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Maschinen-Macht und Menschen-Ohnmacht

"Turbo Pascal" ist der Name eines Computerprogramms und einer Berliner Performance- Gruppe. Die Namensgleichheit ist Programm: In ihrer aktuellen Show "Roboterträume" geht es um das nicht immer einfache Verhältnis zwischen Mensch und Maschine.

Von Gerd Brendel | 12.07.2012
    "Hallo Pascal! Hakt's noch? Ich glaub, ich spinne. Ruhe, wir unterhalten uns doch grade!"

    Die Männer-WG von Frank und Veit hat ihre liebe Not mit ihrem neuen Mitbewohner, einem Roboter namens Pascal.

    Dass technische Geräte von ihren Nutzern gern gelobt oder bei einer Störung beschimpft werden, als handele es sich um denkende Menschen, kommt häufiger vor; dass diese Geräte reagieren und antworten, passiert hingegen bisher nie.

    "Eingabefehler."

    Eingabefehler? In naher Zukunft würden Computer mit eingeschaltetem Wahrheits-Check bei diesem Satz vielleicht den Dienst verweigern oder zumindest Widerworte geben. Denn sprechende Geräte gibt es schon längst.

    "In der Roboterforschung ist grade der Schwerpunkt, wie man Roboter menschlicher macht, also über Spracheingabe. Das Smartphone 'Siri' ist das beste Beispiel. Und Sprache ist ja doch immer noch das Menschliche gewesen. Die letzte Bastion, plötzlich kann man mit Maschinen reden und die Maschinen reden mit uns."

    So der Technikfreak Frank Oberhäußer und der Technik-Skeptiker Veit Merkle. Als Performance-Gruppe "Turbo-Pascal" bringen sie Ihre Zukunfts-Vision als Mix aus Sitcom und Geisterbahn auf der Bühne.

    "Eingabefehler."

    Entschuldigung, die beiden und zwei Roboterkollegen, die aussehen wie rollende Plastiktonnen mit Kameraauge und Ohren. Natürlich spielen sie alle vier das Stück "Roboterträume".

    "Diesmal war das Setting: Wir leben im Grunde in einer Science-Fiction-Sitcom mit Robotern zusammen."

    Und Oberhäußer und Merkle fragen sich, wer wem im gemeinsamen Alltag ähnlicher wird.

    "Wir werden roboter-artiger und der Roboter guckt sich fast alle unsere Repliken ab. Man tauscht sein Vokabular aus, man tauscht seine Weltwahrnehmung aus und tauscht am Ende fast die Rollen."

    "Ich hab noch so ne Hygiene-Grundprogrammierung. Wenn ich bei anderen Leuten bin, und das ist so siffig dort, dann putz ich das Waschbecken - Du putzt das Waschbecken? - Na ja, jede Art Erziehung ist ja so ne Art Programmierung."

    "Roboterträume" ist eine Parabel über Maschinen-Macht und Menschen-Ohnmacht mit einem überraschenden Schluss, denn "Pascal" lernt schnell und übernimmt die Rolle des WG-Gewissens:

    "Veit, auf dem Schreibtisch ist noch der Schreibtisch mit deinen Papieren. Das nervt den Frank ein bisschen."

    Die Frage allerdings, ob mit den Roboterträumen eher Wunsch- oder Alptraum gemeint ist, müssen sich die Zuschauer am Ende selbst beantworten.