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Marsch auf Caracas
Venezuela vor dem Showdown

Die Opposition und ein Großteil der Bevölkerung Venezuelas wehren sich gegen die Mangelwirtschaft im Land: Tausende Menschen wollen an einer Großdemonstration in Caracas teilnehmen. Doch die sozialistische Regierung vergleicht das Ganze mit dem Putschversuch gegen Präsident Hugo Chávez im Jahr 2002.

Von Anne-Katrin Mellmann | 01.09.2016
    Professoren der Universität protestieren in Caracas.
    Venzuelas Bürger fordern einen Politikwechsel, derweil droht der unbeliebte Staatschef Maduro sogar mit Säuberungsaktionen, die härter sein würden als in der Türkei. (imago )
    Eine Woche war diese Gruppe von mehr als 1000 Indigenen aus der Amazonas-Region zu Fuß unterwegs nach Caracas. So wie sie haben sich viele auf den Weg gemacht, um in der Hauptstadt gegen die Misere zu demonstrieren und einen Politikwechsel zu fordern. Das gemeinsame Singen der Nationalhymne soll den patriotischen Geist der Aktion betonen.
    "Wir sind auf dem Weg nach Caracas, damit das Referendum zur Abwahl des Präsidenten im Dezember stattfindet. Alle sind sehr aufgebracht, denn am Amazonas haben wir nichts mehr zu essen."
    "Es gibt viel Ungerechtigkeit, Unsicherheit, viele wurden in den letzten Monaten ermordet. Unser Leiden ist groß, deswegen sind wir entschlossen bis nach Caracas zu gelangen."
    Demonstranten fordern Abwahl des Präsidenten
    Für die sozialistische Regierung und ihren Präsidenten Nicolas Maduro ist längst klar, wer hinter dem "Marsch auf Caracas" steckt.
    "Auch wir werden auf die Straße gehen und vor der Welt anklagen, dass es der Opposition um einen faschistischen Staatsstreich geht. Sie will ihn unter der Führung der USA auf den Weg bringen. Sie wollen Venezuela wieder mit Gewalt verseuchen, aber wir werden das nicht zulassen. Das Volk auf der Straße wird das nicht zulassen."
    Doch wer ist das Volk? Da sind die Unzufriedenen, die Mangel und Misswirtschaft satt haben und ihre verfassungsmäßigen Rechte einfordern: ein Referendum zur Abwahl des unbeliebten Präsidenten noch in diesem Jahr. Und die Anhänger der Regierung, die keinen Hehl daraus macht, das Referendum verhindern zu wollen. Sie heizte in den vergangenen Tagen die Stimmung an, indem sie den Marsch auf Caracas mit dem Putschversuch gegen Präsident Hugo Chávez im Jahr 2002 verglich.
    Opposition ist politisch kalt gestellt
    Nachfolger Maduro drohte sogar mit Säuberungsaktionen, die härter sein würden als in der Türkei. Mehrere Oppositionspolitiker wurden bereits verhaftet. Sicherheitskräfte werden versuchen, den Marsch zu blockieren. Das Oppositionsbündis, der Tisch der demokratischen Einheit MUD, schwört seine Anhänger darauf ein, in jedem Fall friedlich zu reagieren. Der frühere Präsidentschaftskandidat Enrique Capriles:
    "Alle, die für einen politischen Wandel sind, sollten am 1. September auf die Straße gehen. Nicht alle werden es bis Caracas schaffen, auch weil sie nicht das nötige Geld für den Transport aufbringen. Aber auch in ihren Bundesstaaten dürfen sie nicht passiv bleiben, jeder soll vor Ort für den Wandel demonstrieren."
    Die Opposition ist politisch kalt gestellt, weil sie von der Regierung – trotz Mehrheit im Parlament – bei all ihren Vorhaben blockiert wird. Für sie scheint der einzige Ausweg das Abwahlreferendum zu sein. Findet es jedoch nicht mehr in diesem Jahr statt, würde im Fall einer Niederlage des Präsidenten automatisch sein Vize Nachfolger. Die Zeit drängt.