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Mars-Rover Curiosity weckt Erwartungen

Planetologie.- Auf dem Mars macht sich der Rover Curiosity bereit für die erste Ausfahrt. Währenddessen hofft ein altgedienter Forscher, dass das Gefährt auch einen langjährigen Disput klären kann: Fand sein Experiment vor 36 Jahren Leben auf dem Roten Planeten?

Von Karl Urban | 27.08.2012
    Der 6. August 2012, Krater Gale auf dem Mars: Von Fallschirmen und Raketen gebremst, sinkt Curiosity in den Marsstaub – der größte Lander, der jemals auf dem Roten Planeten ankam. Und doch ein Déjà-vu für so manchen Marsforscher. Denn Curiosity ähnelt in Gewicht und Komplexität den Landerobotern der Vikingmissionen – vor 36 Jahren. Im Spätsommer 1976 wussten die Forscher noch wenig über den Mars – und rechneten bei der Landung von Viking mit allem, sogar mit Leben.

    "Die Missionen waren damals wirklich anders. Viking hatte Instrumente für die Suche nach Leben an Bord. Seitdem hat sich die NASA beständig geweigert, solche Instrumente nochmals zum Mars zu schicken. Mehrfach hat sie mitgeteilt, dass auch Curiosity deshalb kaum Leben nachweisen können wird."

    Gilbert Levin glaubt dagegen, dass Curiosity zumindest die Arbeit seines Experiments bestätigen könnte. Der heute 88-Jährige entwickelte eines von drei biologischen Experimenten an Bord der Viking-Lander. Alle anderen Instrumente sendeten damals ernüchternde Daten. Der Planet erwies sich als tote, trockene Geröllwüste. Nur das Gerät von Levin bildete eine Ausnahme: Scheinbar wies es Stoffwechselprozesse nach – und das an beiden Stellen, wo die zwei baugleichen Viking-Lander aufgesetzt hatten.

    Es war offenbar verfrüht, Champagner zu bestellen. Denn was Levins Experiment wirklich fand, ist bis heute umstritten. Mit Nährstoffen düngte es den Marsstaub – was zumindest irdische Mikroben heißhungrig gemacht hätte. Sein positives Ergebnis bedeutete: Irgendwie waren die Nährstoffe zu CO2-Gas umgesetzt worden. Für den Forscher ein klares Anzeichen für einen Stoffwechselprozess - für seine kritischen Kollegen eher Hinweis für eine aggressive Chemikalie im Marsstaub. Eine Chemikalie wie Wasserstoffperoxid: sie hätte genauso die Nährstoffe zersetzt wie stoffwechselnde Mikroben.

    Auch für den Biologen John Rummel ist eine simple chemische Reaktion bis heute die schlüssigste Erklärung für den angeblichen Lebensfund. Er war jahrelang für die Suche nach Leben bei der NASA verantwortlich.

    "Das Ergebnis des Experiments überrascht mich heute nicht mehr. Wir verstehen den Marsstaub ja jetzt deutlich besser."

    Die meisten Forscher folgten diesem Schluss – bis auf Gilbert Levin selbst. Denn völlig entschlüsselt sei die marsianische Bodenchemie für ihn noch immer nicht. Und auch das aggressive Wasserstoffperoxid, das seine Kollegen damals postulierten, wurde nie nachgewiesen. Levin wartet seit nunmehr 36 Jahren, dass neue Missionen seinen Lebensfund doch noch bestätigen. Nach Sojourner, Spirit, Opportunity und Phoenix ist das Labor von Curiosity nun seine neue Hoffnung. Immerhin ist die Messelektronik an Bord für organische Verbindungen so genau wie bei keinem Marslander zuvor. Doch um die Bodenchemie zu verstehen, war eher der Curiosity-Vorgänger Phoenix geeignet – und auch der hatte Levins Ergebnisse nicht bestätigen können. John Rummel:

    "Der Phoenix-Lander hatte dafür sogar ein nasschemisches Experiment an Bord, was Curiosity gar nicht hat. Aber natürlich kann auch der neue Rover die Mineralogie des Marsstaubs noch genauer entschlüsseln."

    Die Suche nach Leben ist derweil nur vertagt. Das zeigt sich in der Strategie der NASA, die sich seit den Zeiten von Viking verändert hat. Ihr Ziel: die geologische Geschichte in den Gesteinsschichten aus den letzten Jahrmilliarden besser zu verstehen – und herausfinden, ob die Oberfläche irgendwann lebensfreundlicher war. Curiosity wird versuchen, diese Fragen zu beantworten – und könnte zumindest den Weg für neue biologische Experimente auf dem Mars ebnen.