile, von ihr ganz wenig vorher gekannt, muss ich gestehen. Und die singt in verschiedensten Sprachen, hat super getanzt, geschauspielert, war ne wunderschöne Frau, super Gitarristin. Wir waren einfach „baff" - die können wirklich viel und werden oft minimiert mit „ach, das sind Entertainer". Aber da gehört viel dazu, dass die viele Sachen einfach ganz gut können. Und das war es, was uns fasziniert hat.
    Mauerhofer: Das Levelling, was die für Musik gemacht haben in den 30er/40er Jahren, find ich irre. Da hat jeder gut getanzt, super gesungen und gesteppt vielleicht noch oder Schlagzeug gespielt oder sonstiges.
    Buchmann: Ich hab Sie ja noch nicht gesehen, aber tanzen Sie dann auch auf der Bühne?
    Zettl: Das ist jetzt unser Ziel. Also wir werden jetzt noch nicht tanzen, aber wir besuchen einen Stepp-Kurs, einen Lindy Hop-Kurs. Wir können den Shim Sham, den Basisschritt,...
    Buchmann: Welchen Basis-Schritt?
    Zettl: Shim Sham Shimmy. Klassischer Stepp-Schritt. Er ist noch nicht bühnenreif unser Tanzauftritt, aber das haben wir vor.
    Buchmann: Neues zu lernen scheint ja in dieser Gruppe sehr verbreitet zu sein. Ich habe gelesen, dass der Schlagzeuger jetzt Bass spielt (und auch mal Schlagzeug) und Sie, Marina, die Snare mit den Besen schrubben.
    Zettl: Genau. Wir wollten zu dritt bleiben, das hat einfach gut gepasst, freundschaftlich, musikalisch. Und, ja, einen Bassisten braucht man, wenn man Swing spielen will. Und dass ich jetzt Bass lerne von heute auf morgen, war eher unwahrscheinlich. Ich hab es mal mit Gitarre probiert, da haben mir alle Finger weh getan, also war das ganz utopisch, dass das funktionieren würde. Und da der Jörg ??? vorher Gitarre gespielt und studiert hat, war es naheliegend, dass er es ausprobiert. Und ich eben Snare, und da ich in meinen vorhergehenden Projekten immer wieder Percussion gespielt hab, wusste ich: Okay, ich kann den Takt halten, kein Problem. Also haben wir es probiert und die Jungs haben gesagt: Marina, du machst das super, und ich hab gesagt: Ok, dann machen wir es so.
    Buchmann: Und er spielt dann auch Kontrabass? Oder E-Bass?
    Mauerhofer: Akustischen Bass. Keinen Kontrabass. Das wollten wir ihm auf die Schnelle nicht antun. Dann haben wir gesagt: Wir probieren mal ne akustische Bassgitarre und dann schauen wir weiter.
    Das war ganz lustig, solche Sachen passieren bei uns recht spontan. Okay, wir brauchen eine Bassgitarre. Dann geht man ans Internet, sagt bestellen jetzt und dann dauert das drei Tage, dann kommt die Bassgitarre, die wird dem Schlagzeuger in die Hand gedrückt und gesagt: Auf geht's. Und dann sieht man relativ schnell, ob es funktioniert oder nicht. Ähnlich mit Marinas Snare drum-Spiel, das hat auch gleich funktioniert.
    Buchmann: Und Sie lieben es zu scatten, wie ich dieser Platte entnommen habe. Also zumindest in einigen Teilen. Einen Song gibt es, wo Sie eine Trompeten-Imitation machen. Haben Sie das im Studium auch immer schon gern gemacht?
    Mauerhofer: Also im Studium musste ich scatten. Und das hat mir weniger Spaß gemacht, weil ich es musste. Und jetzt kann ich es freiwillig machen und jetzt ist es mir egal, ob ich lustige Silben nehme oder eine Trompete. Was mir einfällt, das mache ich und es macht einen riesen Spaß.
    Buchmann: Wie ist der Titel entstanden und auch der Titelsong? Der heißt „Small"...
    Zettl: Wir waren uns erst nicht sicher, haben das ein paar Freunden vorgelegt und gefragt, was meint ihr dazu. - Nee, small, das klingt so klein gehalten, ihr macht euch selbst so klein. Dann haben wir es erst verworfen, es hat sich aber trotzdem richtig angefühlt. Dann haben wir es wieder hergenommen und gesagt: Das ist so. Small steht für mich, ich bin klein, steht für the smallest BigBand, weil wir nur zu dritt sind und gerne größer wären. Es ist passend, eine kleine feine CD, mit der wir uns jetzt vorstellen wollen, mit 13 Songs, Marina & the Kats, und dann schauen wir weiter.
    Buchmann: Wie ist dieser Song entstanden? Gab es den Text zuerst oder die Musik? Oder gings tatsächlich erst mal um den Inhalt, dass Sie das in Musik bringen wollten, dass Sie keine riesige Körpergröße haben?
    Zettl: Diesmal war es wirklich der Text. Ausschlaggebend war, dass nach Konzerten häufig die Leute vorbei kommen und mir ein Kompliment machen wollen und sagen: Oh, auf der Bühne schauen Sie ja viel größer aus. Und meist ist da ein Betätscheln dabei, den Arm um einen legen. Ich hab ja nichts dagegen aber es ist in dem Moment kein Kompliment. Ich gehe auch nicht hin und sage: Auf der Bühne schauen Sie aber jünger aus. Die wären alle beleidigt, wenn ich so was sagen würde. Und die kommen oft nicht drauf, dass das auch für mich ... Naja, ich bin nicht direkt beleidigt, wenn man kleiner ist braucht man schon eine dicke Haut, da kommen immer blöde Sprüche ...
    Buchmann: Aber es fällt auf ...
    Zettl: Es fällt auf und es war wirklich so, dass es bei jedem Konzert Thema war. Dabei ist das scheißegal, komplett wurscht, wie groß, klein, dick oder dünn man ist. Und das war ausschlaggebend für mich, sodass ich einen Song darüber geschrieben habe. Denn das ist etwas, was mich wirklich ärgert beim Konzert. Das sind meistens Männer die sagen: Mein Gott, so klein und so eine große Stimme ...
    Buchmann: Cinderella würde ich gerne noch drüber sprechen. Also textlich geht es letztlich um einen Albtraum ...
    Zettl: Genau, wir haben haben ja noch eines "Snowwhite", Schneewittchen ...
    Buchmann: Ja, es hat Märchen-Bezüge, hier und da so ein bisschen.
    Zettl: Ja. Es geht wirklich darum, ich habe oft so Träume: Man hat vergessen, seine Hose anzuziehen, oder man steht ganz nackt da. Und das fällt niemandem auf nur man selbst gerät in Panik. Und da haben wir gedacht: Das ist ein nettes Thema, das geht sicherlich mehreren Leuten so, dass sie sich entblößen beziehungsweise bloß gestellt fühlen. Und darum geht's eigentlich.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.