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Martin Schulz in Italien
Im Eiltempo durchs Flüchtlingsheim

Italien ist das EU-Land, in dem die meisten Migranten ankommen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz machte sich in Sizilien ein Bild von der Lage, besuchte eine Flüchtlingseinrichtung und bedankten sich bei Helfern. Viel Zeit nahm er sich nicht, zumindest bei der Politik kam seine Botschaft für mehr Solidarität in Europa aber an.

Von Markus Epping | 28.07.2017
    SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz spricht mit einem Flüchtling in einer Einrichtung in Catania/ Italien.
    SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz zu Besuch in einer Flüchtlingseinrichtung in Catania/ Italien. (AFP/ Giovanni Isolino)
    Man kann sich schwer vorstellen, dass bei Martin Schulz viel hängenbleibt von seinem Besuch in Sizilien. Alles ging im Eiltempo. Rund eineinhalb Stunden für drei Stationen, dazwischen noch Autofahrten, da bleibt wenig Zeit für die einzelnen Begegnungen.
    "Wir sind ein bisschen unter Druck, weil Herr Minister Minniti auf uns wartet. Deshalb vielen Dank und ich hoffe, dass ich Sie bei einer anderen Gelegenheit treffen kann."
    So klang es, als Schulz im Hafen von Catania kurz ein paar freiwilligen Helfern die Hand gab. Vertreter der NGOs, der Gruppen, die auf dem Mittelmeer Leute retten, waren übrigens nicht dabei. Stattdessen Helfer, die Gerettete am Hafen begrüßen und versorgen.
    "Jedes einzelne Schicksal ist bedeutend und Sie kümmern sich nicht um die große Politik, sondern um die einzelnen Schicksale und dafür sind wir Ihnen sehr, sehr dankbar."
    Vorher war Schulz vom Bürgermeister Catanias begrüßt worden. Enzo Bianco empfing den SPD-Chef auf einem Schiff der italienischen Küstenwache.
    "Ich bin besonders froh darüber, dass sie eine große Stadt im Süden besuchen, um sich ein Bild zu machen vom Drama der Flüchtlinge und Migranten."
    "Deshalb schlagen wir einen Solidaritätspakt in Europa vor"
    Der Kanzlerkandidat bekommt ein kurzes Video vorgespielt über die Lebensrettung auf dem Mittelmeer. Dann bringt er die Botschaft an, die er heute noch oft wiederholt. Es ist seine Kernaussage:
    "Es können in Europa nicht nur ganz wenige Staaten die Migrationsfrage lösen. Es ist eine Aufgabe aller EU-Länder."
    Natürlich freuen sich die Italiener über solche Aussagen. Italien ist mit Abstand das EU-Land, in dem zur Zeit am meisten Flüchtlinge und Migranten ankommen. In diesem Jahr haben es bis jetzt etwa 95.000 übers Mittelmeer geschafft. Die Bitte Italiens, dass auch andere EU-Länder einige von ihnen aufnehmen mögen, wurde praktisch immer abgelehnt.
    "Es kann nicht sein, dass in Europa die Finanzierung solidarisch erfolgt, für Landwirtschaft und regionale Entwicklung. Aber dass die Solidarität mit Menschen nicht solidarisch erfolgt. Deshalb schlagen wir einen Solidaritätspakt in Europa vor."
    Konkret: Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen zusätzliches Geld aus EU-Töpfen bekommen, Verweigerer dagegen weniger.
    Der zweite Vorschlag von Martin Schulz: Die EU soll legale Wege schaffen für Einwanderung. Dann könne sich Europa auch klar aussuchen, wer kommt. An welche Kriterien der SPD-Chef dabei denkt, blieb allerdings unklar.
    Besuch in Flüchtlingseinrichtung für Minderjährige
    Nach dem Besuch im Hafen ging es weiter in eine Flüchtlingseinrichtung. 25 Minderjährige wohnen dort und pflegen gemeinsam einen Gemüsegarten. Kein Besuch also in einer der großen anonymen Aufnahmezentren, in denen die meisten Ankommenden erstmal untergebracht sind. In der Anlage, die Schulz besucht, kommt auch Italiens Innenminister Minniti dazu:
    "Ich bedanke mich sehr bei Präsident Schulz, weil seine Anwesenheit ein starkes Zeichen für die Verbundenheit ist – nicht nur von ihm und seiner Partei, sondern von ganz Deutschland mit Italien."
    Minniti steht da gemeinsam mit Schulz im Hof der Flüchtlingseinrichtung. Vor den beiden ein Korb mit Gemüse, das die Bewohner im Garten gezüchtet haben. Auch Schulz bedankt sich nochmal bei allen. Dann rauscht der Tross wieder ab. Die Bewohner der Einrichtung schauen kurz hinterher.