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Marode Sportstätten
Kreativ gegen Sanierungsstau

Trampoline, die Energie erzeugen? Von solchen Neuheiten auf der Messe für Freiräume, Sportanlagen und Bäder können viele Sportvereine nur träumen. Denn sie haben oft nicht einmal intakte Anlagen. Darauf hat der DOSB auf der Messe hingewiesen - und die Vereine ermutigt, kreativ zu sein.

Von Daniela Müllenborn | 12.11.2017
    Kurt-Wabbel-Stadion in Halle wird abgerissen.
    Mindestens 42 Milliarden Euro würde es kosten, alle in die Jahre gekommenen Sportstätten in Deutschland zu sanieren - laut Berechnungen des DOSB. (dpa / picture alliance / Jan Woitas)
    Ein Miniatur-Eishockey-Feld in der Messehalle 7. Hier toben sich gerade Kinder und Jugendliche aus. In den gut 400 Eissporthallen in Deutschland wird das zunehmend schwieriger. Sie sind im Schnitt 41 Jahre alt. Viele sind marode, werden den Anforderungen nicht mehr gerecht, müssen teilweise sogar geschlossen zu werden. Vielversprechende Nachwuchs-Konzepte der Vereine drohen mangels intakter Hallen ins Leere zu laufen. Eine logische Konsequenz für Andreas Klages, beim Deutschen Olympischen Sportbund mitverantwortlich für die Sportentwicklung:
    "Ohne Sportstätten kein Sport. So einfach ist das. Das gilt im Breiten-, im Freizeit-, aber auch im Schulsport. Und natürlich ist es so, dass bestimmte Sportarten und bestimmte Disziplinen spezifische Sportanlagen erfordern und fürs Schwimmen brauche ich ein Schwimmbad und fürs Eislaufen eine Eissporthalle. Es braucht mehr Investitionen in Sportstätten. Daran wurde zu lange gespart. Da sind wir in Deutschland vom Weltmeister zum Kreisligisten geworden im Sportstättenbereich. Es braucht mehr Investitionen auf allen Ebenen."
    Appell an die Politik
    Miefige Umkleidekabinen, alte Toilettenanlagen, bröckelnder Putz, undichte Hallendächer, veraltete und oft kaputte Einrichtungen und Sportgeräte: Mindestens 42 Milliarden Euro würde es kosten, alle in die Jahre gekommenen Sportstätten in Deutschland zu sanieren und fit zu machen für die Zukunft. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund ausgerechnet und fordert vom Bund ein Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro jährlich. Auch der Deutsche Fußball-Bund mit Vizepräsident Rainer Koch springt dem Rest-Sport in Deutschland zur Seite und richtet einen Appell an die Politik:
    "In diesen Tagen hören wir jeden Tag Berichte über Jamaika-Verhandlungen. Tatsächlich habe ich noch nie wahrgenommen, dass Forderungen im Zusammenhang mit Sport erhoben werden oder auch nur Positionen vertreten werden. Wir haben zehn Prozent im Fernsehen, in jeder Zeitung spielt der Sport eine große Rolle auch im gesundheitlichen Bereich. Der Sport in Deutschland braucht dringend Unterstützung, was die Infrastruktureinrichtungen angeht, dass in Jena vernünftig Speerwurftraining gemacht werden kann, dass in all unseren Städten und Kommunen die Voraussetzungen dafür da sind, dass jungen Menschen Sport angeboten werden kann, das Übungsleiter bezahlt werden können und, und, und..."
    Sportstätten jahrelang vernachlässigt
    Der Deutsche Olympische Sportbund beklagt, dass Bund, Länder und Kommunen Sportstätten jahrelang vernachlässigt und auf Verschleiß gefahren haben. Dass es zwar hier und da zaghafte öffentliche Förderansätze im Bund gebe, auch mal ein Sonderprogramm auf Landesebene und den einen oder anderen engagierten Sportdezernenten, der beim Kämmerer für seinen Sport kämpfe. Dass dies aber bislang nicht viel gebracht habe. Stichwort: Sanierungsstau. Auf der Habenseite dagegen verbucht der DOSB mit Sportentwickler Andreas Klages zunehmend seine Vereine, die die Verantwortung für die von ihnen genutzten Sportstätten übernehmen:
    "Das fängt beim Rasenmähen an und hört beim Bauherren nicht auf. Sie bauen selber. Und da gibt es sehr viele kreative Lösungen da gibt es viel Planungs-Know-How. Die Vereine brauchen natürlich auch eine finanzielle Unterstützung. Aber von ihnen kommen viele gute Impulse."
    Um die kreativen Ideen auch umsetzten zu können, gehen Vereine inzwischen neue Wege, um an Zuschüsse zu kommen. So beobachtet Achim Haase, beim Landessportbund NRW für Sporträume zuständig, "dass Gelder für Sportstätten gar nicht mal so sehr aus der Sportstättenförderung kommen, sondern aus anderen Bereichen - also Inklusion, Integration von Flüchtlingen, Quartiersentwicklung, Städtebauprojekte. Da gibt es auch Möglichkeiten für Vereine, Gelder zu generieren, wenn es dann zu der Vereinsidee passt."
    Verantwortung aufteilen
    Trotzdem will der Deutsche Olympische Sportbund Bund, Länder und Kommunen nicht aus ihrer Verantwortung für die sportliche Infrastruktur in Deutschland entlassen. Pocht auf der einen Seite auf das millionenschwere Förderprogramm. Auf der anderen Seite baut Andreas Klages im Kleinen, sprich auf kommunaler Ebene, zum Beispiel darauf, diese Verantwortung aufzuteilen:
    "Da ist vielleicht die Kommune diejenige, die einen am Anfang vielleicht größeren Investitionszuschuss gibt, die vielleicht auch im Bereich der Betriebskosten einen Zuschuss gibt, aber sozusagen die Bauführerschaft und die Betriebsführung dann dem Verein überlässt. Wir haben mittlerweile auch Situationen, wo sich das umdreht. Also wir haben Sportvereine, die große Liegenschaften bauen und planen und verwalten und wo sich die Schule dann einmietet. Also nicht mehr der Verein, der die Schulinfrastruktur nutzt, sondern die Schule, die die Vereinsinfrastruktur nutzt. Da gibt es aber keinen Königsweg und auch kein Patentrezept. Aber alle Modelle zuzulassen und vor Ort zu entscheiden, was ist das Richtige - da brauchen wir glaube ich ein bisschen mehr Kreativität."
    Kreativ ist zum Beispiel auch die Eissport-Szene in Krefeld, wo die Sanierung zweier gut 60 Jahre alter Eishallen rund 16 Millionen Euro kosten würde. Als Übergangslösung für eine der beiden Hallen soll 2018 eine mobile Eisanlage in Betrieb genommen werden. Ziel ist aber eine komplett neue Eishalle, in der sich der Nachwuchs dann austoben kann. So wie auf der Miniatur-Eisfläche in Halle 7 der Kölner Messe.