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Marketingkampagne
Studienplatz-Dating per WhatsApp

"Studienplatz-Dating via WhatsApp. Ostdeutsche Hochschulen werben um Spätentscheider." So steht es in einer Pressemitteilung. Die Initiative will kurz vor Semesterstart Bewerber auf die etwas unbekannteren Studienorte in Ostdeutschland hinweisen. Doch so richtig gut kommt das bei den Studierenden nicht an.

Von Sandra Pfister | 12.09.2014
    Konfusion. Wirrwarr. Zwei Magdeburger Studentinnen rätseln, was es mit dem Studienplatz-Dating via WhatsApp - einem kostenlosen Internet-SMS-Dienst - der Initiative Studieren in Fernost auf sich haben könnte.
    "Ich kann es mir nur vorstellen, dass der gängige Bewerbertool sein muss. Also das heißt, die Bewerber die sich ohnehin beworben haben, und die im zweiten Verfahren noch mal angeschrieben werden, oder die sich erst mal für Magdeburg entschieden haben und dann an eine andere Uni kommen."
    Das Prozedere ist schnell beschrieben: Wer kurz vor Bewerbungsschluss noch immer nicht weiß, was er studieren und vor allen Dingen wo er studieren soll, schreibt eine SMS an eine bestimmte Nummer, die seit Tagen in den sozialen Medien beworben wird.
    Virtueller Studienberater
    Wer seine Suchanzeige dann verschickt, bekommt von einem sogenannten Date-Doctor, der sowas wie ein virtueller Studienberater ist, eine Antwort. Mit dem kann man dann ganz persönlich chatten, wie es heißt. Und über seine Wünsche sprechen. Am Ende spricht er eine Empfehlung aus. Aber eben nicht für jede Uni, sondern nur für die 15 Hochschulen aus den Neuen Bundesländern, die sich an der Aktion beteiligen. Die größten beteiligten Hochschulen sind die Unis in Jena und Halle.
    Der Vorteil sei, so sagen die Organisatoren, dass man sich nicht mühsam von Hochschul-Website zu Hochschul-Website klicken müsse. Interessenten können sich ohne größeren Aufwand bewerben. Sozusagen im Chill-Modus. Die 32jährige Franziska Lau, Master-Absolventin schüttelt ungläubig den Kopf.
    "Naja die Frage ist halt schon, wie gründlich sollte man sich auf die Studienwahl vorbereiten. Und da finde ich schon, dass sowohl der Standort, die Standortauswahl, als auch das Studienfach das relevant ist, dass es doch ein bisschen mehr Zeit braucht, als nur eine SMS an den Date-Doctor. Das würde ich schon empfehlen, sich mit dem Studium ein bisschen mehr zu befassen."
    Das Ganze ist eine Marketingkampagne der Initiative "MEIN CAMPUS - studieren in Fernost", bei der westdeutschen Bewerbern Studienangebote in den ostdeutschen Ländern schmackhaft gemacht werden sollen. Wulf Gallert, der Fraktionsvorsitzende und hochschulpolitische Sprecher der LINKEN in Sachsen-Anhalt nennt es eine eigenartige Idee....
    "...die Leute über soziale Medien direkt anzusprechen. Das ist eher so ein Studienbewerbermarkt der sich da rausschält. Und das hat ein bisschen was von Basar inzwischen bekommen."
    Geteilte Meinungen
    Dass man 25 Jahre nach dem Mauerfall, 24 Jahre nach der Wiedervereinigung westdeutschen Hochschul-Bewerbern Ostdeutschland anscheinend immer noch, wie in einem Ramschladen schmackhaft machen müsse, irritiert den LINKEN Politiker Gallert. Denn dass man nur in den Osten komme, weil man woanders nicht untergekommen ist, hat seines Erachtens einen faden Beigeschmack. Und klinge, wie er sagt, ein bisschen nach Trostpreis Ostdeutschland.
    Der CDU-Staatssekretär Marco Tullner im Magdeburger Wissenschaftsministerium verteidigt die Idee, weil er vermutet, dass es gerade für die Hochschulen und Universitäten in der ostdeutschen Peripherie eben nicht mehr ausreiche, mit teuren Anzeigen in großen Tageszeitungen, um Bewerber zu buhlen. Wegen sinkender Bewerberzahlen benötigten gerade die etwas abgelegenen Regionen zunehmend schräge Werbekampagnen, um Aufmerksamkeit zu erregen.
    "Um ihnen zu zeigen, dass man in Sachsen-Anhalt nicht nur gut studieren kann, sondern danach auch attraktive Lebensbedingungen finden kann."
    Wie viele und ob überhaupt Studienbewerber bereits vermittelt werden konnten, darüber wollen die Organisatoren nicht reden.
    Rückendeckung erhält das Ministerium von Studierenden der Fachhochschule Magdeburg/Stendal. Der Studierendenratssprecher Alexander Boeckh findet, Studienplatz-Dating via WhatsApp sei eine gute und nötige Werbung für den noch immer unterschätzten Studienstandort Ostdeutschland.
    "Werbung heißt ja nicht unbedingt, uns geht es schlecht. Also wir können uns schon mit guter Qualität auszeichnen. Schön wär es natürlich, wenn wir einfach anders wahrgenommen werden würden."
    Über die Kosten der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kampagne Studienplatz-Dating via WhatsApp erhält man keine konkrete Angaben. Doch egal wie teuer es ist, es sei Geld, sagen die Studierenden, dass man doch lieber den Unis und Hochschulen zur Verfügung stellen sollte, statt zu sparen, wie es derzeit in Sachsen-Anhalt zu erleben sei.